Neue Kritik an der ePA Die Linksfraktion erfragte vom Bundesgesundheitsministerium eine genaue Einschätzung der möglichen Gefahren für LGBTIQ+-Menschen
Ende April startete die elektronische Patientenakte (ePA) bundesweit in Deutschland, kurz darauf zeigte der Chaos Computer Club (CCC) erneut massive technische Sicherheitslücken auf. Auch in der Community sind die Bedenken bis heute groß, zu hoch die potenzielle Gefahr, dass äußerst vertrauliche Daten in falsche Hände geraten könnten.
Nachdem im April gegenüber SCHWULISSIMO sowohl der Verband Queere Vielfalt (LSVD+) wie auch die Hamburger Aidshilfe nach wie vor ebenso ihre Zweifel zum Ausdruck brachten, nahm Maik Brückner, Bundestagsabgeordneter der Links-Fraktion, dies zum Anlass, um noch einmal konkret beim Bundesgesundheitsministerium nachzufragen, wie die Gefahrenlage für queere Menschen oder auch Personen mit HIV aktuell eingeschätzt wird. Die Antwort des Ministeriums liegt SCHWULISSIMO exklusiv vor.
Verweis auf Eigenverantwortung
Der bisherige Parlamentarische Staatssekretär Prof. Dr. Edgar Franke vom Bundesgesundheitsministerium erklärte, die ePA sei datenschutzkonform und verwies im weiteren Verlauf auf die Eigenverantwortung der Patienten: „Die ePA ist eine versichertengeführte Patientenakte. Das heißt, dass die Versicherten die ePA selbst verwalten und verschiedene Widerspruchs- und Zugriffsrechte ausüben können.“
Darüber hinaus betonte das Bundesgesundheitsministerium erneut die Widerspruchsmöglichkeit (Opt-Out-Verfahren): „Zudem haben Ärztinnen und Ärzte bei der Übermittlung und Speicherung von Daten in die ePA, deren Bekanntwerden Anlass zu Diskriminierung oder Stigmatisierung geben kann, eine besondere Verpflichtung, explizit auf das Widerspruchsrecht gegen die Übermittlung und Speicherung solcher Daten in die ePA hinzuweisen. Zu diesen Daten zählen insbesondere Daten zu sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen.“
Unbefriedigende Antworten
Brückner von der Linksfraktion überzeugte diese Antwort nicht – gegenüber SCHWULISSIMO erklärte er: „Die Antwort der scheidenden Bundesregierung auf meine schriftliche Frage zur elektronischen Patient*innenakte bleibt unbefriedigend. Denn trotz Verweis auf die Möglichkeit der Löschung bei Einträgen, die Diskriminierungspotentiale beinhalten, kann das Bundesgesundheitsministerium die Bedenken aus meiner Sicht nicht vom Tisch wischen. Queere und weitere Organisationen von potenziell Betroffenen haben weiterhin viele Bedenken und zuletzt hat wieder einmal der Chaos Computer Club Sicherheitslücken entdeckt. Unbestritten kann die ePA in der Behandlung Vorteile haben, doch ich rate queeren Menschen und weiteren verletzlichen Gruppen sich mit den Risiken und Nebenwirkungen der ePA in ihrem individuellen Fall auseinanderzusetzen.“
Mit Blick auf die seit dieser Woche neuen Bundesregierung betont Brückner weiter: „Die neue Bundesregierung steht nun in der Pflicht, nicht nur Informationen auf ihre Homepage zu setzen und auf die Krankenkassen zu verweisen, sondern Informationen zu möglichen Diskriminierungen breiter zugänglich zu machen, sich intensiv mit der Zivilgesellschaft auszutauschen und wirklich alles daran zu geben, dass Sicherheitslücken fortwährend geschlossen werden, so dass die ePA nicht zusätzliches Leid erzeugt.“