Wenn das Jugendamt kommt Rund 16.000 homosexuelle und queere Jugendliche waren 2023 davon statistisch betroffen
Die Jugendämter in Deutschland haben im Jahr 2023 rund 74.600 Kinder und Jugendliche aufgenommen, darunter statistisch umgerechnet auch rund 16.000 LGBTI*-Jugendliche (Ipsos Studie 2024). Binnen eines Jahres stieg die Zahl der Betroffenen dabei um rund 12 Prozent an, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte.
Minderjährige aus dem Ausland
Damit stieg die Zahl der sogenannten Inobhutnahmen 2023 zum dritten Mal in Folge an. Hintergrund des Anstiegs ist dabei allerdings im Wesentlichen das Aufkommen an „unbegleitet eingereisten Minderjährigen aus dem Ausland“. Im Jahr 2023 haben die Jugendämter so rund 39.000 Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise durchgeführt, das Jahr zuvor waren es noch rund 28.000 Kinder und Jugendliche gewesen.
Ein weiteres gutes Drittel aller Inobhutnahmen (36%) erfolgte 2023 aufgrund von dringenden Kindeswohlgefährdungen und etwa ein Zehntel (11%) der Fälle waren Selbstmeldungen, also Fälle, in denen Kinder oder Jugendliche selbst aktiv beim Jugendamt Unterstützung suchten.
Flucht aus dem Elternhaus
Rund ein Fünftel der Jugendlichen (19%) war vor der Inobhutnahme von zuhause ausgerissen – Gründe dafür können nebst Gewalterfahrungen auch immer wieder die Ablehnung von Homosexualität sein. Das Bundesamt hält neben der Einreise von jugendlichen Ausländern vor allem die Überforderung der Eltern (22%), Hinweise auf Vernachlässigungen (10%), Anzeichen für körperliche Misshandlungen (9%) und Beziehungsprobleme (7%) als weitere Faktoren fest.
Der Großteil der betroffenen Jugendlichen (44%) lebte zuvor bei der eigenen Familie, etwa jeder Fünfte (18%) war in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung untergebracht. Bei rund einem Viertel aller Fälle (26%) ist der vorherige Aufenthalt gänzlich unbekannt, 13 Prozent hatten zuvor keine feste Unterkunft oder waren obdachlos. Die ILGA Europe betonte, dass zwischen 20 und 40 Prozent der aktuell obdachlosen Menschen Teil der LGBTI*-Community, ein besonderer Aspekt gerade bei Minderjährigen sei dabei die Ablehnung durch die Familie, Armut, der Mangel an Unterstützungsangeboten sowie Diskriminierung.
Jeder Zweite kommt dauerhaft ins Heim
Im Schnitt dauerte eine Maßnahme 50 Tage, trotzdem konnte etwa jeder dritte Fall (31%) in weniger als einer Woche beendet werden. Rund sechs Prozent der Eltern legten 2023 Widerspruch gegen die Inobhutnahme ihres Kindes ein, viermal so hoch war der Widerspruch bei jenen Fällen, wo die Kinder aufgrund von Vernachlässigungen, psychischen Misshandlungen oder sexueller Gewalt den Eltern entzogen worden sind.
Nach Beendigung der Inobhutnahme kehrte etwa ein Viertel (23%) der betroffenen Jugendlichen an den bisherigen Aufenthaltsort zurück. Knapp die Hälfte (47%) von ihnen wurde nach der Inobhutnahme an einem neuen Ort untergebracht, und zwar am häufigsten in einem Heim oder einer anderen Einrichtung. 11 Prozent der Jugendlichen rissen aus und entzogen sich so der Wirkungskraft der Jugendämter.