Direkt zum Inhalt
Verfolgung Homosexueller

Verfolgung Homosexueller Ausstellung soll Zeichen gegen Rechtsruck in der Gesellschaft setzen

ms - 22.01.2024 - 13:00 Uhr
Loading audio player...

Die Verfolgung von Homosexuellen in und nach der Nazi-Zeit ist bis heute ein zutiefst trauriges Kapitel in der Geschichte: Im Jahr 1934 setzte die systematische Verfolgung von schwulen Männern durch den Paragrafen 175 StGB ein – alle sexuellen Handlungen, selbst ein Kuss oder Händchenhalten, waren damit unter Männern verboten. Bis 1944 wurden rund 50.000 homosexuelle Männer verurteilt, rund 10.000 von ihnen kamen in NS-Konzentrationslager, etwa 700 Männer auch in die Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Ein Zeichen von Respekt

Vom 25. Januar bis zum 21. April zeigt die Gedenkstätte Bergen-Belsen deswegen jetzt die Sonderausstellung „Rosa Winkel. Als homosexuell verfolgte Häftlinge in den Konzentrationslagern Buchenwald und Mittelbau-Dora“. Der berüchtigte Rosa Winkel wurde zur Kennzeichnung von schwulen Männern dabei an ihrer gestreiften Häftlingskleidung angebracht.

Die Ausstellung will konkret einen Blick vor allem auf die schweren Bedingungen werfen, unter denen schwule KZ-Insassen leben mussten. Dr. Elke Gryglewski, Direktorin der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten und Leiterin der Gedenkstätte Bergen-Belsen dazu: „Als Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, der auch die Gedenkstätte Bergen-Belsen untersteht, sehen wir es als unsere Aufgabe, alle Facetten von Unrecht und Verfolgung sowie ihre Folgen für die Gegenwart aufzuzeigen. Dies ist auch gegenüber den ehemals verfolgten Gruppen ein wichtiges Zeichen von Respekt und Anerkennung.“

Die zwei Häftlinge Ferdinand Beinert (rechts) und Rudolf Brazda (links) nach der Befreiung

Verfolgung auch nach NS-Zeit

Ein zweites, wichtiges Anliegen der Sonderausstellung ist es, auf die Situation von schwulen Männern nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hinzuweisen, denn auch nach 1945 wurden schwule Männer mit Hilfe des Strafrechtsparagrafen 175 weiter verfolgt – rund 50.000 von ihnen wurden erneut verurteilt. Ende der 60er Jahre wurde der Paragraf zwar abgeschwächt, erstsatzlos gestrichen allerdings erst 1994. Im Jahr 2017 wurde den schwulen Opfern die Möglichkeit von Entschädigungszahlungen seitens der Bundesregierung zugesprochen, die Antragsfrist wurde 2022 noch einmal um weitere fünf Jahre verlängert – nur wenige hundert Männer nutzten bisher die Chance dazu.  

„Die Ausstellung soll zum Nachdenken nicht nur darüber anregen, was als homosexuell Verfolgte im Nationalsozialismus erleiden mussten, sondern auch darüber, warum sie nach 1945 lange nicht als Opfer wahrgenommen wurden. Angesichts der Kontinuitäten der Verfolgung wurden sie gewissermaßen Opfer einer zweiten Schuld von Staat und Gesellschaft in Deutschland. Auch das thematisiert die Ausstellung, wie auch heutige Hetze gegen queere Menschen. Gerade angesichts des derzeitigen allgemeinen Rechtsrucks mit zunehmender Queerfeindlichkeit versteht sich die Ausstellung auch als historisch-politische Intervention im öffentlichen Raum“, so Jens-Christian Wagner, Kurator der Ausstellung und Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.

Anzeige
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Strafe, weil er CSD zuließ?

Anklage gegen Gergely Karácsony

Der Bürgermeister von Budapest sieht sich mit strafrechtlichen Ermittlungen konfrontiert, weil er die Pride-Parade im Juni 2025 ermöglicht hat.
Vorurteile im Kampf gegen HIV

Religiöser Hass in Uganda

Christliche Kirchen verhindern aus Homophobie in Uganda die Unterstützung von Menschen mit HIV, wie die jüngste UNAIDS-Studie belegt.
Rollback in Arlington

Ende bei Antidiskriminierungsschutz

Die erste Stadt in den USA, Arlington, hat jetzt die LGBTIQ+-Antidiskriminierungsgesetze aufgehoben. Eine Entwicklung mit landesweiter Signalwirkung.
Homosexuelle als Bedrohung

Neue Stigmata in Malaysia

Der größte islamische Jugendverein in Malaysia erklärte homosexuelle Menschen zur Bedrohung und fordert weitere Restriktionen gegen die Community.
Asyl für queere Flüchtlinge

Neues Zentrum in Amsterdam

In Amsterdam soll ein neues Asylzentrum nur für queere Flüchtlinge und alleinstehende Frauen entstehen.
Kontenlöschungen bei Meta

Queere Gruppen und Frauen betroffen

Meta steht massiv in der Kritik, zahlreiche Konten mit queeren Inhalten sowie zu Frauenrechten und Abtreibung gelöscht oder stark zensiert zu haben.
Neue Diskriminierung

Keine HIV-positiven US-Soldaten

Das US-Verteidigungsministerium will HIV-positive Soldaten entlassen. Ob das gelingt, ist derzeit Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung.
Klage gegen Erzbistum Köln

Vorwurf von sexuellem Missbrauch

Ein 70-jähriger Mann hat jetzt das Erzbistum Köln wegen mehrfachem sexuellen Missbrauch in seiner Jugend auf eine Million Euro Schmerzensgeld verklagt
Hassdelikt: Polizei ermittelt

Ein gezielter Tritt gegenLGBTIQ+

Ein Postbote in Belfast wurde entlassen, weil er einen Gartenwichtel in Regenbogenfarben samt Pride-Flagge mutwillig umstieß.