Queere Jugend auf dem Land Pilotprojekt in Bayern soll den ländlichen Raum für LGBTIQ+-Jugendliche stärken
Mit dem neuen Projekt „QueerStart“ will das Jugendnetzwerk Lambda Bayern nachhaltige Strukturen von queeren Jugendgruppen im ländlichen Raum aufbauen. In diesen Tagen fand die Kickoff-Kampagne in München statt, zudem wurde das Projekt digital vorgestellt.
Hinein in ländliche Regionen
„Es gibt immer mehr LSBTIQA*-Jugendgruppen in Bayern, jedoch noch wenige in den ländlichen und strukturschwachen Gebieten. Mit unserem Projekt ´QueerStart´ wollen wir neue queere Jugendgruppen auf dem Land unterstützen und ihnen, wenn notwendig, bei der Gründung helfen. Außerdem wollen wir ihnen in unserem Jugendnetzwerk die Möglichkeit geben, die Weiterentwicklung von queerer Jugendarbeit in Bayern mitzugestalten und Demokratie zu leben. Eine gute Vernetzung untereinander ist dabei eine wichtige Grundlage.“ Vielerorts gebe es bis heute dabei nur „eingeschränkten Zugang zu unterstützenden Netzwerken“.
Treffpunkte und Sichtbarkeit
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Schaffung von Safe Spaces für queere Jugendliche, an denen sie sich ohne Ausgrenzung und Diskriminierung frei entfalten können. Dazu sollen attraktive Jugend-Angebote in der Nähe geschaffen werden, ohne lange Anfahrten in Kauf nehmen zu müssen – das Ziel ist klar: LGBTIQ+-Jugendliche sollen problemlos Treffpunkte mit Gleichaltrigen aufsuchen können.
Zuletzt geht es dem Team auch um mehr Sichtbarkeit für queere Jugendgruppen in Bayern, damit die Lebenswirklichkeit junger Menschen in der Gesellschaft besser wahrgenommen wird. Geboten werden dabei ganz direkt auch persönliche Gespräche, Peer-to-peer-Arbeit oder auch finanzielle Starthilfe.
Lukas Hollering vom Vorstand des Jugendnetzwerks Lambda betont zum neuen Projekt: „Wir freuen uns über den offiziellen Start des Projekts und legen damit den Grundstein für den Aufbau und die Begleitung queerer Jugendgruppen in ganz Bayern. Unser Ziel ist es, in enger Zusammenarbeit mit lokalen Initiativen und engagierten Ehrenamtlichen neue Jugendgruppen zu gründen und bestehende Angebote nachhaltig zu stärken.“
Förderung durch die CSU
Gefördert wird das Projekt bis Ende des Jahres mit rund 90.000 Euro durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales. Ein „entscheidender Impuls“ für „QueerStart“ kam dabei laut Lambda durch die Fraktionsinitiative der CSU im Bayerischen Landtag zustande. CSU-Politiker Thomas Huber betont: „Vielfalt ist ein zentraler Wert unserer Gesellschaft. ´QueerStart´ ist ein starkes Signal für Akzeptanz und Zusammenhalt, insbesondere in Regionen, die bisher wenig Zugang zu queerer Jugendarbeit hatten. Gemeinsam können wir die Rahmenbedingungen schaffen, die junge Menschen benötigen, um sich frei und sicher zu entfalten. Es freut mich zu sehen, dass wir mit dem Projekt auf dem richtigen Weg sind. Wir wollen alle miteinander am Ziel arbeiten, gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Menschen in Bayern zu erreichen. Schließlich muss Bayern weiß, blau und bunt bleiben.“
Vernetzung und Akzeptanz
Und Patrick Wolf, Queer-Beauftragter des Bayerischen Jugendrings (BJR) und Geschäftsführer im Jugendnetzwerk Lambda Bayern, unterstreicht: „Mit ´QueerStart‘ schaffen wir nicht nur neue Räume für queere Jugendliche, sondern stärken auch bestehende Strukturen und fördern die gesellschaftliche Akzeptanz von Vielfalt. Damit entgegnen wir auch den Ergebnissen der ersten queeren Jugendstudie ´How are you?‘, die 2024 durch den BJR vorgestellt wurde.“
In der Untersuchung wurden rund 2.000 LGBTIQ+-Jugendliche und junge Erwachsene zu Diskriminierungserfahrungen, Ressourcen und spezifischen Bedarfen befragt. Die Studie unterstreicht die positive Rolle, die spezifische Angebote der Jugendarbeit und queere Communitys spielen, indem sie Räume für Verständnis, Unterstützung und Vernetzung schaffen. Die Befragten gaben hinsichtlich ihrer Freizeit an, häufiger an queeren als an allgemeinen Jugendangeboten teilzunehmen, insgesamt 62 Prozent suchen solche speziellen Angebote auf.
Hürden zwischen Stadt und Land
Allerdings lassen sich auch große Unterschiede zwischen den Jugendlichen beobachten, die in Metropolen und in ländlichen Regionen leben. Vor allem in kleineren Städten und ländlichen Regionen finden die Gruppen der Freiwilligen Feuerwehr/THW/DLRG sowie kirchliche/religiöse Gruppen und die Schützen- und Heimatvereine stärkeren Zulauf. Hürden zur Teilnahme liegen vor allem in der großen Entfernung (27,1%), sowie in der Uhrzeit beziehungsweise Dauer des Angebots (27%) und der schlechten Anbindung (25%).
Die große Mehrheit der Befragten wünscht sich Beratungsangebote mit einer maximalen Anfahrtsdauer von einer halben Stunde. Außerdem wünschten sie sich die Meisten mehr Sensibilisierung im Bereich LGBTIQ+, insbesondere an Schulen, bei medizinischem und psychologischem Fachpersonal sowie im Umfeld von Arbeit und Behörden.
Planungen bis Ende 2025
Zu den ersten Aufgaben im Rahmen von „QueerStart“ gehört jetzt die Erarbeitung einer umfassenden Maßnahmenplanung, die die strategische Entwicklung des Projekts begleitet. Unter anderem ist eine Umfrage an die aktuellen Mitglieder des Netzwerkes geplant, um einen Blick auf den IST-Stand der Organisationen zu werfen. Die Ergebnisse sollen dann in die weitere Arbeit innerhalb von „QueerStart“ einfließen.
Ab Frühjahr dieses Jahres ist dann die Durchführung und Konzeptionierung von Workshops und Schulungen für Jugendgruppenleiter sowie erste Pilotphasen neuer Gruppen angedacht, bevor es zur Evaluation der bisherigen Maßnahmen und Entwicklung von Optimierungsvorschlägen kommt. Zum Jahresende 2025 sollen dann mit einer Dokumentation die Ergebnisse vorgestellt werden, um so Strategien zur langfristigen Verstetigung herauszuarbeiten. Das Jugendnetzwerk Lambda Bayern ruft daher jetzt interessierte Jugendgruppen und lokale Initiativen auf, Kontakt aufzunehmen und sich aktiv an der Gestaltung von „QueerStart“ zu beteiligen.