Direkt zum Inhalt
Zweifel junger Schwuler

Zweifel junger Schwuler Von Männlichkeitsanforderungen und Körpernormen

ms - 04.12.2024 - 14:00 Uhr
Loading audio player...

Körperkult und besondere Anforderungen und Vorstellungen an das Bild von Männlichkeit – bis heute müssen sich vor allem gerade auch junge Schwule damit herumschlagen. Und der Druck wächst, wie Sozialpädagoge und Dozent Lucas Deiner bestätigt.  

Der Druck des schwulen Körperkults 

Im Rahmen der Männer-Akademie im Schwulen Kommunikationszentrum Sub in München will Deiner nicht nur über Männlichkeitsideale aufklären, die junge Homosexuelle zunehmend unter Druck setzen, sondern auch Wege aus dem jugendlichen Karussell im Kopf anbieten. 

„Die Lebensphase der Adoleszenz ist eine besondere Herausforderung. Junge Menschen festigen die Beziehung zu ihrem Selbst, verschiedenen sozialen Kontexten sowie zum eigenen Begehren und Körper. Dabei müssen sich schwule Jugendliche und junge Männer stets auch mit schwulen Männlichkeitsanforderungen und Körpernormen auseinandersetzen. Das erzeugt bei vielen eine eigene Qualität von Druck“, so der Experte.

Deiner trifft in seiner Arbeit als Sozialpädagoge bei der LGBTI*-Jugendorganisation diversity München oft auf junge Schwule mit solchen Problemen. „Dieser Druck kann am ehesten als Anpassungsdruck beschrieben werden, insbesondere auf der Ebene von Körperformung und männlicher Performance.“

Schwule Kommunikation online

Insbesondere beim Online-Dating erlebten die Betroffenen sehr schnell, was es scheinbar heißt, „schwul“ zu sein. Hier lernen junge Schwule laut Deiner eine „schwule Art der Kommunikation“: knapp, wirtschaftlich, oberflächlich. Alles wird aufs Sexuelle verkürzt. Zu einem gesunden Selbstbewusstsein trage dies nicht unbedingt bei. Und immer mehr kommen dabei erneut klassische Fragen und Unsicherheiten auf: Bin ich genug? Kann ich mithalten? 

Und die Jugendlichen selbst? Deiner hat im Rahmen seiner Masterarbeit viele Interviews mit jungen schwulen Männern zu diesem Thema geführt: „Viele wünschen sich demnach dezidiert entsexualisierte Räume, wo es um sie als ganze Person geht und nicht um sie als schwulen Sexualpartner.“ 

Die reale Community als Gegenentwurf 

Hilfe und einen Gegenpol könne hier insbesondere die nicht-kommerzielle Schwulenszene mit ihren Organisationen, Vereinen und Gruppen anbieten und so ein besonderes Empowerment ermöglichen, betont Deiner weiter. „Einmal, indem sie sich mit schwulen Männern und deren Körperbild abseits stereotyper Ästhetik und sexueller Performance auseinandersetze und zum anderen, indem sie die Vielfalt von Männerkörpern und Männlichkeiten zur Darstellung bringt. Damit kann sie Normen brechen.“ 

Der Sozialpädagoge wünscht sich, dass die Gay-Community mehr zu einem Ort von vielschichtigen Verbindungen wird. „Mein Anliegen wäre, dass am Ende klar ist, warum eine Beschäftigung mit dem schwulen männlichen Körper lohnend ist, genauso wie ein aufmerksamer Blick in die Szeneräume, die wir schaffen. Sie sollten inklusiv sein, um Schutzräume für alle schwulen Männer zu schaffen“, so Deiner.

Beim Vortrag im Sub wird Deiner detailliert auf die Thematik eingehen – begleitet wird der Abend von der Ausstellung von Alexander Deeg „Boudoir II“, der Schwerpunkt liegt auf „Normalität“, gezeigt werden „normale“ schwule Männer. Die Männer-Akademie im Münchner Sub gibt es seit 2013 mit dem Ziel, spezifische Anliegen von Männern mehr in den Fokus zu rücken, um die sich oftmals viel zu wenig gekümmert wird. 

10. Dezember / 19:30 Uhr / Sub München

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Opfer mit Böller angegriffen

Verdächtige 16 und 18 Jahre alt

Vor zwei Monaten kam es im Hamburger Stadtpark zu einem schwulenfeindlichen Angriff. Zwei Brüder wurden nun als Hauptverdächtige festgenommen.
Bilanz ESC 2025

Mehrwert für die Schweiz

Die Schweiz zieht ein positives Fazit über den ESC 2025 in Basel: Die Kassen klingelten und das Image hat sich deutlich verbessert.
Schwules Paar überfahren

Homophober Angriff in London

Mordprozess in London: Am Weihnachtsabend 2024 raste ein 30-Jähriger in eine Menschenmenge, darunter ein schwules Paar. Ein Mann starb dabei.
Lügen vor Millionenpublikum

Anti-LGBTIQ+-Rhetorik von rechts

In der „Tucker Carlson Show“ mit dem rechten Aktivisten Milo Yiannopoulos entlud sich wieder einmal eine Welle LGBTIQ+-feindlicher Rhetorik.
Lynchversuch an Universität

Student in Uganda angegriffen

Eine Gruppe homophober Studenten versuchte an der größten Universität in Uganda einen Kommilitonen zu ermorden. Jetzt hat der Fall erste Konsequenzen.
Neue Vorwürfe in England

Homophobie unter Polizisten

Erneut steht die britische Polizei in der Kritik: Verschleppte sie die Aufklärung von Raubüberfällen auf Schwule aufgrund von Homophobie?
Italiens neue Zensur

Verbotspläne schreiten voran

"Gott, Vaterland und Familie“: Nur Sexualkunde und LGBTIQ+ soll es an vielen Schulen Italiens bald nicht mehr geben, beschlossen die Parlamentarier.
Jugend unter Druck

Psychische Probleme stark vertreten

Viele queere Jugendliche haben Zukunftsängste, neuerdings auch mit Blick auf die Spaltung der Gesellschaft. Details offenbart eine neue Studie.