Direkt zum Inhalt
Argentinien macht ernst

Argentinien macht ernst LGBTI*-Verbände betonen, Staatspräsident Milei drehe „die Uhren zurück“

ms - 13.08.2024 - 13:00 Uhr
Loading audio player...

Der argentinische Staatspräsident Javier Milei (53) hat die Anti-Diskriminierungsstelle im Land geschlossen. Als Begründung nannte ein Regierungssprecher heute zum einen die Einschätzung, dass die Einrichtung keinen Zweck erfülle und betonte zum anderen, dass die Regierung an einer neuen Strukturierung der Menschenrechtspolitik arbeite. Kritik kommt von mehreren LGBTI*-Verbänden, Milei würde mit seiner Politik für immer mehr LGBTI*-Menschen „die Uhren zurückdrehen“.

Entsetzen bei LGBTI*-Verbänden

Damit schließt das Nationale Institut gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, kurz INADI, nach fast dreißigjähriger Tätigkeit; im Jahr 1995 war die Einrichtung entstanden, um Menschen vor Diskriminierung zu schützen, explizit auch gegen jene, die sich gegen die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität richtet. Die Behörde hatte zuletzt rund 400 Mitarbeiter und bearbeitete etwa 2.500 Fälle jährlich. 

LGBTI*-Verbände in Argentinien zeigen sich entsetzt und bestreiten die Begründung von Milei und verweisen unter anderem auf eine Studie der Universität Buenos Aires, demnach jeder dritte Argentinier (35%) Diskriminierung erlebt. Das Institut habe zudem einen entscheidenden Beitrag für die Einführung der Homo-Ehe sowie für mehr Rechte von Trans-Menschen im Land geleistet.

Kritischer Moment der Geschichte

„Es ist sehr ernst, vor allem, weil wir uns in Argentinien in einem kritischen Moment befinden, nicht nur wegen des lokalen Kontextes, sondern auch wegen des globalen Kontextes, in dem Antisemitismus, Rassismus, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und LGBT-Phobie zunehmen“, so der schwule Kongressabgeordnete Esteban Paulón gegenüber dem Washington Blade.

Paulón betonte zudem, dass es gerade einmal drei Monate her ist, dass in Buenos Aires drei lesbische Frauen brutal ermordet worden sind. „INADI hat in vielen Fällen als Hilfskraft der Justiz gehandelt, mit Stellungnahmen, die zwar nicht bindend waren, aber eine große Unterstützung für die Justizinstanzen darstellten“, so der Abgeordnete weiter. 

Allein auf weiter Flur 

LGBTI*-Verbände forderten inzwischen die Regierung auf, zu erklären, wie sie künftig die Rechte von Homosexuellen gewährleisten will. Der schwule Aktivist Santiaga D'Ambrosio sagte dazu: „Die Schließung von INADI ist eine Entscheidung, die die Diskriminierung nicht nur gegenüber sexueller Vielfalt, sondern auch gegenüber so vielen anderen unterdrückten, verletzten oder verfolgten Menschen, wie Arbeitern, Migranten und Menschen mit Behinderungen, befeuert.“ Von nun an müssten sich alle homosexuellen Argentinier im Land selbst organisieren, „unabhängig von allen Regierungsmitarbeitern, die sich nicht wirklich für unser Leben interessieren.“ 

Institute „ohne Zweck“

Der Sprecher des Präsidenten, Manuel Adorni, betonte indes, man wolle am Plan festhalten und die öffentliche Verwaltung reformieren und straffen sowie die Menschenrechtspolitik umstrukturieren. „Eines der Ideale von Präsident Milei ist die Verkleinerung des Staates und die Abschaffung von allem, was den Argentiniern keinen Nutzen bringt. Die Entscheidung wurde jetzt getroffen, um bei der Zerschlagung verschiedener Institute voranzukommen, die in der Tat absolut keinen Zweck erfüllen oder nur große Brutstätten der Politik sowie überdies Orte sind, um militante Arbeitsplätze zu schaffen.“ Mileis Regierung hatte bereits auch anderweitig ähnliche Schritte vorgenommen, zu Beginn des Jahres wurde so das Ministerium für Frauen, Gender und Diversität geschlossen. 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.