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Weltaidstag
Rubrik

Weltaidstag Kampf gegen Neu-Infektionen und Diskriminierung

ms - 29.11.2024 - 16:30 Uhr

Seit 1988 gedenken wir beim Weltaidstag am 1. Dezember den über 42 Millionen Menschen, die bisher an Aids verstorben sind, rund 34.000 in Deutschland. Außerdem soll an diesem Tag zum einen auf die Gefahren von HIV-Infektionen aufmerksam gemacht und zum anderen gegen die Stigmatisierung vorgegangen werden. 

Gute Prävention dank PrEP

Mit wirksamen Therapien und Präventionsmaßnahmen wie der PrEP ist aus der oftmals tödlichen Diagnose eine chronische Erkrankung geworden – das Robert Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass der Einsatz der PrEP trotz zwischenzeitlicher Versorgungsschwierigkeiten in diesem Jahr eine wichtige Rolle im Kampf gegen HIV darstellt, genaue Zahlen gibt es aufgrund der mehrjährigen Corona-Pandemie bisher noch nicht, da diese das normale Sexualverhalten von Schwulen und Bisexuellen (MSM) beeinflusst hatte. 

Die PrEP wird von rund 40.000 Menschen in Deutschland eingenommen, beinahe durchwegs sind das MSM. Doch trotz PrEP sollte HIV auch heute noch nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wir können heute gut mit HIV leben, das heißt aber nicht, dass wir es leichtfertig darauf anlegen müssen. 

Anstieg bei Neu-Infektionen

In Deutschland lebten Ende 2023 nach Angaben des RKI 96.700 Menschen mit HIV. Weltweit sind es laut UNAIDS 39,9 Millionen Menschen. Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist in Deutschland zuletzt innerhalb eines Jahres um rund 16 Prozent auf 2.200 Fälle angestiegen, rund 1.200 sind MSM. Die „gute“ Nachricht: „Im Vergleich zu den Vorjahren blieb der Anteil der Erstdiagnosen mit fortgeschrittener Infektion beziehungsweise im Stadium Aids etwa konstant“, so das RKI. Rund 8.200 Menschen in Deutschland wissen bisher nichts von ihrem positiven HIV-Status, es bedarf also besseren Testangeboten und einem leichteren Zugang zu Therapien. 

Weltweit ist die Lage nicht so gut, wie sie sein sollte: In 28 Ländern ist die Zahl der Neu-Infektionen angestiegen, Einer der Hauptgründe laut UNAIDS dafür ist gerade auch die Kriminalisierung von Homosexuellen in vielen Ländern - überall dort sind die Neu-Infektionen fünfmal höher als anderswo. Weltweit haben sich 2023 insgesamt 1,3 Millionen Menschen neu mit dem Virus infiziert haben, praktisch genau so viele wie im Jahr zuvor. Das angestrebte Ziel für 2023 lag indes bei einer Senkung der Neu-Infektionen um rund 60 Prozent. Aber: Immer  weniger Menschen sterben an Aids – im letzten Jahr waren es „nur“ 630.000 Personen. Zum Vergleich: Vor zwanzig Jahren starben binnen eines Jahres 2,1 Millionen Menschen an den Folgen von Aids. 

Unwissenheit in der Gen-Z

Dabei offenbarte eine neue US-Befragung der queeren Organisation GLAAD 2024 ein neues Problem, das laut den Experten weltweit vielerorts anzutreffen ist: Die junge Generation Z zeigt inzwischen massive Wissenslücken beim Thema HIV auf. Gerade noch 37 Prozent der jungen Befragten gaben an, etwas über das Virus zu wissen, 63 Prozent hingegen zeigten sich unwissend. 

Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung wussten 90 Prozent im Grundsatz Bescheid. Laut den Studienautoren gibt es drei Hauptgründe für diese gefährliche Unwissenheit: Die jungen Menschen wurden nach den Anfängen der Aids-Krise geboren, haben weniger HIV-bezogene Geschichten in den Medien oder der Community mitbekommen und haben zudem offenbar auch weniger Zugang zu HIV-Informationen als frühere Generationen. 

Stigmatisierung von HIV-positiven Menschen

Am anderen Ende des Spektrums, bei den Menschen im Rentenalter, tut sich indes eine zweite Problematik auf, die lange Zeit missachtet oder kleingeredet wurde: Umfragen zeigten 2024 auf, dass 95 Prozent aller Menschen mit HIV in Deutschland diskriminierende Erfahrungen und Stigmatisierung innerhalb eines Jahres gemacht haben, für mehr als die Hälfte (52%) von ihnen beeinträchtigt dies langfristig ihr Leben. Noch immer sind unbegründete Ängste oder Vorurteile vielerorts präsent – ob im Job, beim Arzt oder eben im Seniorenheim. 

Oftmals besonders von genau jener Diskriminierung betroffen sind schwule Männer im Rentenalter. Internationale wie auch deutsche HIV-Fachärzte fordern seit einiger Zeit, dass die Themen „Altern mit HIV“ und „HIV im Alter“ viel stärker in allen HIV-Projekten mit eingeplant werden müssen. Auch viele Hausärzte verstünden dabei bis heute nicht, wie sich HIV auf einen älteren Körper im Laufe der Jahre auswirken kann, trotz bestmöglicher Therapien. „Wir müssen uns nicht nur mit dem Älterwerden des Körpers auseinandersetzen, sondern auch mit dem Fortschreiten der Krankheit“, so Marc Chen, einer der führenden Experten vom Verein SAGE. 

Senioren mit HIV

Ein immer wichtiger werdendes Anliegen, bedenkt man, dass in Deutschland bereits fast die Hälfte der Menschen mit HIV 50+ sind, Tendenz steigend. Die Gesamtzahl der über 40-Jährigen Menschen mit HIV hat sich seit den 1990er Jahren verfünffacht. Nebst dem lebenslangen Kampf für einen diskriminierungsfreien Umgang sowie gegen die Virus-Krankheit selbst, sind viele ältere Männer mit HIV aufgrund ihrer Lebensläufe auch von finanziellen Nöten besonders betroffen – in Deutschland verwehrte der Schwulen-Verbotsparagraph 175 jahrzehntelang vielen Homosexuellen eine berufliche Karriere, dessen Resultat jetzt minimale Renten sind. 

Daneben gibt es aber noch etwas zu bedenken, wie Chens Kollege  und HIV-Experte Terri Wilder betonte: „Wir wissen, dass ältere Menschen Isolation und Einsamkeit auch ohne HIV erleben, aber denken Sie daran, was mit den Menschen passiert ist, bei denen die Diagnose bereits in den 1980er Jahren gestellt wurde. Sie haben durch die HIV-Epidemie eine enorme Anzahl von Freunden und eine größere Gemeinschaft verloren. Eine wirksame Behandlung gab es erst ab 1996, und so hat man heute diese Gruppe von überlebenden Senioren, bei denen alle Freunde gestorben sind.“ 

Berührungsängste in der Community

Verschlimmert wird die Lage dann zudem durch unbegründete Berührungsängste, leider gibt es diese noch immer auch innerhalb der schwulen Community – und sie fügen den Betroffenen oft mehr Schaden zu als die eigentliche Krankheit. Wir gedenken den Opfern, doch noch mehr sollten wir uns alle zusammen bemühen, Menschen mit HIV nicht weiter auszugrenzen. Das sollte die wichtigste Botschaft zum Weltaidstag sein. 

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