Direkt zum Inhalt
Enttäuschung bei Sven Lehmann

Enttäuschung bei Sven Lehmann Er sei enttäuscht und könne nichts versprechen, so Lehmann zu den vielen offenen LGBTI*-Projekten

ms - 14.11.2024 - 11:25 Uhr
Loading audio player...

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, äußerte sich heute Vormittag erstmals ausführlich zum Ampel-Aus und erklärte: „Ich bin sehr enttäuscht über dieses vorzeitige Ende der Ampel-Koalition. Denn trotz der aktuellen Krisen und der damit verbundenen gewaltigen Herausforderungen, trotz der schwierigen und am Ende belasteten Zusammenarbeit in der Koalition hat diese Bundesregierung queerpolitisch sehr viel umgesetzt und auf den Weg gebracht. Selbst mit einer verkürzten Legislaturperiode hat sie queerpolitisch so viel erreicht wie keine Bundesregierung vor ihr.“

Ernüchternde Bilanz der LGBTI*-Projekte

Immer wieder kam indes in den letzten Tagen Kritik gerade auch an der LGBTI*-Politik der Bundesregierung auf, der LSVD+ forderte gar einen „queeren Krisenplan“, denn die allermeisten Projekte für die LGBTI*-Community bleiben nun unerledigt liegen. 

Dazu gehört die fehlende Reform des Abstammungsrechts, die angedachte Grundgesetzergänzung mit dem Passus der „sexuellen Identität“ oder auch der Nationale Aktionsplan „Queer Leben“ für mehr Akzeptanz von LGBTI*-Menschen – gerade bei letzterem gab es immer wieder auch massive Kritik an Lehmann selbst, nachdem bekannt geworden war, dass sich allein die Planungen über zwei Jahre hingezogen hatten. Erst 2025 hätten erste konkrete Projekte umgesetzt werden sollen. Einzig tatsächlich umgesetzt hat die Ampel-Regierung die Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes sowie die Abschaffung der Diskriminierung von homosexuellen Menschen bei der Blutspende in Deutschland

Lehmann betont Fortschritte

Lehmann spricht trotzdem von den „Fortschritten der letzten Jahre“, die messbar seien. Dabei bezieht er sich unter anderem auf das Regenbogen-Ranking der ILGA Europe, in dem es Deutschland erstmals unter die Top Ten der LGBTI*-freundlichen Länder geschafft hatte. 

Zum weiteren Umgang mit dem Nationalen Aktionsplan erklärt Lehmann: „Der Bericht zum Umsetzungsstand des Aktionsplans wird zeigen, dass sich das queerpolitische Engagement dieser Regierung sehen lassen kann.“ Bei allen anderen offen LGBTI*-Plänen sei die Ampel-Regierung auf einem „sehr guten Weg“ gewesen. „Die ursprünglichen Planungen sind nun aber leider durch den Bruch der Ampel-Koalition über den Haufen geworfen. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar, was von der Bundesregierung und dem Bundestag in der sehr kurzen Zeit bis Mitte Dezember noch verabschiedet werden kann, vor allem ob und wie Mehrheiten im Bundestag für welche Vorhaben so kurzfristig organisiert werden können.“ 

Keine Versprechungen, keine Prognosen

Realistisch betrachtet wird keines der LGBTI*-Vorhaben mehr umgesetzt werden, die Union hat die Woche mehrfach bekräftigt, nur noch unbedingt notwendigen Gesetzesvorhaben zuzustimmen. Lehmann betont: „Es wäre unehrlich und falsch, wenn ich Versprechungen oder Prognosen dazu abgeben würde, vieles liegt auch außerhalb meiner Möglichkeiten und die letzten Tage haben gezeigt, wie schnell Pläne überholt sind. Derzeit ist vieles einfach nicht abzusehen. Zeitgleich gibt es diverse Verhandlungen und Gespräche innerhalb der Regierung und zwischen den Fraktionen. Ich werde alles dafür zu tun, um mit der jetzigen Minderheits-Regierung und im Bundestag noch so viel wie möglich auf den Weg zu bringen. Darauf könnt ihr Euch verlassen.“

Und weiter: „Auch wenn Gesetze wegen der anstehenden, zeitnahen Auflösung des Bundestags nicht mehr beschlossen werden können, so können wir die Grundlage schaffen, an die eine neue Bundesregierung dann hoffentlich anknüpft und anknüpfen sollte. Denn eins ist klar: Bei allen Errungenschaften ist politisch weiterhin sehr viel tun, damit alle Menschen verschieden sein können – aber gleich an Rechten und Würde!“ 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.