Pride im Kriegsgebiet Rund 30 Kilometer von der russischen Grenze demonstrierten LGBTI*-Menschen für mehr Rechte und Akzeptanz
Die Veranstalter des Kharkiv Pride zogen jetzt ein positives Fazit über die Pride-Demonstration am vergangenen Wochenende – und ernten international viel Anerkennung. Mit einem Auto-Korso samt Regenbogenflaggen zogen die Teilnehmer durch die Stadt Charkiw, die nur 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt mitten im stark umkämpften Kriegsgebiet zwischen der Ukraine und Russland liegt.
Auto-Korso mit Regenbogenflaggen
Mehrere hundert Menschen vor Ort solidarisierten sich bei der sechsten Pride-Parade mit der LGBTI*-Community, am Auto-Korso selbst beteiligten sich nach Schätzungen etwa 60 Menschen in 13 Fahrzeugen. Die ungewöhnliche Pride-Demonstration war nach den Erfahrungen der letzten Jahre bewusst gewählt worden, um für alle Teilnehmer die größtmögliche Sicherheit gewährleisten zu können. Auch während der Corona-Pandemie 2020 war in dieser Weise bereits für die Rechte von Homosexuellen und queeren Menschen im Land demonstriert worden.
Hasskriminalität und Homo-Ehe
Jedes Auto trug Botschaften, die das ukrainische Parlament aufforderten, Gesetze zur Kriminalisierung von Hassverbrechen zu verabschieden, die aufgrund der sexuellen Ausrichtung oder der Geschlechtsidentität der Opfer begangen werden. Auch die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe befand sich unter den Forderungen.
Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach sich im Grundsatz bereits für eine mögliche Homo-Ehe aus, allerdings will er in Kriegszeiten nicht die dafür notwendige Verfassungsänderung angehen. Druck kommt dabei auch von der Europäischen Union, zudem ist eine Mehrheit der Ukrainer selbst inzwischen für mehr Rechte für Homosexuelle – es gibt aber trotzdem auch noch wie vor viel Feindseligkeit gegenüber Schwulen und Lesben im Land.
Mehr Rechte für homosexuelle Soldaten
„Wir werden jeden Tag daran erinnert, wie wichtig der Sieg der Ukraine für uns ist. Genauso wichtig ist für uns der Kampf für gleiche Rechte und für den Schutz der LGBTI*-Community. Menschen, die kämpfen und dabei ihr Leben riskieren, dürfen ihre Rechte nicht verweigert werden. Das ist sowohl ungerecht als auch würdelos, und der Krieg hat diese Herausforderungen nur noch deutlicher gemacht“, so Anna Sharygina, Mitorganisatorin des Kharkiv Pride, die zudem betont, dass einige Homosexuelle bereits in den ukrainischen Streitkräften gedient haben beziehungsweise dies immer noch tun.