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Der Kampf ums Buch
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Der Kampf ums Buch Ein Rechtsstreit um eine entlassene US-Lehrerin könnte landesweit Folgen für die LGBTI*-Community haben

ms - 03.09.2024 - 12:00 Uhr

Immer rabiater gehen Konservative, homophobe Hardliner und einige republikanische US-Politiker gegen Bücher mit LGBTI*-Inhalten vor – von Buchverbrennungen über Komplettverbote bis hin zur massenhaften Zensur; allein im letzten Schuljahr wurden über 4.000 Titel zwangsweise aussortiert, weil sie homosexuelle oder queere Themen behandelten, darunter nebst Romanen auch Sachbücher und Ratgeber. Ein Fall aus Georgia macht nun allerdings Hoffnung und könnte Auswirkungen auf die LGBTI*-Community landesweit in den USA haben.

Ein Fall mit bedeutenden Auswirkungen

Das US-Justizministerium sowie die Generalstaatsanwälte von insgesamt 16 US-Bundesstaaten sowie des Districts of Columbia haben nun offiziell zwei Schriftsätze zur Unterstützung einer Lehrerin aus Georgia eingereicht, die von einer öffentlichen Schule entlassen worden war, weil sie in ihrer Klasse ein Buch mit LGBTI*-Themen vorgelesen hatte.

„Die Beteiligung des Justizministeriums und der Bundesstaaten spiegelt die bedeutenden Auswirkungen dieses Falles auf die Zukunft der öffentlichen Bildung im ganzen Land wider. Alle Schüler verdienen die Freiheit, in Schulen zu lernen, in denen ihre Identität anerkannt wird, und das Justizministerium und die Bundesstaaten im ganzen Land stimmen dem eindeutig zu“, betont Michael J. Tafelski, der stellvertretende juristische Direktor des Southern Poverty Law Centers, die überregionale Bedeutung des Falles. 

Breite Front gegen Zensur 

Der Rechtsstreit beschäftigt seit Februar dieses Jahres das Bezirksgericht für den Northern District of Georgia, geklagt auf Wiedereinstellung hat dabei die Lehrerin Katherine Rinderle. Sie hatte an der Due West Elementary School im Schulbezirk Cobb County Schülern ihrer fünften Klasse aus dem Buch „Mein Schatten ist pink!“ vorgelesen. Darin wird hinterfragt, was „normal“ ist und in kindlicher Weise für Akzeptanz geworben. Das Buch ist freigegeben ab drei Jahren. 

Der Klage gegen den Schulbezirk Cobb County, die Rinderle nach einer Beschwerde von zwei Eltern daraufhin kündigten, haben sich inzwischen eine weitere Lehrerin sowie eine Schülerin angeschlossen. Die Entlassung sei ein Zeichen für ein feindseliges Umfeld und fördere dadurch die Diskriminierung von Menschen – Rechtsgrundlage für die Klage ist das überarbeitete Gesetz namens Titel IX, welches inzwischen nicht mehr landesweit Gültigkeit hat

Zusätzliche Gewichtung bekommt der Fall nun, nachdem sich die Staaten Kalifornien, Colorado, Connecticut, Delaware, Hawaii, Illinois, Maine, Maryland, Massachusetts, Michigan, Minnesota, Nevada, New Jersey, New York, Oregon und Vermont an der Klage beteiligen. Sie alle erklären, dass die Richtlinien des Schulbezirks zur Zensur von LGBTI*-Inhalten von „ungewöhnlichem Charakter“ und verfassungsrechtlich bedenklich seien. 

Der Schulbezirk beruft sich derweil auf die hauseigenen sogenannten „Divisive Concepts“-Richtlinien, die LGBTI*-Inhalte im Klassenzimmer verbieten. Dabei betont die Leitung, dass „alles im Genre LGBTI* und queer als spalterisch“ eingestuft werde. Ein Urteilsspruch wird mit Spannung erwartet und könnte landesweit Folgen haben.

Neue Hoffnung auch in Florida

Hoffnung kommt dabei auch noch von anderer Stelle – sechs renommierte US-Verlage haben inzwischen Klage gegen die Bücherverbote in Florida eingereicht. An der Klage von Penguin Random House, Hachette, Harper Collins, Simon & Schuester, SourceBooks und Macmillan beteiligen such außerdem auch einige namhafte US-Autoren, allen voran John Green. Im Mittelpunkt steht dabei der erste Verfassungszusatz der Vereinigten Staaten von Amerika  - der 1791 verabschiedete Artikel verbietet der Regierung, Gesetze zu verabschieden, die unter anderem die Redefreiheit sowie die Pressefreiheit einschränken. 

Für die weltweit größte Verlagsgruppe Penguin Random House ist es bereits die zweite Klage diesbezüglich gegen den US-Bundesstaat Florida. Die Klage könnte dabei durchaus erfolgreich sein, bereits im März dieses Jahres musste Floridas Gouverneur Ron DeSantis offensichtlich zähneknirschend sein „Don´t Say Gay“-Gesetz entschärfen, das LGBTI*-Themen an Schulen und in Schulbibliotheken verbietet. 

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