Schwule Muskeln Spielt die sexuelle Orientierung eine Rolle beim Training?
Gibt es schwule Muskeln? Oder anders gefragt: Trainieren schwule Männer ihren Körper anders als heterosexuelle Kerle? Und kann man einen schwulen Mann allein an seinen Muskelpartien erkennen? Die Debatten darüber nehmen aktuell in den USA innerhalb der Community an Fahrt auf und haben inzwischen als Trend ihren Weg in die sozialen Medien gefunden.
Unterschiedliches Training
Das Interessante: Der Großteil der schwulen Jungs online ist der festen Überzeugung, dass es deutliche Unterschiede gibt. „Es ist sehr interessant, wie man einem körperlich fitten Mann sofort ansehen kann, ob es sich um schwule oder heterosexuelle Muskeln handelt“, so ein User online. Viele homosexuelle Männer sind sich sicher, an Ihresgleichen einen unterschiedlichen Körperbau erkennen zu können – so ginge es bei Heteros verstärkt nur um Masse und immer mehr Muskelmasse, während Schwule spezieller einzelne Körperpartien trainieren und formen.
Zudem achten Schwule demnach überdies mehr auf Details und scheuen auch nicht davor zurück, jene Praktiken für einen insgesamt gut trainierten Körper anzuwenden, die allgemein noch immer als feminin wahrgenommen werden und daher von vielen Heterosexuellen offenbar eher gemieden werden – beispielsweise Yoga, Pilates oder direkte Fitness-Workouts. Insgesamt würden Homosexuelle außerdem mehr auf die Biegsamkeit und Beweglichkeit ihres Körpers achten.

Was finden Schwule attraktiv?
Unsinn oder ist doch etwas dran? Die beliebte Fitness-Homepage Bony To Beastly befragte dazu schwule und bisexuelle Männer und stellte in der Tat diverse Unterschiede fest. Zunächst einmal stand im Fokus die Frage, welchen Körperbau Schwule am attraktivsten finden: Knapp die Hälfte von ihnen tendierte zum „starken Körperbau“, ein Mann mit Muskelpartien, aber kein Typ Bodybuilder; dieser landete mit 22 Prozent auf Platz 3. Den zweiten Platz indes belegten athletische Körper mit rund 30 Prozent Zustimmung.
Und es gibt weitere besondere Merkmale: Während heterosexuelle Männer demnach vor allem Wert auf Muskeln am Oberkörper legen und den Unterkörper samt Beine statistisch gesehen eher zweitrangig behandeln, wünschen sich Schwule einen insgesamt „ausgewogeneren Körperbau“ und finden auch ein größeres Hinterteil attraktiver. Fast die Hälfte der schwulen Männer (48%) wünscht sich so einen normal trainierten Oberkörper und einen etwas größeren Unterkörper, beginnend beim Gesäß bis hinunter zu den Oberschenkeln und den Waden. Gezielt befragt, welche Muskelgruppen Homosexuelle am attraktivsten finden, zeigt sich indes ein Widerspruch, der unaufgelöst bleibt: Hier dominiert nach wie vor die Brust (46%) gefolgt von Armen und Beinen (15%). Geht es um die Frage, ob der Rücken oder die Brust mehr Priorität genießt, ist ganz klar ebenso die Brust mit 85 Prozent vor dem Rücken (15%). Den berühmt-berüchtigten „Stier-Nacken“ findet allerdings nur eine Minderheit der Schwulen interessant, der allergrößte Teil von ihnen tendiert zu einer dünnen (24%) oder leicht athletischen (63%) Halspartie.
Absage an Steroide
Um den, für sich perfekten Körper zu bekommen, braucht es derweil weiterhin viel Training und Arbeit, die gute Nachricht ist: Nur neun Prozent der Befragten würden dafür Steroide in Erwägung ziehen. Zudem: 94 Prozent der schwulen Männer wünschen sich, dass ihr Partner keine illegalen Substanzen zur Muskelsteigerung einnimmt. Für die Hälfte aller Schwulen wäre dies sogar ein Grund, die Beziehung zu beenden. Die gute Nachricht: Die Körperpartien, die Schwule am attraktivsten finden, bedürfen gar keinen Mittelchen, um besser geformt zu werden – es reicht das klassische Training absolut aus.
Das Fazit der amerikanischen Fitness-Profis: „Männer fühlen sich am meisten zu Männern mit muskulösen, schlanken Körpern hingezogen. Es gibt jedoch eine Grenze für den Grad der Muskulatur, die bevorzugt wird. Darüber hinaus wurden auch schlankere, athletischere Körper mit einem etwas höheren Körperfettanteil als sehr attraktiv angesehen.“ Bei all dem sei natürlich erwähnt, dass die Umfrage auf jene Männer abzielte, die generell einen bestimmten Typus Mann bevorzugen. Für Bärenliebhaber beispielsweise gelten hier natürlich andere Richtlinien.

Eine Frage des Coming-Outs
Ist damit alles gesagt? Nicht direkt. Es gibt einen weiteren Aspekt, warum viele schwule Männer offenbar einen anderen Muskelaufbau haben als Heterosexuelle und der hat tatsächlich ein Stück weit mit dem Coming-Out und der persönlichen Entwicklung zu tun. Die Rede ist dabei von der sogenannten „Spätzünder“-Hypothese. Statistisch gesehen haben demnach Schwule als Jugendliche Sport und vor allem Kraftsport zumeist gemieden, unter anderem tatsächlich aus Desinteresse, womöglich aber auch aus Angst vor Mobbing und Anfeindungen in einem stark maskulinen, auf Dominanz und Gewalt ausgelegten Umfeld. Heterosexuelle indes konnten, sofern das Interesse und die Veranlagung vorhanden waren, bereits schon früh in Sportvereinen oder auch beim Gruppensport wie Fußball ihren Körper in jungen Jahren formen. Die Studienleiter geben zu bedenken, dass dies zwar durchaus eine „starke Verallgemeinerung“ darstelle, aber die Tendenz sich trotzdem herausgebildet habe: „Die Muskeln von heterosexuellen Männern wurden in der Jugend vom Sport geformt, die Muskeln der Schwulen wurden erst im Stadium eines Erwachsen aufgebaut.“
Für wen trainiert man?
Ein gibt aber noch einen weiteren Aspekt neben dem unterschiedlichen Training und der verschiedenartigen Priorisierung, warum muskulöse schwule Männerkörper anders aussehen können als jene von Heterosexuellen. Verstärkt wird dies offenbar auch durch den Blick von außen: Männer jedweder sexueller Orientierung trainieren nicht nur für sich, sondern auch für die Außenwirkung – und damit für die Reaktionen eines potenziellen Beziehungs- oder Sexpartners. Und hier spielen Frauen eine wichtige Rolle – sie legen auch bei einer Vorliebe für muskulöse Männer andere Maßstäbe an als Schwule. Das ganze Training soll also auch andere Gruppen von Menschen ansprechen. Das dürfte so manchen Bisexuellen natürlich in die Bredouille bringen. Ein allerletzter Punkt findet schlussendlich überdies Erwähnung: Schwule Männer posieren anders als Heterosexuelle, sie heben andere Teile ihres Körpers stärker hervor. Am Ende entscheidet also auch die eigene Show darüber, wie schnell schwule Jungs im Fitnessstudio von Gleichgesinnten erkannt werden.