Kehrtwende in England Neue Richtlinien sollen ab sofort Minderjährige besser vor Fehlentscheidungen schützen
Pubertätsblocker dürfen in England nicht mehr an Kinder und Jugendliche vergeben werden – nach dem überraschenden Beschluss des britischen Gesundheitsdienstes NHS im letzten Jahr, sind diese Richtlinien jetzt final umgesetzt worden. Die britische Regierung begrüßte diesen Schritt ausdrücklich.
Fundierte Expertenentscheidung
Der Entscheidung war eine unabhängige und fachfundierte Untersuchung vorausgegangen. Zudem hatten über 5.000 Experten und Organisationen ihre Statements zu der Vergabe der Medikamente abgegeben, die ursprünglich zur chemischen Kastration von Sexualstraftätern angewandt worden sind. Zuletzt zeigten immer mehr Studien auf, dass die Pubertätsblocker zu lebenslangen Schäden wie einem massiven Knochenschwund, einer verminderten Intelligenz oder auch psychischen langfristigen Beschwerden führen können. Experten bemängeln zudem, dass es noch keine Langzeitstudien zu dem Thema gibt, sodass bei der Vergabe eher Vorsicht geboten sei.
Zudem wird auch ganz grundsätzlich die Sinnhaftigkeit von Pubertätsblockern angezweifelt, beispielsweise zuletzt auch von Prof. Dr. Florian Zepf, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Jena Ende Februar dieses Jahres: „Die Studien- und Evidenzlage zeigt derzeit nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit, dass sich die Geschlechtsdysphorie und die psychische Gesundheit bei betroffenen Minderjährigen durch Pubertätsblockade und Hormongabe im Verlauf sicher und bedeutsam verbessern.“
England folgt damit der Entscheidung von anderen Ländern wie beispielsweise Schweden, dessen Regierung bereits im letzten Jahr die Vergabe von Pubertätsblockern als gefährlich und experimentell eingestuft hatte. In Deutschland wird unter Ärzten inzwischen auch darüber diskutiert, eine Neubewertung vorzunehmen. Einzige künftige Ausnahme bei der Einnahme von Pubertätsblockern in England gibt es noch für klinische Studien.
Fehldiagnosen und falsche Behandlungen
England kann sich mit der Entscheidung auf eine breite Untersuchungsreihe stützen – bereits der erste Zwischenbericht hatte festgestellt, dass es große „Lücken in der Evidenz“ gibt und dass ein „signifikanter Anteil“ der Jugendlichen, die als vermeintlich trans behandelt werden, allem Anschein nach eigentlich an anderweitigen komplexen Problemen litten, beispielsweise psychische sowie neurologische Erkrankungen, soziale Fehlentwicklungen oder auch eine unterdrückte Homosexualität.
Jeder dritte untersuchte Jugendliche litt sogar unter Autismus oder einer anderen Art von Neurodiversität. Durch diese Fehldiagnosen lasse sich auch der starke Anstieg von vermeintlichen Trans-Jugendlichen erklären, die sich beim britischen Gender Identity Development Service (GIDS) gemeldet hatten – im Jahr 2022 waren dies noch mehr als 5.000 Personen, ein Jahrzehnt zuvor wurden gerade einmal 250 Jugendliche verzeichnet.
Skandal um Tavistock-Klinik
Eine Kehrtwende bei der Neubewertung der Versorgung von Kindern und Jugendlichen, die sich selbst als trans definieren, hatte auch der Skandal rund um die Gender-Abteilung der Tavistock-Klinik in London im Jahr 2022 angestoßen, die Ende diesen Monats schließt. Das Personal wurde dabei offenbar angewiesen, ohne konkrete medizinische Abklärung tausenden Minderjährigen Hormone und Pubertätsblocker zu verschreiben – jede Kritik oder Rückfrage soll als „transphob“ gebrandmarkt und unterbunden worden sein. Die Klinikleitung sieht derzeit einer Sammelklage von bis zu 1.000 betroffenen Eltern und deren Kindern entgegen.
Konkrete Abklärung neuer Fälle
Die britische Regierung erklärte bezüglich der jetzt in Kraft getretenen Richtlinien, dass damit künftig sichergestellt werden könne, dass die medizinische Betreuung und Pflege von Kindern und Minderjährigen auf tatsächlichen Beweisen basiere und nun endlich im „besten Interesse des Kindes“ sei.
Als Ersatz für die Abteilung in der Tavistock-Klink gibt es ab April zwei neue NHS-Dienste in Krankenhäusern in London und Liverpool – hier sollen Kinder ergebnisoffen von Experten für Neurodiversität, Kinderheilkunde und psychische Gesundheit betreut werden und ein „ganzheitlicher Ansatz der Pflege“ erfolgen, bevor es zu einer vermeintlich vorschnellen Einschätzung einer Transsexualität komme. Bereits jetzt ist die Zahl der Kinder in England, die im Rahmen von Studien noch Pubertätsblocker einnehmen, auf unter 100 Fälle gesunken.