Hoffnungsschimmer in Kenia Rechtsstreit vor Gericht – ist die Kriminalisierung von Homosexualität verfassungswidrig?
Kenias Regierung geht seit Monaten mit eiskalter Grausamkeit gegen homosexuelle Menschen im Land vor und arbeitet zielstrebig daran, die bestehenden Verbotsgesetze gegenüber Schwulen und Lesben noch weiter zu radikalisieren – vor Gericht konnten nun aber zwei schwule Männer einen Sieg gegen die homophobe Landesführung erzielen, der vielleicht sogar das Potenzial hat, landesweit Verbesserungen herbeizuführen.
Historischer Sieg vor Gericht
Homosexuelle Handlungen stellen im Land einen eigenen Straftatbestand dar und können mit bis zu 15 Jahren Haft geahndet werden. Offensichtlich beeinflusst von Ugandas neuer harter Linie spielt das Parlament seit geraumer Zeit mit dem Gedanken, das Strafmaß weiter zu verschärfen, möglicherweise bis hin zur Todesstrafe.
Die jüngste Entscheidung aus der Küstenstadt Mombasa dürfte da einigen Mitgliedern der Regierung ein Dorn im Auge sein: Zwei schwulen Männern, die aufgrund von gleichgeschlechtlichem Sex 2021 verhaftet wurden, sprachen die Richter nun Schadenersatz von rund 28.000 Euro zu. Zum Vergleich: Das Jahreseinkommen im Land pro Kopf liegt bei rund 6.600 Euro.
Erzwungene Anal- und Genitaluntersuchungen
Allerdings sprachen sich die Richter mit ihrem Urteil keineswegs gegen die bestehende homophobe Rechtslage aus, sondern übten Kritik am Vorgehen der Polizei. Die beiden Männer hatten mit Hilfe der LGBTI*-Organisation Center for Minority Rights and Strategic Litigation (CMRSL) vor Gericht geklagt und erklärt, die Beweismittel seien von der Polizei illegal sichergestellt worden.
Direkt nach der Verhaftung waren die zwei Schwulen zu einem HIV-Test sowie zu einer gewaltsam durchgeführten Genital- und Analuntersuchung gezwungen worden. Das Gericht folgte der Auffassung der beiden Kläger und bestätigte mit seiner Einschätzung auch ein zuvor erfolgtes Urteil, das diese Form von intimen Zwangstest bereits als verfassungswidrig eingestuft hatte. Damit folgten in beiden Fällen die Richter auch den Statements von mehreren Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, die ein solches Vorgehen klar als Folter definieren.
Präzedenzfall für Kenia?
Die spannende Frage ist nun, ob die erneute Bestätigung der Verfassungswidrigkeit vielleicht tatsächlich auch Auswirkungen auf das generelle Verbotsgesetz gegen Homosexuelle haben könnte. In beiden Fällen hatten die Richter mit dem Recht auf Privatsphäre argumentiert, welches auch schwulen Männern zusteht, auch dann, wenn sie in Haft sind.
CMRSL und weitere Gay-Organisationen wollen nun das Oberste Gericht Kenias auf dieser Grundlage dazu drängen, homosexuelle Handlungen im Land ganz zu entkriminalisieren. Das Argument: Das Verbot von gleichgeschlechtlichem Sex verstoße auch gegen das Recht auf Privatsphäre. Bislang lehnten die Obersten Richter Kenias eine Streichung des homophoben Paragrafen zwar ab, in einem Berufungsverfahren soll nun aber auf Grundlage der zwei jüngsten Urteile erneut über die Sachlage verhandelt werden.