Direkt zum Inhalt
Polens LGBTI*-Museum
Rubrik

Polens LGBTI*-Museum Der Andrang ist groß nach der Eröffnungsfeier – viele Besucher hoffen auf eine dauerhafte Kehrtwende in der Politik des Landes

ms - 12.12.2024 - 10:00 Uhr

In Polen wurden in diesen Tagen das erste LGBTI*-Museum des Landes eröffnet – das Interesse daran sowie die ersten Reaktionen aus der Bevölkerung sind durchwegs positiv, wie die Museumsleiter jetzt berichten. Eine Einrichtung wie diese war nur aufgrund des Regierungswechsels im Land überhaupt möglich geworden. 

Befreiungsschlag für die Community 

Die ersten  homosexuellen und queeren Besucher sprachen so von einem „Befreiungsschlag“ für die Gay-Community im Land. Eine lesbische Frau betonte, dass es sich nach acht langen Jahren unter der rechtspopulistischen PiS-Partei nun erstmals so anfühle, als „könne ich zum ersten Mal wieder befreit durchatmen“.

Bereits am ersten Tag nach der feierlichen Eröffnung war der Andrang groß, das neue Museum befindet sich im Herzen Warschaus, gegründet von der ältesten LGBTI*-Organisation des Landes, der Lambda Warschau Association. Es ist das erste Museum dieser Art in einem postkommunistischen europäischen Land. 

Die Einrichtung zeigt rund 150 Exponate aus der Geschichte der polnischen LGBTI*-Bewegung – darunter auch Gegenstände aus dem 16. Jahrhundert wie aber auch viele Fotos, Plakate und Texte von frühen schwul-lesbischen Aktivisten. Insgesamt hat die Organisation rund 100.000 Objekte in Verwahrung. 

Veränderung liegt in der Luft 

Miłosz Przepiórkowski, der Vorsitzende von Lambda, hatte dazu betont: „Seht her, wir eröffnen das fünfte queere Museum der Welt in einem Land mit der schlechtesten rechtlichen Situation für queere Menschen in der EU.“ An letzterem soll sich indes bald etwas ändern, nachdem Polens Regierung nun einen ersten Gesetzentwurf für ein homosexuelles Partnerschaftsgesetz vorgelegt hat und darüber Schwule und Lesben per Gesetz künftig vor Hass und Hetze geschützt werden sollen. Eine Besucherin beschreibt das so: „Es liegt der Wind of Change in der Luft.“ 

Das große Interesse am Museum nach der Eröffnungsfeier vor einigen Tagen zeige dabei nicht nur den Bedarf eines solchen Museums, sondern mache auch Hoffnung, dass sich im Land tatsächlich langfristig etwas ändert. Inzwischen unterstützt auch eine Mehrheit von 66 Prozent der Polen eine eingetragene Partnerschaft für homosexuelle Paare

Nachholbedarf im Bereich LGBTI*

Museumsdirektor Krzysztof Kliszczyński bekräftigte so: „Für mich ist dieses Museum klein und groß zugleich, weil es einen Meilenstein im Leben unserer Gemeinschaft darstellt.“ Ebenso erfreulich sei überdies, dass die Besucher mit ernsthaften Interesse ins Museum kommen, es scheint so, als gäbe es im Land auch einen gewissen Nachholbedarf in puncto LGBTI*. 

In Polen wurde Homosexualität schlussendlich erst 1969 legal. Die Aids-Krise führte in den 1980er Jahren dann allerdings zu einer Überwachungskultur von schwulen Männern. Während den acht Jahren der PiS-Regierung bis 2023 wurde der Hass auf Homosexuelle weiter befeuert inklusive der berühmt-berüchtigten „LGBT-freien Zonen“. Ein schwules Besucherpaar betonte dazu jetzt: „Hoffen wir, dass die Zonen endlich dahin kommen, wo sie hingehören – ins Museum. Und ansonsten nirgendwo anders mehr hin.“ Museumsdirektor Kliszczyński sagte abschließend: „Wir dürfen keine Angst mehr haben!“

Auch Interessant

Eskalation in Hollywood

Netflix zieht Reißleine

Eskalation in Hollywood: Der Streamingdienst Netflix geht auf Distanz zum Film "Emilia Pérez" und zur oscarnominierten trans* Hauptdarstellerin.
Verhaftungswelle in Indonesien

Festnahme von 56 schwulen Männern

Die Polizei geht mit aller Gewalt gegen Schwule in Indonesien vor. Jetzt wurde eine Sexparty in Jakarta gestürmt, 56 Männer wurden festgenommen.
Schuldspruch gegen Russland

EU-Gericht verurteilt Homophobie

In zwei Urteilen verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jetzt Verstöße gegen die Rechte von Homosexuellen in Russland.
Nicht repräsentative Umfrage von Romeo

Viele der Befragten wollen AfD wählen

Eine neue nicht repräsentative Umfrage der Dating-App Romeo sorgt für Diskussionen: Knapp 28% der User votierten für die AfD, besonders stark die jungen Generation.
Proteste gegen Milei

LGBTIQ+ und Frauen sagen Nein!

Proteste in Argentinien: Massive landesweite Demonstrationen kritisieren Präsident Javier Milei nach seinen homophoben und frauenfeindlichen Aussagen.
Digitale Datenbank des Grauens

Russland erstellt Schwulenlisten

Datenbank des Grauens: Die russische Regierung baut ein elektronisches Register zur kompletten Überwachung von Homosexuellen und queeren Menschen auf.
Haftbefehle gegen die Taliban

Bahnbrechende Maßnahme für LGBTIQ+

Der Internationale Strafgerichtshof geht erstmals gegen den LGBTIQ+-Hass in Afghanistan vor und hat Haftbefehle gegen die Taliban erlassen.
Protest gegen Village People

Queer-Verein fordert Konzertabsage

Ärger in Köln: Ein queerer Verein fordert die Konzertabsage der Village People bei einem Musikfestival, weil die Band für Donald Trump auftrat.
Auslaufmodell Ehe?

Sinkende Fallzahlen bei neuen Ehen

Auslaufmodell Ehe? Immer weniger Menschen sagen Ja zu einander, auch unter Homosexuellen und besonders wenige in der queer-affinen Gen-Z.