Direkt zum Inhalt
Weniger Akzeptanz in Belgien
Rubrik

Weniger Akzeptanz in Belgien Jeder fünfte junge Belgier hält Gewalt gegen Homosexuelle für akzeptabel

ms - 15.04.2025 - 11:00 Uhr

Eine neue Befragung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Belgien zeigt in alarmierender Weise auf, dass die Akzeptanz von LGBTIQ+ in der Gesellschaft deutlich zurückgegangen ist. Damit reiht sich das Land in eine Negativ-Entwicklung ein, die inzwischen in einigen Ländern Europas sowie weltweit verzeichnet worden ist, auch in Deutschland. 

Anstieg der Gewaltbereitschaft

Die Studie der Jugendplattform JOP befragte 1.500 junge Menschen über ihre Einstellung zu Homo- und Bisexuellen sowie zu queeren Personen. In einem Zeitraum von nur fünf Jahren nahmen die Toleranzwerte dabei rapide ab. Gleichzeitig stieg demnach die Bereitschaft zur Gewalt, gerade gegenüber Schwulen und Lesben: In der neuen Befragung gaben 20 Prozent an, dass sie es für akzeptabel halten, einen Homosexuellen physisch anzugreifen. Die Zustimmungswerte und damit die Gewaltbereitschaft gegenüber der Community haben sich damit innerhalb von fünf Jahren verdoppelt. 

Weniger Zustimmung zur Ehe 

Zudem ist die Unterstützung der Ehe für alle gesunken, in der jüngsten Befragung sprach sich jeder fünfte junge Belgier (19,7%) dafür aus, die gleichgeschlechtliche Ehe wieder abzuschaffen. Im Jahr 2003 hatte Belgien einst als zweites Land weltweit nach den Niederlanden die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet. Ähnlich der Blick auf die Bildungseinrichtungen: 19 Prozent der jungen Menschen wollen keinen homosexuellen oder queeren Lehrer an ihrer Schule haben. Nur noch knapp die Hälfte der belgischen Schüler (56,6%) unterstützt inzwischen noch Bemühungen, Akzeptanz gegenüber LGBTIQ+ in den Unterricht mit einzubinden – fünf Jahre zuvor lag dieser Wert noch bei 75,5 Prozent.  

Hohes Risiko für Schwule und Lesben

Die jüngsten Daten wurden bestätigt von Unia, dem landesweiten Kompetenzzentrum für Diskriminierung in Belgien. Direktor Patrick Charlier bestätigte überdies, dass homophobe Gewalt auch im Beneluxstaat rapide zugenommen habe, oftmals seien junge Menschen die Täter. Insbesondere Homosexuelle haben demnach ein doppelt so hohes Risiko, Opfer eines Angriffs zu werden, im Vergleich zu allen anderen marginalisierten Gruppen, beispielsweise schwarze Menschen, behinderte Personen oder Juden. Eindeutig erlebe Belgien dabei eine „rückläufige Haltung bei der Akzeptanz“, so Charlier weiter. Mit Bildungs- und Sozialinitiativen müsse nun diesem „extrem besorgniserregenden Trend“ entgegengetreten werden. „Der Anstieg der Intoleranz unter jungen Menschen ist ein Weckruf, der zu konkreten Maßnahmen anregen sollte, um ein sicheres und einladendes Umfeld für alle zu gewährleisten, unabhängig von der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechtsidentität.“ 

Im Zuge dessen hat sich auch der belgische Gleichstellungsminister Rob Beenders zu Wort gemeldet, er fordert, die Ehe für alle in der Verfassung festzuschreiben, damit sie besser geschützt ist vor womöglich zukünftigen Plänen, diese wieder abzuschaffen. „Wir sehen in den USA täglich, wie Präsident Donald Trump Gesetze von einem Tag auf den anderen kippt. So etwas kann auch hier passieren", so Beenders. Eine Verfassungsänderung ist in Belgien allerdings ein langwieriges, zumeist jahrelanges Verfahren.  

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Späte Versöhnung

Das allererste Schwulengefängnis

In Australien gab es 30 Jahre lang das weltweit erste Gefängnis für Schwule. Nun wurde die Einrichtung als dunkles Kulturerbe des Landes anerkannt.
Die digitale Gefahr

Gefährdungslage für Jugendliche

Corona ist längst vorbei, doch für LGBTIQ+-Jugendliche sind digitale Anfeindungen noch immer Alltag, vor allem auch sexuelle Attacken.
Neue Kritik an der FIFA

Appell von queeren Verbänden

Queere Verbände wollen nun mittels einer Petition die Fußballmeisterschaft 2034 in Saudi-Arabien verhindern und rufen zum Boykott auf.
Späte Rache

High Noon im Lehrerzimmer

Rache wird am besten kalt serviert? Das dachte sich wohl eine ehemalige lesbische College-Schülerin, die sich nun für den Job ihres Peinigers bewirbt.
Keine Lust auf Jobs vor Ort

Gen-Z setzt besondere Prioritäten

Streaming während der Arbeitszeit im Home Office? Für die junge queere Generation denkbar - aber auch sinnvoll oder nicht?! Experten sind sich uneins.
Schwulen Rückenansichten

Amüsante Spekulationen in den USA

Amüsante Spekulationen: Die US-Presse fragt sich derzeit, ob in Caspar David Friedrichs Bildern eine homoerotische Komponente mitschwingt.
Bedenken bei E-Patientenakte

Kritik von LSVD+ und Aidshilfe

Ende April kommt die E-Patientenakte bundesweit. Bedenken aus der queeren Community wurden kaum ausgeräumt, so LSVD+ und Hamburger Aidshilfe.
Forderungen an die EU

Pride-Verbot in Mitteleuropa

Wann und wie reagiert die EU auf das Pride-Verbot in Ungarn? Mehrere EU-Parlamentarier fordern jetzt ernsthafte Konsequenzen seitens der EU.
Neue Fälle der Dating-Masche

Opfer aus Hessen und Österreich

Erneut wurden zwei Schwule Opfer der Dating-Masche, die mutmaßlichen Täter sind junge Männer. Die Taten geschahen in Wiesbaden und Wien.