USA mit schwulen Präsidenten? LGBTI*-Community blickt vorsichtig optimistisch auf 2024
Triumph und Niederlage liegen in Amerika bekanntlich gerne eng beieinander. Als Barack Obama der erste schwarze Präsident der Vereinigten Staaten wurde, feierte das liberale und weltoffene Amerika dies als historischen Schritt – ein starkes Zeichen gerade auch für die Rechte von Minderheiten und marginalisierten Gruppen wie der schwarzen Bevölkerung oder der LGBTI*-Community. Die Hoffnungen waren groß, dass dieser Fortschritt ein dauerhafter Wesenszug der amerikanischen Politik werden könnte - dann kam Donald Trump. Trump statt Triumph sozusagen. Immer wieder wurde von politischen Beobachtern vermutet, dass Trumps Wahl zum Präsidenten auch eine gewisse Gegenreaktion der konservativen Kräfte des Landes auf Obama war.
Die erneute Gegenreaktion mit knappem Ausgang war dann die Wahl des Demokraten Joe Biden zum 46ten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Für die LGBTI*-Community bedeute die Zeitspanne zwischen Obama und Biden eine emotionale Achterbahnfahrt, die bis heute einzigartig in der queeren Geschichte des Landes sein dürfte. Während die Bilder des, in Regenbogenfarben erleuchteten Weißen Hauses in der Ära Obama noch im Gedächtnis hafteten, torpedierte der orange Wüterich mit schlechtsitzendem Toupet alle rechtlichen Errungenschaften der queeren Community, soweit ihm dies möglich war. Joe Biden indes hat in seinem ersten Jahr Amtszeit vieles unternommen, um zurück auf den Weg des Fortschritts zu gelangen, gerade auch für die LGBTI*-Community. Problematisch dabei ist, dass konservative Republikaner und Gouverneure aktuell versuchen, jedes queerfreundliche Gesetz zu untergraben und derzeit in rund 30 Bundesstaaten daran arbeiten, Gesetze gegen die LGBTI*-Community und insbesondere gegen trans-Menschen umzusetzen. Das politische Schlachtfeld sind die Schulen, an denen queeres Leben ausgelöscht werden soll.
Mit einer Mischung aus Bangen und Hoffen blickt die queere US-Community bereits auf das Jahr 2024, wenn abermals die Wahl zum Präsidenten ansteht. Es ist fraglich, ob Biden mit einem Alter von dann fast 82 Jahren noch einmal antreten wird. Aber wer könnte stattdessen das Rennen für sich entscheiden? Vielleicht die Vize-Präsidentin Kamala Harris oder doch der Top-Kandidat der Queers: Pete Buttigieg. Der schwule Politiker (40) strahlt einen ähnlich jugendlichen Tatendrang und Charme aus, wie das Barack Obama in seinem ersten Wahlkampf getan hat.
Seit 2018 ist er mit seinem Ehemann Chasten verheiratet und engagiert sich stark und hörbar für die LGBTI*-Community und gegen queerfeindliche Gesetze, wie sie derzeit beispielsweise in Texas und Florida für Aufsehen sorgen. Er ging bereits beim letzten Präsidentschaftswahlkampf als erster offen homosexueller Kandidat ins Rennen und schaffte es bis in die Endrunde, bevor er zugunsten von Biden seine Kandidatur zurückzog.
Ist Amerika 2024 also reif für einen schwulen Präsidenten? Im Interview mit CNN versuchte der aktuelle Verkehrsminister Buttigieg jetzt dieser Frage auszuweichen, was ihm nicht so ganz gelang: "Ich denke darüber nach, wie wir den Großteil der Billionen Dollar an Infrastrukturmitteln verantwortungsbewusst, pünktlich, aufgaben- und budgetgerecht ausgeben können. Das lässt mir buchstäblich keinen Raum, um jetzt über Politik nachzudenken.“
CNN-Moderator Anderson Cooper erwiderte, dass er seine Kandidatur nicht verneint habe und meinte scherzhaft: "Ich würde sagen, das klingt irgendwie bereits nach einer Antwort."
Offiziell kann Buttigieg sich noch nicht zu einer möglichen Kandidatur bekennen, solange nicht klar ist, ob Joe Biden abermals antreten will oder nicht. Die Tatsachen, dass er selbst die Frage allerdings nicht sofort verneint hat und er zudem der einzige Kandidat war, der 2020 eine Vorwahl auf Staatsebene gewonnen hatte, könnten die Chancen maximieren, dass der junge Demokrat in zwei Jahren tatsächlich seine Ambitionen auf das höchste Amts des Landes auch umsetzen will. Zudem ist die Rolle des Verkehrsministers eine äußert spannende, denn sie verlangt von ihm, viel durch das Land zu reisen, gute Beziehungen zu lokalen Politikern aufzubauen und Gelder für Bauprojekte zu verteilen.
Eine sympathische Ausgangslage für mögliche Stimmen 2024. Pete Buttigieg: "Wie in jedem anderen Job auch, wird man erfolgreich sein, wenn man nicht negativ auffällt und das tut, was getan werden muss, aber ich sage Ihnen, ich liebe diesen Job. Es gibt nichts, was ich jetzt lieber im öffentlichen Dienst machen würde." Das wichtigste Wort in diesem Satz ist „jetzt“. Was Buttigieg 2024 am liebsten tun würde, wird wohl erst die Zukunft zeigen. Ein wenig Hoffnung darf sich die queere Community aber dabei durchaus schon heute machen.