Was sein Kurs für LGBTIQ+ bedeutet Jens Spahn - Offen schwul, konservativ und bald Unionsfraktionschef?
Jens Spahn, CDU-Politiker und ehemaliger Bundesgesundheitsminister, steht kurz davor, neuer Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu werden. Damit würde er nicht nur eine zentrale Rolle in der Union übernehmen, sondern auch als einer der ranghöchsten offen homosexuellen Politiker Deutschlands ein Zeichen setzen. Seine Personalie wirft jedoch Fragen auf – insbesondere im Spannungsfeld zwischen seiner sexuellen Identität und seiner konservativen Haltung zu LGBTIQ+-Themen.
Karriere und Coming-out
Spahn wurde 1980 im westfälischen Ahaus geboren und ist seit 2002 Mitglied des Bundestages. Von 2018 bis 2021 war er Bundesminister für Gesundheit. Sein Coming-out erfolgte 2012 in einem Interview mit dem „Spiegel“. Seit 2017 ist er mit dem Journalisten Daniel Funke verheiratet. Spahn betonte stets, dass er sich nicht über seine Homosexualität definieren wolle: „Ich mache keine schwule Klientelpolitik, sondern will als Gesundheitsexperte die Probleme unserer Zeit lösen.“, sagte er während seiner Amtszeit als Gesundheitsminister.
Kritik an queerer Politik
Trotz seiner offenen Homosexualität äußerte Spahn wiederholt Kritik an queeren politischen Initiativen. Besonders das geplante Selbstbestimmungsgesetz der Ampel-Koalition, das es trans* Personen erleichtern soll, ihren Geschlechtseintrag zu ändern, lehnt er ab. In einem Interview sagte er: „Ich bin nicht queer, ich bin schwul.“ Er warnte davor, dass aus der Idee der Gleichberechtigung eine Ideologie werde, die traditionelle Lebensentwürfe herabsetze.
Diese Haltung stößt in der LGBTIQ+-Community auf Kritik. Der LSVD+ – Verband Queere Vielfalt warf Spahn vor, die Themen Homo- und Transphobie zu instrumentalisieren und Ängste vor Flüchtlingen oder muslimischen Menschen zu schüren.
Aussagen sorgen für Diskussionen
Spahn selbst sieht sich als Vertreter eines konservativen Verständnisses von Gesellschaft. Er betont die Bedeutung von Tradition und Leistung und kritisiert eine seiner Meinung nach elitäre, großstädtisch geprägte Politik. „Millionen Menschen bekommen von einer großstädtisch geprägten Elite vermittelt, dass sie falsch leben.“ , so Spahn.
Diese Aussagen sorgen für Diskussionen. Während einige seine Position als notwendiges Gegengewicht zu einer als übergriffig empfundenen Identitätspolitik sehen, werfen ihm andere vor, transfeindliche Narrative zu bedienen. Die Organisation CSD Deutschland kritisierte, dass Spahn damit eine Trennung zwischen „normalen“ und queeren Menschen zementiere.
Brückenbauer oder Spalter
Sollte Spahn zum Fraktionsvorsitzenden gewählt werden, würde er eine Schlüsselrolle in der Union übernehmen. Seine Haltung zu LGBTIQ+-Themen könnte dabei sowohl innerparteilich als auch gesellschaftlich für Spannungen sorgen. Es bleibt abzuwarten, wie er diese Position nutzen wird, als Brückenbauer zwischen konservativen und queeren Positionen oder als Vertreter eines traditionellen Werteverständnisses.
Für die LGBTIQ+-Community stellt sich die Frage, ob Spahns Aufstieg zu mehr Sichtbarkeit und Akzeptanz führt oder ob seine konservative Haltung den Fortschritt in der Gleichstellungspolitik bremst. Die kommenden Monate werden zeigen, welchen Kurs Spahn einschlagen wird.