Ein besonderes Seniorenheim Ein Leben in Würde soll eine neue Einrichtung homosexuellen Opfern der Franco-Diktatur ermöglichen
Spanien würdigt mit einem besonderen Projekt schwule und lesbische Senioren – in Madrid wird Ende Juni dieses Jahres ein neues Altenheim eröffnet, das speziell für jene homosexuellen Rentner gedacht ist, die unter der Franco-Diktatur Verfolgung, Angriffe und Diskriminierung erlebt haben.
Verhaftung, Folter und Willkür
Während dem Franco-Regime unter dem rechtsgerichteten Diktatur Francisco Franco zwischen 1936 und 1975 war das Leben von Homosexuellen einer ständigen Bedrohung ausgesetzt. Der General ließ tausende Schwule und Lesben nur aufgrund ihrer sexuellen Orientierung jagen und verhaften, all jene, die dem nationalistischen, katholisch geprägten Gesellschaftsmodell aus seiner Sicht nicht entsprachen. Besonders auf schwule Männer hatte es die Polizei in jenen Tagen abgesehen.
In Gefangenschaft waren viele von ihnen Willkür und Folter ausgesetzt – in Huelva und in Badajoz gab es dabei spezielle Gefängnisse nur für Homosexuelle. Trotz Bemühungen um Entschädigungen warten viele der lebenden Opfer bis heute auf eine echte Form der Gerechtigkeit. Das Perfide: Die allermeisten Dokumente aus der Zeit wurden vernichtet, konkrete Belege über die Menschenrechtsverbrechen gegen Homosexuelle existieren kaum noch. Noch immer gibt es im Land außerdem mehr als 2.000 anonyme Massengräber, in denen auch viele Homosexuelle ihre letzte Ruhestätte gefunden haben sollen.
Ein Martyrium über Jahrzehnte
Ähnlich wie in Deutschland unter dem einstigen Schwulen-Verbotsparagrafen 175 bedeutete eine Verhaftung oder Verurteilung auch in Spanien eine lebenslange Scham, die Betroffenen waren hier wie dort als Kriminelle gebrandmarkt und bekamen nach ihrer Freilassung keine vernünftigen Jobs. Die Polizei informierte damals zudem die Nachbarschaft über den „schwulen Verurteilten“ – ein Leben in Armut bis ins hohe Alter hinein war vorgezeichnet. Überlebende berichteten in den letzten Jahren immer wieder von einem „jahrzehntelangen Martyrium“.
Letzte Lebensjahre in Würde
Trotz einer inzwischen queerfreundlichen Politik in Spanien gibt es in vielen anderen Seniorenheimen bis heute noch Vorurteile gegenüber Homosexuellen, immer wieder erleben sie dort abermals Diskriminierung und Mobbing, immer wieder müssen sie ihre Identität als schwuler Mann oder lesbische Frau verstecken. Die neue Einrichtung im Stadtviertel Villaverde Alto in Madrid soll nun schwulen und lesbischen Überlebenden die Chance geben, ihre letzten Lebensjahre in Würde gestalten zu können. Die feierliche Eröffnung ist für den 28. Juni geplant – ein bewusst gewähltes Datum: In der Nacht zum 28. Juni 1969 begannen die Stonewall-Aufstände in New York, der Beginn aller Pride- und CSD-Demonstrationen heutiger Tage.