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Streit um Migrationspolitik
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Streit um Migrationspolitik LSVD+ spricht von „Fehlverhalten Einzelner“ und will Stigmatisierung von Migranten entgegentreten

ms - 10.09.2024 - 12:00 Uhr
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Der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) fordert eine humane Asylpolitik in Deutschland und betont zusammen mit knapp dreißig weiteren Vereinen, dass Flüchtlingsschutz ein Teil der demokratischen Werte der Bundesrepublik sei. Der LSVD+ reagiert damit auf die aktuellen politischen Debatten rund um eine Verschärfung der Asyl- und Sicherheits- und Migrationspolitik in Deutschland. 

Kritik an asylrechtliche Verschärfungen

So betont der queere Verein, dass die Säulen der Gesellschaft Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte seien: „Sie schützen jeden von uns und wir müssen sie schützen. Die Vielfalt unserer Gesellschaft – von Ideen zu Gedanken, von Herkunft zu Identität – ist unsere Stärke. Für die Rechte aller Menschen in unserer Gesellschaft einzutreten, stärkt auch unsere eigenen Rechte. Die aktuellen Debatten um asylrechtliche Verschärfungen widersprechen diesem Selbstverständnis.“

Das Recht, in Deutschland und Europa Schutz vor Menschenrechtsverletzungen zu suchen, gehöre nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs zur DNA der deutschen Demokratie, so der LSVD+ weiter. „Nach Deutschland geflüchtete Menschen sind Teil unserer Gesellschaft: Sie arbeiten und engagieren sich hier, ziehen ihre Kinder hier groß und gehören hierher. Fehlverhalten einzelner darf niemals dazu führen, dass pauschal bestimmte Gruppen von Menschen stigmatisiert, rassifiziert und als nicht zugehörig markiert werden. Wir lassen uns nicht spalten.“

Faktenlage der Kriminalstatistik

Die Kriminalstatistik von 2023 verzeichnete indes einen Anstieg der Straftaten von 5,5 Prozent binnen eines Jahres, insgesamt wurden fast sechs Millionen Fälle dokumentiert. Die Hasskriminalität gegenüber LGBTI*-Menschen stieg ebenso zuletzt um 65 Prozent innerhalb eines Jahres an. Auffallend an der Kriminalstatistik ist dabei die stark gestiegene Anzahl der Tatverdächtigen, die keine deutsche Staatsangehörigkeit haben – hier stieg die Quote auf 41 Prozent (+ 17,8 Prozent) aller Tatverdächtiger. Unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen waren rund 400.000 Zuwanderer, ein Plus von rund 30 Prozent. 

Der Anstieg bei nichtdeutschen Tatverdächtigen wird vielerorts als alarmierender Faktor gerade für die LGBTI*-Community wahrgenommen, vor allem im Hinblick auf die Studie der Ruhr-Universität Bochum von 2023, die aufzeigte, dass rund 30 Prozent der geflüchteten Migranten in Deutschland die Gleichstellung von Homosexuellen ablehnen, 70 Prozent von ihnen zudem der Auffassung sind, dass die Religion über den Grundgesetzen der Bundesrepublik steht. 

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) hatte im Zuge dessen die Diskrepanz zwischen 41 Prozent der nichtdeutschen Tatverdächtigen bei einem Ausländeranteil in der Gesamtgesellschaft von gerade einmal rund 15 Prozent betont und erklärt, dass Deutschland am „Integrationslimit“ angekommen sei.

Verhandlungen über Migrationspolitik

Heute soll es weitere Gespräche zur Migrationspolitik zwischen Regierung und den Bundesländern geben, auch die Unionsfraktion hat ihre Teilnehme bestätigt. Zuvor hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser gestern Kontrollen an allen deutschen Grenzen ab dem 16. September angeordnet. Zudem arbeite die Regierung an einem Modell für „europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen“. Weitere Details nannte sie nicht. 

In diesen Tagen hatten sich auch Kommunen und Landkreise für eine spürbare Begrenzung der irregulären Migration nach Deutschland ausgesprochen. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, erklärte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, es müsse kontrolliert werden, wer ins Land komme, zudem müssten die Grenzen geschützt werden. Dabei betonte er auch, dass die Kommunen von der bisherigen Zuwanderung überfordert seien, es fehle beispielsweise an Unterkünften und Personal. Zudem hätten sich die Probleme mit Gewaltkriminalität von Zuwanderern verschärft, so der Landkreistagspräsident weiter.  

LSVD+ spricht von Stimmungsmache

Der LSVD+ betont hingegen im Zusammenschluss mit den anderen Verbänden wie beispielsweise Amnesty International oder auch der Bundesarbeitsgemeinschaft PRO ASYL: „Mit einem ´Wir gegen die Anderen´ wird gegen bestimmte gesellschaftliche Gruppen Stimmung gemacht. Gehetzt wird gegen queere Personen, eingewanderte oder rassifizierte Menschen, Arbeitslose, Menschen mit Behinderung und andere gesellschaftliche Gruppen. Gewalt an den Grenzen – selbst gegen Kinder – wird normalisiert. Gleichzeitig werden die Institutionen des Rechtsstaats angegriffen – von der Unabhängigkeit der Justiz bis zur Arbeit von Anwält*innen. Eine solche Entwicklung lassen wir in Deutschland nicht noch einmal zu. Demokratische Parteien müssen hierfür an einem Strang ziehen, um den Versuchen der Spaltung den Zusammenhalt der Gesellschaft entgegenzustellen.“

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