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Gefängnisse in Russland

Gefängnisse in Russland Unmenschliche Bedingungen für verurteilte „Extremisten“ – darunter auch LGBTIQ+-Menschen

ms - 16.04.2025 - 14:00 Uhr
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In den letzten Jahren landeten immer mehr homosexuelle und queere Menschen in Russlands Gefängnissen – seit 2013 sorgt das Anti-Homosexuellen-Gesetz dafür, dass Homosexualität in der Öffentlichkeit nicht dargestellt werden darf, beispielsweise in Filmen, Büchern, an Schulen oder in Medien. Ende 2023 folgte dann noch die Neu-Definition der LGBTIQ+-Bewegung als „extremistische Vereinigung“, die nach den Terrorgesetzen im Land radikal bekämpft werden darf. Seitdem hat sich die Lage weiter verschärft, immer wieder kam es in queeren Einrichtungen und schwulen Clubs zu brutalen Razzien inklusive zahlreicher Verhaftungen und Verurteilungen

„Extremisten“ im Gulag

Die Journalisten Konstantin Gabow und Sergej Karelin berichteten nun ausführlich über den Zustand der Gefängnisse im Land – zusammen mit zwei weiteren Kollegen standen sie vor Gericht, weil sie sich des "Extremismus" schuldig gemacht haben sollen. So sollen sie über YouTube Videos über den verstorbenen Kremlkritiker Alexej Nawalny verbreitet haben. Ein Gericht in Russland verurteilte sie jetzt zu sechs Jahren in einer Strafkolonie.

Dem Vorwurf des „Extremismus“ müssen sich dabei seit letztem Jahr auch verstärkt homosexuelle und queere Menschen stellen. In beiden Fällen werden die Angeklagten dabei oftmals wie Schwerkriminelle behandelt. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte die grausamen Haftbedingungen für jene Personen im Land, die eine „extremistische Organisation“ unterstützt haben sollen – wie beispielsweise eben die LGBTIQ+-Community. Erinnerungen an die Straf- und Arbeitslager in der Sowjetunion, den Gulags, werden wach.   

Unmenschliche Haft, null Privatsphäre

Eines jener Einrichtungen ist das Gefängnis "Matrosskaja Tischina" ("Matrosenruhe"). Gegenüber der Deutschen Welle erklärte Gabow: „Die Zelle ist überfüllt. Ein anderer Insasse und ich schlafen auf dem Boden. Tagsüber sitzen wir auf einer Bank ohne Rückenlehne, da wir keinen Platz haben. Die Matratze, die Decke und das Kissen sind abgenutzt, und es gibt Bettwanzen. Die Atmosphäre hier ist bedrückend. Es fühlt sich an, als ob ich in einem Keller festgehalten werde. Es gibt nur ein kleines Fenster irgendwo oben im Raum.“ 

Ähnlich dramatisch schilderte auch Kameramann Karelin die Lage: „Ich wurde in Zelle 246 verlegt – vier Kojen für acht Personen. Die überzähligen Häftlinge schlafen auf Klappliegen mit einem Loch in der Mitte, alle nebeneinander, der Kopf des Einen neben den Füßen des Anderen. Es gibt null Privatsphäre.“ Queere Verbände betonten überdies, dass die Lage für schwule Insassen insofern noch dramatischer ist, weil sie in der Hackordnung des Gefängnisalltages gleichbedeutend mit sexuellen Straftätern und Pädophilen ganz unten in der Rangordnung stehen. Selbstjustiz von Seiten anderer Häftlinge oder auch den Wärtern sowie Vergewaltigungen seien alltäglich. 

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