Homosexuelle in Polen Das neue Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gibt der neuen Regierung Rückenwind
Die Entscheidung darf als perfekte Punktlandung angesehen werden – nachdem Polens homophobe PiS-Regierung endgültig Geschichte ist und das neue liberale Parlament unter Ministerpräsident Donald Tusk weitreichende Verbesserungen für Homosexuelle versprochen hat, verurteilte nun der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den fehlenden Schutz von homosexuellen Partnerschaften der im Oktober abgewählten Vorgänger-Regierung.
Anerkennung von homosexuellen Paaren
Das Gericht in Straßburg entschied, dass der polnische Staat seiner Pflicht nicht nachkomme, die Anerkennung und den Schutz von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu gewährleisten. Fünf homosexuelle Paare hatten gegen die bisherige polnische Rechtsprechung geklagt, nachdem sie zuvor vergeblich versucht hatten, eine Ehe vor einem Standesamt in Polen zu schließen.
Der EGMR hat in diesem Jahr bereits Russland, Rumänien, Bulgarien und die Ukraine in sehr ähnlichen Fällen verurteilt. Polen müsse nun einen juristischen Rahmen schaffen, um schwule und lesbische Paare anzuerkennen und zu schützen, so die Forderung der Richter.
Traditionelle Familien nicht in Gefahr
Zudem hielten die Richter fest, dass durch die bisherige Weigerung Polens, Schwule und Lesben anzuerkennen, diese auch nicht in der Lage waren, als Paare grundlegende rechtliche Angelegenheiten zu regeln, zudem erlebten sie Benachteiligungen in diversen Bereichen, von der Besteuerung bis hin zu familiären Rechten.
„Es besteht kein Grund zur Annahme, dass die rechtliche Anerkennung und der Schutz gleichgeschlechtlicher Paare an sich traditionell gegründeten Familien schaden könne“, erklärten die Richter überdies. Jüngsten Umfragen zufolge spricht sich inzwischen auch eine knappe Mehrheit der Polen (54%, Quelle Globsec) für die Homo-Ehe aus.
Rückenwind für neue Regierung
In einer ersten Stellungnahme erklärten die homosexuellen Kläger gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, sie hoffen, dass das Urteil jetzt als Impuls für eine Veränderung nach dem Regierungswechsel verstanden wird. Das neue Regierungsbündnis unter Ministerpräsident Tusk hatte in dieser Woche bereits erklärt, die Rechte von Homosexuellen im Land in diversen Bereichen stärken zu wollen, unter anderem ist auch die Einführung einer gesetzlichen Lebenspartnerschaft für Schwule und Lesben angedacht.
Das Urteil der EGMR dürfte Tusk Rückenwind bei der Durchsetzung der Pläne geben. Das Urteil des EGMR ist zwar formal bindend für alle Länder, allerdings gibt es keine Sanktionsmöglichkeiten, wenn sich einzelne Regierungen wie beispielsweise aktuell Russland dem Urteil widersetzen.