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Home Alone

Home Alone Über zwei Millionen LGBTIQ+-Menschen leben allein, Tendenz weiter steigend

ms - 16.07.2025 - 11:00 Uhr
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Über zwei Millionen Homosexuelle und queere Menschen in Deutschland leben allein – damit hält der Trend der letzten Jahre weiter an, wie jetzt die neusten Daten des Bundesamtes für Statistik für 2024 belegen. Im Schnitt ist jeder fünfte Bundesbürger (20,6%) „home alone“, insgesamt rund 17 Millionen Menschen. 

Allein leben im Alter

Die Bundesbehörde betont dabei eindringlich, dass die Zahl der alleinlebenden Menschen in den letzten zwanzig Jahren rapide angestiegen ist um fast 22 Prozent. Noch im Jahr 2004 gab es nur 14 Millionen Deutsche, die nicht mit einem Partner, einer Familie oder mit Kindern zusammenlebten. 

Einmal mehr besonders betroffen davon waren auch 2024 Senioren – in der Altersgruppe 65+ lebt inzwischen jeder Dritte (34%) alleine, bei den über 85-Jährigen ist es sogar mehr als jeder Zweite (56%). Ein Problem, das besonders auch in der schwulen Senioren-Community stark ausgeprägt ist, bedingt unter anderem durch den Schwulen-Verbotsparagrafen 175, der für viele schwule Männer ein normales Beziehungsleben lange Zeit massiv erschwerte. Erst 1994 wurde der Paragraf final abgeschafft. 

Allein leben in jungen Jahren

Die zweite große Problemgruppe in der Community sind junge Menschen, die spätestens seit der Corona-Pandemie verstärkt mit Depressionen und Einsamkeit zu kämpfen haben. Die neuste Datenlage zeigt dabei auf: Auch unter den 25- bis 34-Jährigen ist der Anteil der Singles mit 28 Prozent überdurchschnittlich hoch. 

Nebst den gesundheitlichen Aspekten verstärkt ein Leben ohne Partner auch anderweitig Probleme: „Alleinlebende sind besonders häufig von Armut bedroht. Nach den Ergebnissen der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen 2024 waren 29 Prozent der Alleinlebenden armutsgefährdet. Die Armutsgefährdungsquote von Alleinlebenden war damit fast doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung (15,5 %)“, so das Bundesamt für Statistik weiter. Überdies betonte die Behörde: „Armut ist vielschichtig und geht über die reine Armutsgefährdung hinaus. Gut ein Drittel (35,1 %) aller Alleinlebenden war im letzten Jahr von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.“ In Deutschland sind fast zwei Millionen LGBTIQ+-Menschen armutsgefährdet

Einsamkeit bleibt großes Problem

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch das Thema Einsamkeit gerade unter Alleinlebenden in Deutschland omnipräsent ist, jeder Vierte (25,8%) fühlt sich einsam. Zum Vergleich: Im gesamtgesellschaftlichen Durchschnitt sind es „nur“ knapp 16 Prozent. „Ganz besonders oft waren jüngere Alleinlebende unter 30 Jahren von Einsamkeit betroffen (35,9 %).“ Erneut zeigt sich die Problematik innerhalb der queeren Community als sehr stark ausgeprägt – durch Diskriminierung, Stigmata, Hasskriminalität und Angst vor Mobbing und Ausgrenzung wird das Gefühl der Einsamkeit in der jungen Generation Z noch verstärkt, die sich inzwischen zu 22 Prozent als LGBTIQ+ definiert.  

Deutschland – ein sehr einsames Land in der  EU?

Die Bundesrepublik legt dabei einen traurigen Negativ-Rekord hin: Anteilig leben hier mehr Menschen allein als in den meisten anderen Staaten der Europäischen Union. Laut der europäischen Statistikbehörde Eurostat beträgt der Durchschnitt der Alleinlebenden in der EU gerade einmal rund 16 Prozent. Deutschland ist mit über 20 Prozent also einer der Spitzenreiter, nur in Litauen (27%), Finnland (25,8%), Dänemark (24,1%) sowie Estland (22,3%) und Schweden (22,2%) leben anteilig noch mehr Menschen allein. 

Bemerkenswert: Alle anderen Länder zeichnen sich im Gegensatz zu Deutschland mit einer deutlich geringeren Bevölkerungsdichte aus. Oder anders gesagt: Obwohl in der Bundesrepublik viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, leben viele von ihnen allein. Das zeigt sich auch mit Blick auf Einpersonenhaushalte: Sie sind in Deutschland mit fast 42 Prozent der häufigste Haushaltstyp. In den letzten zwanzig Jahren lebten immer mehr Menschen allein in einer Wohnung. „In Zukunft werden Einpersonenhaushalte noch häufiger vertreten sein: Der Vorausberechnung der Privathaushalte zufolge wird ihr Anteil im Jahr 2040 bereits über 45 Prozent betragen“, betonte das Bundesamt für Statistik abschließend. 

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