Augen auf bei Drogen Warnung vor ernsthaften Problemen in schwulen Metropolen
Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, Burkhard Blienert, forderte jetzt erneut ein Umdenken beim Thema Drogen, nachdem die jüngsten Zahlen erst vor wenigen Tagen Ende Mai aufzeigten, wie dramatisch die Lage inzwischen ist. Davon ist gerade auch die schwule Party- Community betroffen.
Drogen in der Community
In Deutschland gab es im Jahr 2023 so viel Drogentote wie nie zuvor – so starben im vergangenen Jahr nachweislich 2.227 Menschen an dem Konsum illegaler Drogen, das sind 237 Opfer mehr als noch im Jahr 2022. Darunter waren 1.844 Männer und 383 Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren. Ähnlich dramatisch die Zahlen für Europa, die heute vorgestellt wurden: Nach dem Jahresbericht der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen EMDD starben 2022 schätzungsweise 6.400 Menschen an einer Überdosis. Zwei Jahre zuvor waren es rund 5.800.
Genaue Zahlen bezüglich des Drogenkonsums in der Gay-Community gibt es nicht, allerdings sind sich Experten einig darüber, dass gerade im Bereich Chemsex die Drogenproblematik bei schwulen Männern überproportional vertreten ist. Das wird zudem auch von Daten der europäischen EMIS-Studie untermauert. Außerdem gibt es Vergleichszahlen aus Nachbarländern wie Österreich – dort konsumiert im Schnitt jeder fünfte Homosexuelle oder queere Mensch regelmäßig Drogen.
Crack und Kokain
„Für mich ist diese Situation extrem schmerzhaft. Hinter den blanken Zahlen verbirgt sich unendliches Leid für die Betroffenen, ihre Familien, das ganze Umfeld", so Blienert gegenüber der Tagesschau. Bei 712 Todesfällen spielt dabei Heroin eine Rolle. Einen deutlichen Anstieg gab es allerdings gerade auch bei Kokain und Crack, deren Zahl sich von zuvor 507 auf 610 Todesfälle erhöhte. Crack und Kokain sind dabei Substanzen, die auch in der schwulen Party- und Sex-Community stark vertreten sind, besonders ausgeprägt dabei in Hamburg, Berlin und Köln.
"Ernsthaftes Problem" in Großstädten
Fachmann Blienert betont: „Mittlerweile wissen wir aus vielen Gesprächen mit der Suchthilfe vor Ort, dass wir ein ernsthaftes Crack-Problem in vielen Großstädten in unserem Land haben. Darum müssen wir uns kümmern. Der Crackkonsum ist vor allem ein großstädtisches Phänomen. Was wir brauchen, sind gute Lösungen vor Ort, hier muss nicht jede Kommune das Rad neu erfinden. Es gibt bewährte Angebote wie Drogenkonsumräume oder niedrigschwellige Hilfsangebote und aufsuchende soziale Arbeit. Allerdings müssen diese für Crackkonsumierende modifiziert werden. Um Alternativen zum Crackkonsum in der Öffentlichkeit zu schaffen, sollten zum Beispiel spezielle Expresskonsumplätze in Drogenkonsumräumen eingerichtet werden.“
Neben dem Ausbau dieser niedrigschwelligen Hilfsangebote in mehr deutschen Städten sowie mehr Drogenkonsumräumen bundesweit in Deutschland spiele auch das sogenannte Drug-Checking eine wichtige Rolle dabei, die Todeszahlen in den kommenden Jahren vielleicht zu minimieren.
Isolation bei Chemsex-Nutzern
In der Gay-Community gibt es weitere spezifische Probleme: So zeigten britische Untersuchungen auf, dass Chemsex-Nutzer weitestgehend isoliert agieren und spätestens durch die Corona-Pandemie noch mehr in den Untergrund getrieben worden sind – eine Ansprache sowie Hilfsangebote werden so noch schwerer möglich.
Dazu kommt, dass es bei solchen Chemsex-Substanzen inzwischen sehr leicht zu lebensgefährlichen Überdosierungen kommen kann, vor allem dann, wenn Fentanyl beigemischt wird. Während beim Drug-Checking eine Kontrolle der tatsächlichen Substanzinhalte möglich ist, gibt es diese Chance bei privaten Sex-Partys nicht.
Abschließend sagt Blienert: „Wir wissen ja, was zu tun ist! Wir müssen gerade besonders gefährdete Jugendliche früh und konsequent unterstützen und dürfen suchterkrankte Menschen nicht einfach abschreiben.“