Weniger Akzeptanz in Belgien Jeder fünfte junge Belgier hält Gewalt gegen Homosexuelle für akzeptabel
Eine neue Befragung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Belgien zeigt in alarmierender Weise auf, dass die Akzeptanz von LGBTIQ+ in der Gesellschaft deutlich zurückgegangen ist. Damit reiht sich das Land in eine Negativ-Entwicklung ein, die inzwischen in einigen Ländern Europas sowie weltweit verzeichnet worden ist, auch in Deutschland.
Anstieg der Gewaltbereitschaft
Die Studie der Jugendplattform JOP befragte 1.500 junge Menschen über ihre Einstellung zu Homo- und Bisexuellen sowie zu queeren Personen. In einem Zeitraum von nur fünf Jahren nahmen die Toleranzwerte dabei rapide ab. Gleichzeitig stieg demnach die Bereitschaft zur Gewalt, gerade gegenüber Schwulen und Lesben: In der neuen Befragung gaben 20 Prozent an, dass sie es für akzeptabel halten, einen Homosexuellen physisch anzugreifen. Die Zustimmungswerte und damit die Gewaltbereitschaft gegenüber der Community haben sich damit innerhalb von fünf Jahren verdoppelt.
Weniger Zustimmung zur Ehe
Zudem ist die Unterstützung der Ehe für alle gesunken, in der jüngsten Befragung sprach sich jeder fünfte junge Belgier (19,7%) dafür aus, die gleichgeschlechtliche Ehe wieder abzuschaffen. Im Jahr 2003 hatte Belgien einst als zweites Land weltweit nach den Niederlanden die Ehe für Schwule und Lesben geöffnet. Ähnlich der Blick auf die Bildungseinrichtungen: 19 Prozent der jungen Menschen wollen keinen homosexuellen oder queeren Lehrer an ihrer Schule haben. Nur noch knapp die Hälfte der belgischen Schüler (56,6%) unterstützt inzwischen noch Bemühungen, Akzeptanz gegenüber LGBTIQ+ in den Unterricht mit einzubinden – fünf Jahre zuvor lag dieser Wert noch bei 75,5 Prozent.
Hohes Risiko für Schwule und Lesben
Die jüngsten Daten wurden bestätigt von Unia, dem landesweiten Kompetenzzentrum für Diskriminierung in Belgien. Direktor Patrick Charlier bestätigte überdies, dass homophobe Gewalt auch im Beneluxstaat rapide zugenommen habe, oftmals seien junge Menschen die Täter. Insbesondere Homosexuelle haben demnach ein doppelt so hohes Risiko, Opfer eines Angriffs zu werden, im Vergleich zu allen anderen marginalisierten Gruppen, beispielsweise schwarze Menschen, behinderte Personen oder Juden. Eindeutig erlebe Belgien dabei eine „rückläufige Haltung bei der Akzeptanz“, so Charlier weiter. Mit Bildungs- und Sozialinitiativen müsse nun diesem „extrem besorgniserregenden Trend“ entgegengetreten werden. „Der Anstieg der Intoleranz unter jungen Menschen ist ein Weckruf, der zu konkreten Maßnahmen anregen sollte, um ein sicheres und einladendes Umfeld für alle zu gewährleisten, unabhängig von der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechtsidentität.“
Im Zuge dessen hat sich auch der belgische Gleichstellungsminister Rob Beenders zu Wort gemeldet, er fordert, die Ehe für alle in der Verfassung festzuschreiben, damit sie besser geschützt ist vor womöglich zukünftigen Plänen, diese wieder abzuschaffen. „Wir sehen in den USA täglich, wie Präsident Donald Trump Gesetze von einem Tag auf den anderen kippt. So etwas kann auch hier passieren", so Beenders. Eine Verfassungsänderung ist in Belgien allerdings ein langwieriges, zumeist jahrelanges Verfahren.