CSD ohne Polizei, Politik und Vereine Auch die Europafahne scheint beim polnisch-deutschen Pride unerwünscht
Am gestrigen Sonntag marschierten rund 800 Menschen beim Frankfurt-Słubice-Pride im Grenzgebiet zu Polen, um für mehr Vielfalt in der Gesellschaft zu demonstrieren – nur bei der Veranstaltung selbst war Vielfalt offensichtlich nicht erwünscht, wie das Mitarbeiternetzwerk für lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Polizei- und Justizbeamte, der VelsPol Berlin-Brandenburg e.V., jetzt erklärte: „Der Landesverband Berlin-Brandenburg hat den gemeinsamen CSD Slubice-Frankfurt-Oder verlassen, nachdem erklärt wurde, dass Vereine und politische Organisationen und auch die Polizei unerwünscht sind. Selbst die Europäische Fahne darf auf diesem CSD nicht gezeigt werden. Argumente, dass wir für eine vielfältige und offene Polizei stehen und darauf aufmerksam machen wollen, dass sich jeder, der Opfer einer LGBTI*-feindlichen Straftat geworden ist, an die Polizei vertrauensvoll wenden kann, wurden nicht akzeptiert.“
Ein offizielles Statement, warum das Veranstalterteam so rigoros reagierte, gab es bisher nicht. Während des CSDs in der Doppelstadt forderten die Veranstalter dazu auf, die Region zu einer LGBTI*-freundlichen Zone zu erklären, in Anlehnung an die Verlautbarungen diverser polnischer Gemeinden der letzten Jahre, die sich als “LGBTI*-freie Zonen“ definiert hatte. Das Oberste Gericht Polens sowie auch die Europäische Kommission haben inzwischen erklärt, dass dieser Schritt weder mit polnischen noch europäischem Recht zu vereinbaren ist und deswegen zurückgenommen werden muss. Zudem demonstrierten die Teilnehmer auch gegen verbale Gewalt, die LGBTI*-Menschen im Alltag erfahren. Wie die zwei Jahre zuvor auch, zogen die Demonstranten auch beim dritten Pride vom Stadtzentrum im polnischen Słubice über die Stadtbrücke Richtung Frankfurt (Oder).
Der LGBTI*-Verein der Polizei wäre gerne mit dabei gewesen, doch war dieser wie andere Vereine offensichtlich auch unerwünscht, wie VelsPol Berlin-Brandenburg weiter erklärte: „Nicht nur wir als Verein werden von diesem CSD ausgegrenzt, sondern auch alle anderen queeren Vereine, die sich für Community einsetzen. Eine traurige und auch fragwürdige Entwicklung. Dies ist Ausgrenzung pur!!! Geprüft werden sollte auch durch die Landesregierung, ob eine Förderung dieses CSD überhaupt in Zukunft stattfinden sollte. Schade auch, dass diese Aktion auch der Prozess der Fortführung und Weiterentwicklung des Aktionsplanes "Queeres Brandenburg" geschädigt wird. Auch nach den Vorkommnissen in Münster wäre ein gemeinsames Zusammenstehen ein positives und sichtbares Zeichen gewesen. Diese Chance wurde heute durch die Organisator*innen vertan.“ Auf diese bewusste Ausgrenzung wurde von Seiten der Veranstalter nicht weiter eingegangen, allerdings erklärt, dass in diesem Jahr queere Geflüchtete im Mittelpunkt des Programms stehen würden. Die offizielle Facebook-Seite des Organisationsteam wurde inzwischen gelöscht. Online zeigten viele User Unverständnis für die jüngsten Entscheidungen, ein Facebook-User kommentierte beispielsweise: „Das ist ein seltsames Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit. Diskriminierung auf einer Veranstaltung auf der gegen Diskriminierungen demonstriert werden sollte!“