Neue Kritik an der ePA Ärzte müssen digitale Patientenakte trotz Warnungen nutzen
Ab morgen müssen Ärzte verpflichtend die elektronische Patientenakte bei all jenen Patienten einsetzen, die einer Nutzung der ePA bei ihrer Krankenkasse bisher nicht widersprochen haben. Einen Tag vor Start der Nutzungspflicht für Ärzte wird erneut massiv Kritik laut an dem Verfahren. Noch immer befürchten auch queere Verbände besondere Probleme wie Diskriminierung und Stigmatisierung von LGBTIQ+-Personen oder auch Menschen mit HIV.
Wenig Informationen über die ePA
Nach Auskunft der Krankenkassen nutzen bisher nur sehr wenige Menschen die angebotene App zur Einsicht ihrer elektronischen Patientenakte (ePA), über die Hälfte der Bundesbürger (54%) fühlt sich wenig oder gar nicht ausreichend informiert, wie die AOK mitteilte. Bundesärztekammer-Präsident Reinhardt betonte trotzdem, dass die ePA eine große Chance biete, die Qualität von Behandlungen zu verbessern. Allerdings entfalte das neue System seinen Nutzen nur, wenn die ePA stets vollständig und aktuell sie. Für Ärzte und Ärztinnen ist die Einspeisung der Patientendaten in die ePA ab ersten Oktober Pflicht, insofern Patienten nicht bei ihrer Krankenkasse widersprochen haben. Ein Widerspruch kann auch nach dem morgigen Tag jederzeit erfolgen, die Daten müssen dann aus der ePA gelöscht werden.
Neue Kritik am System
Die Kritik an der Patientenakte reißt indes nicht ab, jetzt beklagte auch die Freie Ärzteschaft die noch immer vorhandenen „gravierenden Sicherheitslücken“. Zuvor hatte der Chaos Computer Club (CCC) mehrfach aufgezeigt, wie leicht Kriminelle an persönliche Patientendaten gelangen können.
In der Community blicken ebenso mehrere Vereine kritisch auf die ePA, beispielsweise der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) oder auch die Hamburger Aidshilfe. Kritik kam auch vom queerpolitischen Sprecher der Linksfraktion, Maik Brückner, der queeren Menschen nahelegte, sich mit den „Risiken und Nebenwirkungen der ePA in ihrem individuellen Fall“ auseinanderzusetzen. Die Ängste konnten bisher nicht ausgeräumt werden, dass besonders sensible Daten wie beispielsweise die sexuelle Orientierung, Geschlechtskrankheiten oder der HIV-Status für viele Menschen im Gesundheitssystem jetzt einsehbar werden, zum Beispiel allein durch die Liste der verschriebenen Medikamente. Dazu kommen Bedenken vor neuer Diskriminierung und möglichen Zwangsoutings.
Fehlender Datenschutz und Ausfälle
Die Freie Ärzteschaft sorgt mit ihren jüngsten Äußerungen da nicht für Beruhigung – der Verbund betonte, die technische Verfügbarkeit entspreche nicht den Anforderungen, schon beim E-Rezept führten häufige Systemausfälle zu massiven Problemen – wie solle das dann erst mit der ePA werden? Ärzte und Apotheker sprächen laut dem Verein inzwischen davon, dass das E-Rezept in puncto Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn den Rang abgelaufen habe. Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband hat den Nachholbedarf beim Datenschutz ins Feld geführt und betonte dabei als Beispiel sensible Daten einer Psychotherapie, die dann auch anderen Ärzten wie dem Zahnarzt zur Verfügung stehen würden.