Argentinien macht ernst LGBTI*-Verbände betonen, Staatspräsident Milei drehe „die Uhren zurück“
Der argentinische Staatspräsident Javier Milei (53) hat die Anti-Diskriminierungsstelle im Land geschlossen. Als Begründung nannte ein Regierungssprecher heute zum einen die Einschätzung, dass die Einrichtung keinen Zweck erfülle und betonte zum anderen, dass die Regierung an einer neuen Strukturierung der Menschenrechtspolitik arbeite. Kritik kommt von mehreren LGBTI*-Verbänden, Milei würde mit seiner Politik für immer mehr LGBTI*-Menschen „die Uhren zurückdrehen“.
Entsetzen bei LGBTI*-Verbänden
Damit schließt das Nationale Institut gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, kurz INADI, nach fast dreißigjähriger Tätigkeit; im Jahr 1995 war die Einrichtung entstanden, um Menschen vor Diskriminierung zu schützen, explizit auch gegen jene, die sich gegen die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität richtet. Die Behörde hatte zuletzt rund 400 Mitarbeiter und bearbeitete etwa 2.500 Fälle jährlich.
LGBTI*-Verbände in Argentinien zeigen sich entsetzt und bestreiten die Begründung von Milei und verweisen unter anderem auf eine Studie der Universität Buenos Aires, demnach jeder dritte Argentinier (35%) Diskriminierung erlebt. Das Institut habe zudem einen entscheidenden Beitrag für die Einführung der Homo-Ehe sowie für mehr Rechte von Trans-Menschen im Land geleistet.
Kritischer Moment der Geschichte
„Es ist sehr ernst, vor allem, weil wir uns in Argentinien in einem kritischen Moment befinden, nicht nur wegen des lokalen Kontextes, sondern auch wegen des globalen Kontextes, in dem Antisemitismus, Rassismus, Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und LGBT-Phobie zunehmen“, so der schwule Kongressabgeordnete Esteban Paulón gegenüber dem Washington Blade.
Paulón betonte zudem, dass es gerade einmal drei Monate her ist, dass in Buenos Aires drei lesbische Frauen brutal ermordet worden sind. „INADI hat in vielen Fällen als Hilfskraft der Justiz gehandelt, mit Stellungnahmen, die zwar nicht bindend waren, aber eine große Unterstützung für die Justizinstanzen darstellten“, so der Abgeordnete weiter.
Allein auf weiter Flur
LGBTI*-Verbände forderten inzwischen die Regierung auf, zu erklären, wie sie künftig die Rechte von Homosexuellen gewährleisten will. Der schwule Aktivist Santiaga D'Ambrosio sagte dazu: „Die Schließung von INADI ist eine Entscheidung, die die Diskriminierung nicht nur gegenüber sexueller Vielfalt, sondern auch gegenüber so vielen anderen unterdrückten, verletzten oder verfolgten Menschen, wie Arbeitern, Migranten und Menschen mit Behinderungen, befeuert.“ Von nun an müssten sich alle homosexuellen Argentinier im Land selbst organisieren, „unabhängig von allen Regierungsmitarbeitern, die sich nicht wirklich für unser Leben interessieren.“
Institute „ohne Zweck“
Der Sprecher des Präsidenten, Manuel Adorni, betonte indes, man wolle am Plan festhalten und die öffentliche Verwaltung reformieren und straffen sowie die Menschenrechtspolitik umstrukturieren. „Eines der Ideale von Präsident Milei ist die Verkleinerung des Staates und die Abschaffung von allem, was den Argentiniern keinen Nutzen bringt. Die Entscheidung wurde jetzt getroffen, um bei der Zerschlagung verschiedener Institute voranzukommen, die in der Tat absolut keinen Zweck erfüllen oder nur große Brutstätten der Politik sowie überdies Orte sind, um militante Arbeitsplätze zu schaffen.“ Mileis Regierung hatte bereits auch anderweitig ähnliche Schritte vorgenommen, zu Beginn des Jahres wurde so das Ministerium für Frauen, Gender und Diversität geschlossen.