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Studie der Charité
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Studie der Charité Die Impfung gegen Affenpocken hat eine hohe Wirksamkeit – nur bei Menschen mit HIV deutlich weniger

ms - 20.03.2025 - 10:00 Uhr

Im Jahr 2022 sorgte der weltweite Ausbruch der Affenpocken für viel Angst und Bedenken innerhalb der Community, bis auf wenige Ausnahmen steckten sich damals ausschließlich schwule und bisexuelle Männer nach sexuellen Kontakten mit der Virusvariante Klade IIb an. Insgesamt wurden mehr als 100.000 Fälle in 122 Ländern erfasst, in Deutschland kam es offiziell zu rund 3.800 Fällen. 

Letztes Jahr dann wurden neue Fälle von Mpox dokumentiert, inklusive der deutlich gefährlicheren Variante Klade Ib – sowohl das Ansteckungsrisiko wie auch die Gefahr für einen schweren Verlauf sind hier deutlich erhöht. Die Sterblichkeitsrate ist laut der US-Seuchenbehörde CDC rund 25 mal größer, besonders für Menschen mit HIV. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte im letzten Jahr für den Klade-I-Ausbruch eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite und rief ähnlich wie das Robert Koch-Institut in Deutschland zu Impfungen auf. 

Hohe Wirksamkeit der Impfung 

Eine neue Studie der Berliner Charité belegt nun die hohe Wirksamkeit des Pocken-Impfstoffs Imvanex, bereits eine Dosis hat demnach eine Schutzwirkung von 84 Prozent, üblich ist eine Zweifach-Impfung im Abstand von rund vier Wochen. „Bei Menschen mit HIV ist dagegen nach einer Impfdosis der Schutz noch unzureichend. Alle Risikogruppen, insbesondere aber Menschen mit HIV, sollten daher die empfohlene zweite Impfdosis erhalten“, so das Forschungsteam der Charité weiter. Zu den besonderen Risikogruppen zählen dabei weiterhin auch sexpositive schwule und bisexuelle Männer. An der umfassenden Studie nahmen rund 9.300 Menschen unter der Leitung von Prof. Leif Erik Sander, Direktor der Klinik für Infektiologie und Intensivmedizin der Charité, teil. 

Geringer Impfschutz bei HIV-Positiven 

Zu dem Ergebnis, dass der Impfschutz bei Menschen mit HIV so gering ist, erklärte Sander: „Der Grund liegt vermutlich darin, dass für den Aufbau des Immunschutzes nach der Impfung bestimmte Immunzellen, die T-Zellen, nötig sind. Bei Menschen mit HIV sind diese T-Zellen häufig reduziert und nicht voll funktionsfähig, sodass die Immunantwort schwächer ausfällt. Dazu passt auch unsere Beobachtung, dass bei ihnen nach der Impfung weniger lokale und systemische Nebenwirkungen auftraten.“

Prof. Florian Kurth, der Leiter der Arbeitsgruppe für klinische Infektionsforschung an der Charité, betont so ebenso die Wichtigkeit einer zweiten Impfdosis: „Wir gehen davon aus, dass sich bei Menschen mit HIV nach der zweiten Impfdosis ein Schutz gegen Mpox entwickelt, und legen ihnen dringend nahe, sich die von der STIKO empfohlenen zwei Impfdosen verabreichen zu lassen. Wir empfehlen auch allen anderen Risikogruppen, die beiden Impfungen zu komplettieren. Das Immunsystem baut typischerweise einen länger andauernden Immunschutz auf, wenn es sich mehr als einmal mit dem Vakzin auseinandergesetzt hat.“ Wie hoch die Schutzwirkung nach zwei Impfungen genau ist, müssen allerdings erst weitere Studien zeigen. 

Schutz vor neuer Mpox-Welle

Selbst bei einer Ansteckung sorge die Zweifach-Impfung allerdings zumeist für einen deutlich milderen Krankheitsverlauf. Zudem, so Kurth weiter: „Mit weniger Pocken sinkt mutmaßlich auch das Risiko einer Übertragung des Virus. Eine vollständige Impfung dürfte einem Wiederaufflammen von Mpox-Ausbrüchen daher entgegenwirken.“

Die Nebenwirkungen der Impfung sind zumeist gering und leicht, in den meisten Fällen kam es nur zu leichten Schmerzen an der Einstichstelle. „Die Mpox-Impfung ist also sicher und insgesamt gut verträglich. Zu beachten ist, dass der Impfschutz erst nach etwa 14 Tagen vollständig aufgebaut ist. Zusätzlich sollten allgemeine Präventionsmaßnahmen wie die Nutzung von Kondomen ergriffen werden – auch zum Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten“, so Kurth abschließend. 

Fokus auf die neue Virus-Variante 

Die neuen Studienergebnisse beziehen sich dabei auf die erste Variante von Mpox aus dem Jahr 2022, der Klade IIb, nicht aber auf die gefährlichere Klade I, die seit letztem Jahr grassiert – auch in Deutschland kam es im letzten Jahr zu einem solchen Fall. Dennoch hält die Charité dazu fest: „Aufgrund des hohen Verwandtschaftsgrades mit der Klade I, die momentan in Zentralafrika und angrenzenden Regionen grassiert, gehen die Forschenden jedoch von einem sehr hohen Kreuzschutz aus. Ihnen zufolge dürften die Studienergebnisse deshalb auch für den aktuellen Klade-I-Ausbruch in Afrika relevant sein.“ Noch unklar sei dabei, wie lange der Impfschutz anhält. Im nächsten Schritt plant das Forschungsteam daher Langzeitstudien. 

Bei einer Infektion mit Mpox kommt es zumeist zu Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, außerdem schwellen die Lymphknoten an. Kurz darauf bilden sich schmerzende Pusteln auf der Haut und den Schleimhäuten, gerade auch an jenen Stellen, die bei der Übertragung während des sexuellen Kontakts eine Rolle gespielt haben. Schwere Krankheitsverläufe können zu starken Vernarbungen und langfristigen Schäden führen.

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