Direkt zum Inhalt
Angst in Russland
Rubrik

Angst in Russland LGBTI*-Aktivisten befürchten 2025 mehr Razzien, Verhaftungen und Polizeigewalt

ms - 13.01.2025 - 16:00 Uhr

Immer mehr Angst in der Community und eine düstere Prognose für 2025 – so lässt sich die Situation für Homosexuelle derzeit in Russland zusammenfassen. Gegenüber Voice of America erklärten nun mehrere LGBTI*-Aktivisten vor Ort, dass die Lage in diesem Jahr noch einmal schlimmer werden dürfte. 

Neue Welle von Razzien 

Insbesondere Schwule befürchten eine weitere Zunahme von Verhaftungen und Razzien wie jene, die in den letzten Wochen gleich mehrfach in Schwulenclubs sowohl in Moskau wie auch anderenorts stattgefunden haben. Bis zu einhundert Personen wurden dabei insgesamt verhaftet, viele warten seitdem in Untersuchungshaft auf ihre Verurteilung, genaue Zahlen gibt es indes bis heute nicht. 

Anwalt Max Olenichev mit Schwerpunkt LGBTI*-Rechte betont: „Die Menschen schotten sich mehr und mehr ab. Sie gehen nicht mehr an solche Orte. Aber ich sage immer, dass es wichtig ist, soziale Verbindungen auch auf horizontaler Ebene zu pflegen. Kein Gesetz kann den Menschen verbieten, gemeinsam ins Kino zu gehen, zu Hause Partys zu feiern und irgendwie miteinander über Themen zu kommunizieren.“

Geldstrafen für Regenbogenfahnen

Für viele Homosexuelle im Land sei die Flucht inzwischen nicht mehr möglich. Unbarmherzig sind sie den beiden Hass-Gesetzen ausgesetzt, dem Anti-Homosexuellen-Gesetz von 2013 und dem neuen Terrorismus-Gesetz, das die LGBTI*-Bewegung insgesamt als extremistisch einstuft. Dabei werden nicht nur Aktivisten von LGBTI*-Verbänden verhaftet, sondern auch Mitarbeiter von Clubs oder ähnlichen Einrichtungen, in denen Homosexuelle verkehren. 

„Das heißt, es handelt sich nicht direkt um Aktivisten, die beispielsweise Informationen in sozialen Netzwerken posten und nach Ansicht der Behörden 'Propaganda für nicht-traditionelle sexuelle Beziehungen' betreiben“, so Dmitri Anisimow, Pressesprecher des OVD-Info-Projekts. Nach Angaben der Organisation wurden 2024 zahlreiche russische Bürger verhaftet und zu Geldstrafen verurteilt, oftmals allein deswegen, weil sie im Internet Beiträge mit Regenbogenflaggen veröffentlicht hatten, die zum Teil schon Jahre zuvor eingestellt worden waren.

Ungeklärter Tod eines Reisebüro-Besitzers 

Geschockt zeigt sich die Community auch nach wie vor über den Fall eines Eigentümer eines Reisebüros, der schwulen Männern Urlaube ermöglichte. Andrej Kotow, der Inhaber des „schwulen Reisebüros“ Men Travel, war wegen „Organisation und Beteiligung an extremistischen Aktivitäten“ im Oktober letzten Jahres verhaftet worden – eine Anklage, die er vehement bestritt. Nach Angaben von OVD-Info wurde Kotow einen Tag vor Silvester tot in seiner Arrestzelle aufgefunden. Todesursache unklar. Vor seinem Tod hatte Kotow aus der Haft heraus über brutale Polizeiwillkür, Schläge und Elektroschocks berichtet.  

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Chemsex-Notlage in London

Ärzte-Alarm: Jeden Tag ein Notfall

Die Chemsex-Lage in London ist außer Kontrolle, jeden Tag kommt es zu lebensgefährlichen Notfällen, warnen jetzt Gesundheitsexperten.
Tiefe Risse in der US-Politik

Das Schweigen der US-Demokraten

Tiefe Risse in den USA: Queere US-Verbände zeigen sich empört über zu wenig Einsatz für LGBTIQ+ seitens der Demokraten und verlieren das Vertrauen.
Aufruf zu Protesten

Zusammenhalt in Ungarn

Ungarns Präsident Victor Orbán will den Budapest Pride unterbinden – dagegen regt sich jetzt international Widerstand.
Peggy Parnass ist tot

Ikone der Schwulenbewegung

Peggy Parnass ist tot. Die Ikone der Schwulenbewegung starb im Alter von 97 Jahren in Hamburg.
Diskriminierung in den USA

Studie enthüllt dramatische Lage

Ablehnung, Mobbing, Hass: Diskriminierung ist inzwischen für jeden dritten LGBTIQ+-Amerikaner Alltag, so neuste Studiendaten.
Eurovision Song Contest

Song-Überarbeitung und Absage

Die Fan-Kritik zeigte Wirkung: Das ESC-Team hat den deutschen Beitrag „Baller“ von Abor & Tynna überarbeitet. An anderer Stelle gab es eine Absage.
Todesfall Roman Mercury

Todesursache sorgt für Bestürzung

Bestürzung im Todesfall Roman Mercury: Fans gehen davon aus, dass der 45-jährige Adult-Darsteller an „gebrochenem Herzen“ gestorben ist.
Selbstbestimmungsgesetz

Angst in der queeren Community

Die Angst in der queeren Community ist in diesen Tagen groß, dass das Selbstbestimmungsgesetz unter einer neuen Regierung überarbeitet wird.
Mordfall Sam Nordquist

Neue Details vor Gericht

In New York wurden vor Gericht nun weitere Details zum Mordfall Sam Nordquist bekannt: Der queere Mann wurde einen Monat lang grausam gefoltert.