Homophobe Gewalt in Berlin Neuköllns Integrationsbeauftragte Balci kritisiert scharf die Migrationspolitik der aktuellen Regierung und Ex-Kanzlerin Angela Merkel
Ende November erst hatte Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik Schwule und Juden zur Vorsicht ermahnt, wenn sie in Stadtvierteln mit vielen „arabischstämmigen Menschen“ unterwegs sind. Nun legte Neuköllns Integrationsbeauftragte Güner Balci nach und bestätigte eine Zunahme der Gewalt in muslimisch geprägten Bezirken Berlins.
Homophobe Gewalt in Berlin
Balci redete im Welt-Interview dabei Klartext und betonte: „Die Zahlen sind auch deutlich. In Berlin hat die homophobe, antisemitische und frauenverachtende Gewalt zugenommen in muslimischen Nachbarschaften. Und mit Sicherheit kann man das auch von anderen Orten sagen.“
Dabei übte die Integrationsbeauftragte auch scharfe Kritik an der ehemaligen Kanzlerin Angela Merkel und ihrer Flüchtlingspolitik seit dem Jahr 2015: „Unsere ehemalige Kanzlerin – eine Frau, die aus dem Osten so viele Erfahrungswerte einer Diktatur im Gepäck hatte – hat nie erkannt, dass Migranten nicht Streichel-Ausländer sind, sondern auf Augenhöhe mit ihr, und man genauso damit umgehen muss (…) Sie stand auf einer Bühne mit einem Islamofaschisten, der ganz offen im Netz hetzt. Wenn man so etwas sieht: Was läuft da schief bei unseren Politikern? Wie kann es sein, dass sie solche Dinge nicht erkennen?“
Kritik an Merkel und der Ampel-Regierung
Und weiter: „Da wird Folklore gemacht mit Rassisten und Antisemiten, weil die dunkle Haare haben. Merkel hatte einen Blick auf Migration, der zeigt, dass sie überhaupt keine tatsächlichen Erfahrungswerte hat – ihre Erfahrungswerte reduzieren sich aufs Akademische.“ Erst vor wenigen Tagen sorgte Merkel dabei erneut für Diskussionen, als sie im Zuge ihrer Buchvorstellung erklärte, dass die Deutschen eine „Bringschuld“ gegenüber Migranten hätten.
Viele Parteien würden dabei noch immer nicht richtig verstehen, was für Sorgen die Menschen in Deutschland wirklich umtreibt: „Menschen, die die Geschicke dieses Landes leiten, sind offenbar noch zu wenig konfrontiert mit diesen Lebenswelten. Und wenn sie es sind und es thematisieren, wie neulich Cem Özdemir, als er offen aussprach, dass er es schwierig findet, wenn seine Tochter im Alltag krass sexualisiert wird – und zwar nicht von blonden deutschen Christians – dann wird das sofort kritisiert und als Rassismus bezeichnet.“
Migranten verstehen die Ampel-Politik auch nicht
Dabei erklärte die gebürtige Berlinerin mit türkischen Wurzeln weiter, dass auch viele Migranten wie Syrer, Afghanen, Iraker oder auch Kurden aus der Türkei schockiert seien über die aktuelle Politik in Deutschland. Viele würden den „Kuschel-Kurs“ gegenüber Islamisten nicht verstehen und sagen: „Ihr lasst denen hier einen zu großen Spielraum. Wir sind aus Ländern geflohen, weil wir genau das nicht wollten.“ Viele Menschen, die seit 2015 nach Deutschland geflüchtet sind, lehnten laut Balci das „muslimisch reaktionäre Weltbild“ klar ab. Sie sitzen jetzt in ihren Unterkünften und fragten sich: „Was passiert hier gerade?“, so Balci.
Weiter betonte sie: „Du kannst nicht einfach deine Tür aufmachen zu Hause und sagen: Dann kommt mal alle rein. Sucht euch mal einen Platz, es wird schon irgendwie laufen (...) Genau so funktioniert bei uns doch Einwanderung. Wenn man aber möchte, dass eine Gesellschaft möglichst gewaltfrei ist und möglichst großen Spielraum für die individuelle Freiheit des Einzelnen ermöglicht, musst du sie managen.“ Eine sehr ähnliche Kritik übte gegenüber SCHWULISSIMO der Islamismusexperte Ahmad Mansour gegenüber der Regierung und Teile der queeren Community.
Balci (49) wuchs in Neukölln auf, ihre Eltern kamen in den 1960er Jahren als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland. Sie arbeitete als Sozialarbeiterin, schrieb mehrere Bücher und drehte fürs Fernsehen Dokumentarfilme und Reportagen. Seit 2020 ist Balci Integrationsbeauftragte von Neukölln.