Kritik an der Drogenpolitik Der Verein akzept warnt vor einem möglichen rapiden Anstieg von Überdosierungen
Der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, kurz akzept, kritisiert jetzt in seinem alternativen Drogen- und Suchtbericht mit scharfen Worten die Drogenpolitik der Bundesregierung. Zwar habe die Ampel beispielsweise mit der Entkriminalisierung des Cannabiskonsums einen Paradigmenwechsel vollzogen, es fehle aber weiterhin an einer landesweiten, systematischen und kontinuierlichen Zusammenarbeit in den Kernbereichen Drogen – und Selbsthilfe sowie bei der Forschung.
Schadensminimierung nicht im Fokus
Positiv vermerkt der Verein dabei auch die Einrichtung von Drug-Checking-Zentren, bei denen Drogenkonsumenten die Substanzen vorab auf Art und Menge der Inhaltsstoffe testen lassen können – in vielen Fällen führen gepanschte Substanzen zu lebensgefährlichen Überdosierungen. In Berlin wurden binnen eines Jahres so rund 1.800 Proben analysiert, in rund der Hälfte aller Fälle waren die Substanzen dabei verunreinigt, falsch deklariert oder zu hochdosiert gewesen.
Gerade bei der Schadensminimierung würde die Politik bis heute allerdings zu wenig leisten beziehungsweise diesen Bereich ganz ignorieren, kritisierte im Bericht Dr. Maurice Cabanis, Direktor der Stuttgarter Klinik für Suchtmedizin. Die Experten sind sich einig darüber, dass Mittelkürzungen in diesem Bereich überdies gefährlich und kontraproduktiv seien.
Neue Regierung, neue Politik?
Angst vor einer neuen Drogenpolitik durch eine neue Bundesregierung ab 2025 haben die Fachleute indes kaum, man könne das „Rad in der Drogenpolitik nicht zurückdrehen“. Die Experten warnen dabei indes vor der weiteren Verbreitung von synthetischen Opioiden und halten fest, dass in Deutschland ähnlich wie in einigen anderen Ländern auch ein „rapider Anstieg von Überdosierungen mit tödlichem Ausgang, Verteilungskämpfe zwischen alten und neuen Drogenkartellen, Überlastung des Gesundheitssystems und der Drogenhilfe, Zunahme der Beschaffungskriminalität und soziale Verelendung der Konsumenten“ denkbar ist.
Der Bericht betont dabei überdies wissenschaftliche Studien, demnach insgesamt 13 Millionen Menschen in Deutschland Substanzen missbräuchlich konsumieren – umgerechnet auf die LGBTI*-Community sind das mindestens 1,5 Millionen Personen (Ipsos Studie 2024). Gerade im Spannungsfeld Chem-Sex sind die Gefahren des Drogenkonsums in der Gay-Community besonders groß. In Deutschland gab es im Jahr 2023 mit 2.227 Menschen so viel Drogentote wie nie zuvor, darunter waren 1.844 Männer. Anhand von Vergleichsdaten aus Ländern wie Österreich wird davon ausgegangen, dass auch in Deutschland etwa jeder fünfte Homosexuelle illegale Substanzen konsumiert.