Skandal um homophobe Kicker? Wie sollten wir auf homophobe Fußballspieler wirklich reagieren?
Ein Kommentar von Michael Schmucker
Endlich haben wir wieder einen Skandal, ja, mehr noch, einen schweren Fall von Homophobie. Und sofort werden die Rufe nach Konsequenzen laut.
Was war geschehen? Beim Internationalen Tages gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit (IDAHOBIT) vor wenigen Tagen kam es in Frankreich im Rahmen der jährlich stattfindenden Anti-Homophobie-Kampagne zu einem Freundschaftsfußballspiel zwischen AS Monaco und FC Nantes. Die Profis spielten dabei mit einem Regenbogen-Aufnäher auf der Brust, ähnlich der berühmt-berüchtigten „One Love“-Armbinde 2022 in Katar, um ihre Verbundenheit mit der LGBTI*-Community zu zeigen. Auf dem Aufnäher war das Wort „Homophobie“ zu sehen, durchgestrichen mit einem roten Kreuz. Außerdem erstrahlte das Logo der Liga in Regenbogenfarben am Arm.
Kein Einsatz gegen Homophobie
Zwei Kicker verweigerten das Statement: Der ägyptische Stürmer Mostafa Mohamed der französischen Mannschaft blieb deswegen direkt im Hotel. Der für Monaco auflaufende Spieler Mohamed Camara aus Mali überklebte das Logo auf der Brust sowie am Ärmel mit einem weißen Klebeband. Zudem weigerte sich Camara, fürs offizielle Matchfoto anwesend zu sein, um nicht mit der Aktion gegen Homophobie in Verbindung gebracht zu werden. Es ist dabei nicht das erste Mal, dass sich Fußballspieler aus extrem homophoben Staaten weigerten, gegen Homophobie einzustehen.
Seitdem wird der Ruf nach ernsten Konsequenzen laut. Die zuständige Sportministerin Amelie Oudea-Castera sprach sogar von einem „inakzeptablen Verhalten“ und meinte zudem: „Ich glaube, so ein Verhalten sollte mit den strengsten Sanktion bestraft werden, für beide – den Spieler und den Verein, der das erlaubt.“ Etwas zurückhaltender reagierte Adi Hütter, Trainer für das Team aus Monaco – man wolle die Sachlage intern besprechen, so sein Statement. Zusätzlich Öl ins Feuer schüttete unfreiwillig dann noch der ehemalige französische Fußballspieler und heutige Kommentator Jimmy Briand, der erklärte, man solle Camara „Respekt“ zollen, weil er zu seinen Überzeugungen stehe.
Eine Frage der Verhältnismäßigkeit?
Klar ist, dass Homophobie gerade auch im Fußball keinen Platz mehr haben darf – bisher scheiterten die meisten Versuche allerdings, tatsächlich im großen Stil das starre Bild von Männlichkeit hier aufzubrechen und somit aktiven schwulen Spielern die Chance zu geben, offen zu ihrer Sexualität stehen zu können. Also ja, wir brauchen sicherlich weiter mehr Einsatz hier, doch stellt sich hier die Frage nach der Verhältnismäßigkeit oder besser gesagt, nach der Wahl der Mittel.
Einmal mehr wird davon gesprochen, wie im letzten Jahr, Geldstrafen auszusprechen. Für die betroffenen Spieler mag das ein kleiner Stich sein, mehr aber auch nicht. Das wiederholte und offen ausgelebte homophobe Verhalten lässt indes darauf schließen, dass die beiden Kicker sich dafür feiern, zu ihrer abwertenden Einstellung gegenüber Schwulen zu stehen. Harte finanzielle Konsequenzen dürften hier also das genaue Gegenteil von dem bewirken, was gewünscht ist. Mohamed und Camara werden zu Märtyrern, ein Erkenntnisgewinn bleibt indes aus.
Was können wir tun?
Zudem sei nur am Rande einmal erwähnt: Fußballspieler müssen sich nicht dazu verpflichten, für politische Aktionen herzuhalten, wenn sie das nicht wollen – bisher zumindest findet sich ein solcher Passus nicht in den Verträgen. Uns mag die Einstellung der beiden Männer nicht gefallen, eine Straftat ist sie indes nicht. Sie haben nicht auf einen jungen Homosexuellen eingeschlagen, wie das gerade in Frankreich immer öfter geschieht. Sie haben nicht einmal aktiv Hass geschürt. Sie weigerten sich nur, in einem Regenbogen-Outfit aufzulaufen. Zum großen Knalleffekt wurde die Aktion erst durch die mediale Skandalisierung.
Für die Zukunft hätten wir also zwei Möglichkeiten: Entweder schreiben wir Sportlern aus der ganzen Welt vor, welche politische Gesinnung und welche grundsätzlichen Menschenrechte sie mit Vertragsunterzeichnung immerzu einhalten müssen oder wir versuchen es mit einer Lernkurve. Anstatt Geldstrafen ohne Wirkung, wie wäre es, die beiden Herren dazu mit Nachdruck zu motivieren, mit einem schwulen Fußballverein zu spielen? Oder Sozialstunden in einer Beratungsstelle für LGBTI*-Jugendliche zu entrichten? Oder sind sie dafür nicht Manns genug?