Wir brauchen mehr Selbstliebe! Die CSD-Hymne des Jahres kommt von MKSM
MKSM (ausgesprochen Maksim) ist Sänger, Songwriter, Geiger und Aktivist und nutzt seine Stimme nicht nur, um uns mit klangvollen Popsongs zu begeistern, sondern auch, um sich als schwuler Mann aktiv für die Community einzusetzen. Das Thema seines neuen Songs ist die Selbstliebe! Das wollten wir genauer wissen!
Pünktlich zum Pride-Monat geht dein neuer Song „Loving Myself“ an den Start, gerade auch als Botschaft für die ganze LGBTI*-Community. Warum ist es – vielleicht sogar mehr denn je – wichtig, sich als LGBTI*-Mensch erst einmal selbst zu lieben?
Für queere Menschen ist Selbstliebe überlebenswichtig. Auch heute sind wir als LGBTIQ* oft genug Diskriminierung und Queer-Feindlichkeit ausgesetzt und da ist es unheimlich wichtig, sich so anzunehmen und sich zu lieben, wie man ist. Dieser unerschütterliche Kern, diese innere Sicherheit, ist unheimlich wichtig bei unserem täglichen Kampf für Gleichberechtigung, Liebe und Sichtbarkeit.
Wer dich so mutig von Selbstliebe reden hört, könnte den Eindruck gewinnen, du bist stets glücklich durch die Welt gelaufen. Das Gegenteil ist der Fall. Du hattest es in deiner Jugend als schwuler Spätaussiedler, geboren in Russland, aufgewachsen in der Ukraine, nicht leicht – auch wegen deines Stotterns. Wie unglaublich ist für dich deine eigene Reise?
Ich glaube, dass mir selbst viel zu selten bewusst wird, was ich da für einen Weg gegangen bin. Ich hatte auf jeden Fall Phasen, in denen ich nicht glücklich war, in denen ich auch ganz stark die Sehnsucht spürte, der gesellschaftlichen Norm zu entsprechen. Das war eine lange Reise zu mir selbst – und die ist noch nicht zu Ende. Es lohnt sich aber, diesen Weg zur Selbstliebe anzutreten – er ist nicht einfach und es ist auch völlig in Ordnung, wenn man sich auf dem Weg Hilfe holt.
Sich selbst zu lieben ist in Deutschland auch als schwuler Mann vermeintlich wesentlich einfacher als in anderen Ländern wie beispielsweise Russland, wo erst Ende letzten Jahres der Anti-Homosexuellen-Paragraf noch einmal verschärft wurde, was ein Komplettverbot von Homosexualität bedeutet. Wie blickst du heute auf dein Geburtsland?
Ich merke, dass es mir immer schwerer fällt, über mein Geburtsland zu reden. Ich würde so gern sagen können, dass das Land immer offener wird – aber das kann ich nicht. Meine Großeltern leben in Russland und ich kenne viele tolle und offene Russ*innen – aber leider ist die Entwicklung in Russland insgesamt sehr rückwärtsgewandt und gefährlich. Ich ziehe den Hut vor allen queeren Aktivist*innen, die in Russland auf die Straße gehen und für Sichtbarkeit und Gleichberechtigung kämpfen – queerer Aktivismus ist in Russland so gefährlich und dennoch gibt es diese unglaublich mutigen Menschen!
Du thematisierst das auch in deinem Song und ich denke, es hat dich selbst auch eine Zeit lang beschäftigt: Warum fragen gerade wir schwule Männer uns immer wieder, ob wir schön genug, jung genug oder einfach gut genug sind?
Meiner Meinung nach tragen viele von uns immer noch unbewusst ein Schuldgefühl mit sich herum – wir haben in unserer Kindheit und Jugend oft genug das Gefühl bekommen, dass wir, so wie wir sind, nicht in Ordnung sind. Und ich glaube, dass viele von uns dann in anderen Bereichen vermeintlich perfekt sein wollen – toller Job, toller Körper. Und natürlich sind auch Gays nicht verschont von Social-Media, wo jeder ja ein perfektes Leben führt.
In deinem Musikvideo sind einige namhafte Personen unserer Community zu sehen, zum Beispiel Jochen Schropp oder Brix Schaumburg. Wie hast du sie dazu motivieren können, mitzumachen – und wie war die Zusammenarbeit für dich?
Alle vier Protagonist*innen waren ganz toll und ehrlich gesagt musste ich sie gar nicht überreden – ich habe allen die erste Demo-Version von „Loving Myself“ geschickt und erzählt, was ich so vorhabe und sie haben einfach Ja gesagt. Das Thema Selbstliebe ist allen sehr wichtig und im Video erzählen wir auf vier unterschiedliche Weisen, wie so ein Weg zu sich aussehen kann. Ich bin unheimlich stolz auf das Video.
Wir werden dich im Sommer auf vielen CSDs live erleben, du arbeitest auch zusammen mit dem CSD Deutschland – da passt dein neuer Song perfekt dazu. Wenn du auf die CSD-Saison 2023 blickst, welches Thema ist für dich für die Community in diesem Jahr das wichtigste?
Natürlich hoffe ich, dass ich auch die SCHWULISSIMO-Redaktion bei dem ein oder anderen CSD sehe. Und was das Thema angeht: Wir bleiben bei Selbstliebe! Wie es auch in meinem Song heißt: „I could spend more time on loving myself!“ Aber lasst uns auch noch besser einander zuhören – unsere Community ist unheimlich stark und wenn wir uns noch mehr gegenseitig verstehen und unterstützen, dann kann uns niemand mehr aufhalten!