10 Jahre Homo-Ehe in den USA Massive Angriffe auf die Ehe für alle – wird die Öffnung der Ehe rückabgewickelt?
In dieser Woche vor zehn Jahren verkündete der Oberste Gerichtshof der USA sein Urteil im Fall Obergefell gegen Hodges und erlaubte damit Ehen zwischen Homosexuellen in den gesamten Vereinigten Staaten von Amerika. Während das Jubiläum groß gefeiert wird, mischen sich auch immer mehr Sorgen und Ängste zwischen die Freude in der Community – am Ende steht dabei die bittere Frage: Wie lange wird die Homo-Ehe überhaupt noch Bestand haben? Derzeit gibt es in den USA nach Angaben des Williams Institute rund 823.000 verheiratete homosexuelle Paare, rund 300.000 davon haben auch Kinder.
Konservative Mehrheit am Gerichtshof
Vor zehn Jahren stellten die höchsten Richter der USA fest, dass das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe ein Verstoß gegen die Gleichheitsklausel des 14. Artikels darstellt. Ob die neun Richter am Supreme Court heute erneut so votieren würden, ist mehr als fraglich – inzwischen gibt es am Obersten Gerichtshof eine Mehrheit von sechs konservativen Richtern, drei davon eingesetzt in der ersten Amtszeit von Donald Trump. Die zwei Richter Samuel Alito und Clarence Thomas erklärten dabei bereits, sie wünschen sich eine „Korrektur“ des damaligen Urteils, um „festgestellte Fehler“ auszubessern.
Massive Angriffe auf die Homo-Ehe
Derweil nehmen die Attacken auf die Homo-Ehe weiter massiv zu, erste Anträge auf Rückabwicklung der Ehe von Seiten der Republikaner laufen bereits, dazu haben überdies die ersten US-Bundesstaaten wie Idaho ganz offiziell Resolutionen verabschiedet, die den Supreme Court zu einer Neu-Bewertung auffordern. Man müsse dabei die „natürliche Definition der Ehe“ wiederherstellen. Die weltweit größte protestantische Glaubensgemeinschaft, die Southern Baptists, fordern ganz offen ein Ende der gleichgeschlechtlichen Ehe.
Wie real die Gefahr tatsächlich ist, dass das Recht auf Ehe für Schwule und Lesben wieder zur Verhandlungssache werden könnte, zeigen die politischen Reaktionen der letzten Jahre. Der ehemalige US-Präsident Joe Biden verabschiedete Ende 2022 bereits den Respect for Marriage Act, ein Bundesgesetz, das gleichgeschlechtliche Ehen landesweit rechtlich schützt – allerdings nur jene, die bereits existieren. Ein Recht auf neue Eheschließungen enthält das Gesetz nicht.
Dazu kommt die Reaktionen von liberalen Bundesstaaten wie Kalifornien, Hawaii oder Colorado, die im letzten Jahr ihre Bundesgesetze geändert und die Ehe für Homosexuelle damit auch lokal geöffnet haben. Der Hintergrund hängt mit dem Obergefell gegen Hodges-Urteil zusammen: Die damaligen Richter erlaubten mit ihrem Urteil die Homo-Ehe in den USA und setzten bestehende Verbotsgesetze in einzelnen Bundesstaaten damit außer Kraft – allerdings sind jene Gesetze nicht ganz verschwunden, sie ruhen größtenteils sozusagen nur. Wird das damalige Urteil des Supreme Courts zurückgenommen, sind die jeweiligen Gesetze der fünfzig Bundesstaaten zur Homo-Ehe wieder aktiv – das würde bedeuten, dass in halb Amerika gleichgeschlechtliche Ehen von heute auf morgen wieder verboten wären.
Weniger Rückhalt in der Gesellschaft
Zuletzt macht der Community dabei auch die generelle Entwicklung innerhalb der Gesellschaft zu schaffen: Die Zustimmung zur Ehe für alle sowie gegenüber Homosexuellen generell ist zuletzt deutlich gesunken. Stimmten 2022 noch 55 Prozent der republikanischen Wähler dafür, liegen die Zustimmungswerte jetzt nur noch bei 41 Prozent. Bei den Demokraten sprechen sich indes 88 Prozent für die gleichgeschlechtliche Ehe aus – die Kluft zwischen den politischen Fronten nimmt weiter zu. Noch nie zuvor lagen die beiden Parteien so weit auseinander in dieser Frage. Mit Blick auf die gesamte US-Bevölkerung zeigt sich: 68 Prozent aller erwachsenen Amerikaner sind für die Homo-Ehe, auch hier ein Rückgang, so die jüngste Gallup-Studie. Die USA feiern in diesen Tagen zehn Jahre Ehe für alle – fraglich, ob diese Institution ein zweites Jubiläum erreichen wird.