Direkt zum Inhalt
Wenn das Jugendamt kommt

Wenn das Jugendamt kommt Rund 16.000 homosexuelle und queere Jugendliche waren 2023 davon statistisch betroffen

ms - 02.12.2024 - 11:00 Uhr
Loading audio player...

Die Jugendämter in Deutschland haben im Jahr 2023 rund 74.600 Kinder und Jugendliche aufgenommen, darunter statistisch umgerechnet auch rund 16.000 LGBTI*-Jugendliche (Ipsos Studie 2024). Binnen eines Jahres stieg die Zahl der Betroffenen dabei um rund 12 Prozent an, wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte. 

Minderjährige aus dem Ausland 

Damit stieg die Zahl der sogenannten Inobhutnahmen 2023 zum dritten Mal in Folge an. Hintergrund des Anstiegs ist dabei allerdings im Wesentlichen das Aufkommen an „unbegleitet eingereisten Minderjährigen aus dem Ausland“. Im Jahr 2023 haben die Jugendämter so rund 39.000 Inobhutnahmen nach unbegleiteter Einreise durchgeführt, das Jahr zuvor waren es noch rund 28.000 Kinder und Jugendliche gewesen. 

Ein weiteres gutes Drittel aller Inobhutnahmen (36%) erfolgte 2023 aufgrund von dringenden Kindeswohlgefährdungen und etwa ein Zehntel (11%) der Fälle waren Selbstmeldungen, also Fälle, in denen Kinder oder Jugendliche selbst aktiv beim Jugendamt Unterstützung suchten.

Flucht aus dem Elternhaus 

Rund ein Fünftel der Jugendlichen (19%) war vor der Inobhutnahme von zuhause ausgerissen – Gründe dafür können nebst Gewalterfahrungen auch immer wieder die Ablehnung von Homosexualität sein. Das Bundesamt hält neben der Einreise von jugendlichen Ausländern vor allem die Überforderung der Eltern (22%), Hinweise auf Vernachlässigungen (10%), Anzeichen für körperliche Misshandlungen (9%) und Beziehungsprobleme (7%) als weitere Faktoren fest. 

Der Großteil der betroffenen Jugendlichen (44%) lebte zuvor bei der eigenen Familie, etwa jeder Fünfte (18%) war in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung untergebracht. Bei rund einem Viertel aller Fälle (26%) ist der vorherige Aufenthalt gänzlich unbekannt, 13 Prozent hatten zuvor keine feste Unterkunft oder waren obdachlos. Die ILGA Europe betonte, dass zwischen 20 und 40 Prozent der aktuell obdachlosen Menschen Teil der LGBTI*-Community, ein besonderer Aspekt gerade bei Minderjährigen sei dabei die Ablehnung durch die Familie, Armut, der Mangel an Unterstützungsangeboten sowie Diskriminierung.

Jeder Zweite kommt dauerhaft ins Heim 

Im Schnitt dauerte eine Maßnahme 50 Tage, trotzdem konnte etwa jeder dritte Fall (31%) in weniger als einer Woche beendet werden. Rund sechs Prozent der Eltern legten 2023 Widerspruch gegen die Inobhutnahme ihres Kindes ein, viermal so hoch war der Widerspruch bei jenen Fällen, wo die Kinder aufgrund von Vernachlässigungen, psychischen Misshandlungen oder sexueller Gewalt den Eltern entzogen worden sind. 

Nach Beendigung der Inobhutnahme kehrte etwa ein Viertel (23%) der betroffenen Jugendlichen an den bisherigen Aufenthaltsort zurück. Knapp die Hälfte (47%) von ihnen wurde nach der Inobhutnahme an einem neuen Ort untergebracht, und zwar am häufigsten in einem Heim oder einer anderen Einrichtung. 11 Prozent der Jugendlichen rissen aus und entzogen sich so der Wirkungskraft der Jugendämter. 

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.