Direkt zum Inhalt
Pride ohne Politik

Pride ohne Politik Vier der größten CSDs in Großbritannien untersagen Parteien die Teilnahme

ms - 13.05.2025 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Vier der größten CSDs in Großbritannien haben jetzt alle politischen Parteien von den diesjährigen Pride-Paraden ausgeschlossen. In einem gemeinsamen Statement erklärten der London Pride, der Brighton Pride, der Birmingham Pride und der  Manchester Pride: „Wir sind nicht nur in unserer Botschaft, sondern auch in unserem Ziel vereint.“ 

Reaktion auf Gerichtsurteil

Kernkritik der vier Organisationsteams ist dabei der jüngste Entschluss des Obersten Gerichtshofes, der im April im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes festlegte, dass der Begriff „Frau“ im britischen Recht sich nur auf „biologische Frauen“ bezieht, trans* Frauen sind davon ausgeschlossen. Die vier Pride-Teams erklärten dazu jetzt: „Wir werden nicht zulassen, dass der Fortschritt rückgängig gemacht wird. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie die Würde, die Sicherheit und die Menschlichkeit unserer Trans-Geschwister diskutiert, verzögert oder verweigert werden. Was hier im Vereinigten Königreich geschieht, ist kein Einzelfall. Es ist Teil eines beunruhigenden globalen Trends – vom Verbot von Pride-Veranstaltungen in Ungarn bis hin zur Anti-Trans-Gesetzgebung in den Vereinigten Staaten – bei dem die Rechte von LGBTIQ+ systematisch zurückgedrängt werden.“

Keine symbolische Geste 

Dieses Jahr werde man daher die Teilnahme aller politischer Parteien von den Pride-Paraden „kollektiv aussetzen“. Die vier CSDs finden Ende Mai (Birmingham) sowie im Juli (London) und im August (Brighton, Manchester) statt. An die britische Politik und Regierung gerichtet, betont das Bündnis weiter: „Seien Sie sich bewusst, dass dies keine symbolische Geste ist. Es ist ein direkter Aufruf zur Rechenschaftspflicht und eine Weigerung, denjenigen eine Plattform zu bieten, die unsere Rechte nicht geschützt haben. Wir fordern echte Verpflichtungen und messbare Fortschritte. Die Pride-Bewegung wurde aus dem Protest heraus geboren, und wir müssen diesen Geist weiterhin mit Absicht und Dringlichkeit verkörpern. Um voranzukommen, brauchen wir mehr als nur Versprechen. Jede politische Partei muss sich eindeutig auf die Seite aller Mitglieder der LGBTIQ+-Gemeinschaft stellen und die Stimmen von Trans-Personen in Politik, Praxis und öffentlichem Leben in den Mittelpunkt stellen.“

Forderungen an die Regierung 

Als „Minimum“ fordern die Pride-Veranstalter ein Gleichstellungsgesetz inklusive trans* Frauen, Zugang zu geschlechtsangleichender Gesundheitsversorgung, ein reformiertes Verfahren zur Anerkennung von queeren Menschen und finanzielle Unterstützung für Organisationen, die sich auf trans* Menschen fokussiert haben. Nach dem Skandal um die, inzwischen geschlossene Tavistock-Klinik und dem Cass Report machte Großbritannien 2024 eine Kehrtwende bei der Versorgung von trans* Jugendlichen, Pubertätsblocker dürfen seitdem in England nicht mehr an Minderjährige vergeben werden.

„Wir werden uns nicht zum Schweigen bringen lassen. Wir werden uns nicht spalten lassen. Gemeinsam werden wir eine nationale Bewegung aufbauen, die auf Gerechtigkeit, Einigkeit und unverhohlenem Stolz beruht. Jetzt brauchen wir mehr denn je jeden, der sich für das Leben von Transsexuellen einsetzt und für die Pride auftritt“, so die Pride-Organisationen. 

Die Debatte um politische Vertretungen bei Prides ist bereits seit einigen Jahren immer wieder präsent, 2022 forderte der britische Aktivist und Ikone der Community Peter Tatchell, dass der Pride endlich wieder zu seinen aktivistischen Wurzeln zurückkehren müsse. Auch in Deutschland gab es bereits ähnliche Versuche, der CSD Kassel sprach im gleichen Jahr ein Verbot für alle Parteien aus. In München wurde zweimal die CSU nicht zum Pride zugelassen, in diesem Jahr hat der CSD Karlsruhe der Regierungspartei CDU die Teilnahme untersagt.

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Ein Jahr SBGG in Deutschland

Bilanz von LSVD+ und vier Vereinen

Der LSVD+ und vier weitere Verbände ziehen eine erste Bilanz nach einem Jahr Selbstbestimmungsgesetz - das Ende der Arbeit sei noch nicht erreicht.
Gesetze gegen LGBTIQ+-Rechte

2.000 Gesetzvorhaben in zwei Jahren

Der älteste queere US-Rechtsverein Lambda Legal kämpft derzeit an vielen Fronten gegen LGBTIQ+-feindliche Gesetze und ruft zu mehr Zusammenhalt auf.
Kritik an Unionsspitze

Konkrete Lösungen gegen Hetze

SPDqueer hat Bundeskanzler Merz, Unionschef Spahn und Bundestagspräsidentin Klöckner scharf kritisiert und fordert ein Ende des Kulturkampfes.
Widerstand gegen Pride-Flagge

Staatsbedienstete üben Kritik

2022 erlaubte Ex-Innenministerin Faeser Regenbogenflaggen an allen Dienstgebäuden. Mitarbeiter des Bundesinnenministerium fordern eine Neuregelung.
Gefängnisstrafe wegen Pride

Ungarn geht gegen CSD-Chef vor

Mit einem cleveren Schachzug konnte der Pride im ungarischen Pécs im Oktober stattfinden. Nun droht dem Hauptverantwortlichen trotzdem eine Haftstrafe
LGBTIQ+-Menschen am Limit

Hungersnöte in der Community

Schockzahlen aus den USA: 15% der LGBTIQ+-Amerikaner leiden Hunger und überleben nur durch Lebensmittelzuschüsse, in Summe 2,1 Millionen Menschen.
Angst vorm Regenbogen

TikTok-Star flieht aus Dänemark

Dänemarks erfolgreichste Influencerin Salma Naddaf ist zurück in ihrer Heimat Syrien. Sie floh vor den Regenbogenflaggen an den Schulen ihrer Kinder.
Neue Gedenkstätte in Berlin

Besonderer Ort im Herzen der Stadt

In Berlin entsteht die erste Grab- und Gedenkstätte für queere Menschen, nun wurden die Pläne vorgestellt. Im Mittelpunkt steht ein Stein mit Küssen.
Wahl in den Niederlanden

Linksliberale sind die Gewinner

Islamkritiker Wilders wurde bei der Parlamentswahl abgestraft, neuer Regierungschef der Niederlande könnte der schwule linksliberale Rob Jetten werden