Jugendschutz vs. LGBTI*-Zensur Kommt ein besserer Schutz vor Anti-LGBTI*-Mobbing oder doch eine LGBTI*-Zensur?
Wie können Kinder und Jugendliche bestmöglich vor digitalen Angriffen und Online-Ausbeutung in den sozialen Medien geschützt werden? Darüber debattiert aktuell der US-Senat unter Einbeziehung von Anbieter wie Facebook, Instagram, TikTok oder auch X. Hintergrund ist der sogenannte Kids Online Safety Act (KOSA), ein überparteilicher Gesetzentwurf mit Zustimmung von Präsident Joe Biden, der Minderjährige vor Schäden online besser schützen soll. Mittendrin in der Debatte steht dabei jetzt auch die LGBTI*-Community.
Hohes Risiko bei LGBTI*-Jugendlichen
Die grundsätzliche Entwicklung vor allem in den USA ist dabei eindeutig: Immer mehr sichere Räume und Anlaufstellen für LGBTI*-Jugendliche fallen in Amerika weg, weswegen immer mehr Minderjährige im Cyberspace nach Akzeptanz suchen, was sie dem erhöhten Risiko der Ausbeutung aussetzt.
Zudem bestehe die Gefahr eines „tiefgreifenden Schadensrisikos“ bei allen Jugendlichen, die täglich mehr als drei Stunden online sind, so die Studie von U.S. Surgeon General. Bei diesen Minderjährigen bestünde ein doppelt so hohes Risiko für psychische Erkrankungen, einschließlich Depressionen und Angstzuständen.
Neue Richtlinien zum Schutz
Der KOSA versucht hier, Abhilfe zu schaffen, indem er Online-Plattformen dazu verpflichtet, automatisierte Empfehlungen von Inhalten bei minderjährigen Nutzern künftig zu verhindern, wenn diese Angebote ein hohes Potenzial für psychische Störungen in sich tragen können, darunter fallen auch gewisse LGBTI*-Themen.
KOSA verlangt auch überdies von den Plattformen, Funktionen einzuschränken, die zu einer zwanghaften Nutzung führen, beispielsweise Autoplay und unendliches Scrollen. Auch den Eltern sollen einfach zu bedienende Werkzeuge an die Hand gegeben werden, um künftig benachrichtigt zu werden, wenn ihre Kinder „potenziell gefährlichen Materialien oder Interaktionen“ ausgesetzt sind.
Streit in der Community
Vertreter diverser LGBTI*-Organisationen zeigen sich mit Blick auf das neue Vorhaben äußerst zerstritten – während die einen sich erhoffen, damit aktiv gegen homophoben Hass, Hetze und digitales Mobbing vorgehen zu können, befürchten einige andere queere Gruppen, dass damit LGBTI*-Inhalte insgesamt aus den sozialen Medien verbannt werden könnten. Evan Greer von der Menschenrechtsgruppe Fight for the Future spricht so zum Beispiel von Zensur, das Gesetz sei in seiner aktuellen Form verfassungswidrig.
Und Mandy Salley von Woodhull Freedom Foundation betont: „Wir glauben, dass KOSA in seiner jetzt angedachten Form vielen Gemeinschaften schaden wird, die bereits jetzt online zensiert werden, darunter Sexualtherapeuten, Sexarbeiter, Sexualpädagogen und die breitere LGBTI*-Community. Unser Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung darf nicht zu Gunsten der vermeintlichen 'Sicherheit' im Internet ignoriert werden.“
Unbegründete Ängste?
Fachanwältin Marquez-Garrett vom Social Media Victims Law Center gibt indes Entwarnung: In seiner überarbeiteten Form trage das Gesetzesvorhaben dazu bei, dass Kinder effektiv vor Missbrauch und Anti-LGBTI*-Mobbing geschützt würden.
Dazu betont Marquez-Garrett und weitere Gremiumsexperten überdies, dass die Ängste von LGBTI*-Verbänden unbegründet seien, denn KOSA regelt nur, welche Websites jungen Nutzern automatisch vom Algorithmus vorgeschlagen werden. Die Websites selbst bleiben aber online und auch für Jugendliche weiterhin erreichbar, wenn diese das wollen.