Historische Mitschuld Zentralkomitee der Katholiken fordert Aufarbeitung der Homoverfolgung der Kirche
Während heute beim Katholikentag in Erfurt das Fronleichnams-Fest im Mittelpunkt steht, erklärte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) kurz zuvor, dass die „historische Mitschuld“ der römisch-katholischen Kirche bei der Verfolgung und Diskriminierung von Homosexuellen in Deutschland aufgearbeitet werden müsse. Schwule und Lesben, die von der Kirche ausgegrenzt, ihre Anstellung verloren oder aus Ehrenämtern entfernt wurden, sollen, auch posthum, rehabilitiert werden.
Öffentliche Rehabilitierung gefordert
Das ZdK möchte dabei als Clearingstelle fungieren, an die sich Betroffene, Angehörige und Freunde von Betroffenen wenden können. Auf dieser Basis sollen die Bischöfe aller Diözesen nach Maßgabe der Betroffenen diese Personen dann offiziell und öffentlich rehabilitieren.
„Das ZdK kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Es kann aber dazu beitragen, dass Erinnerung lebendig bleibt und in die Zukunft wirkt. Deshalb wird das ZdK eine wissenschaftlich-historische Aufarbeitung der Mitschuld der Kirche bei der Kriminalisierung queerer Identitäten initiieren.“
Späte Auseinandersetzung mit §175
Unter der Federführung der Kommission für Zeitgeschichte in Bonn soll dabei eine unabhängige wissenschaftliche Studie zur historischen Erforschung der Beteiligung der katholischen Kirche an der Aufrechterhaltung des berüchtigten Strafrechtsparagraphen 175 angestrebt werden – 123 Jahre lang verbot der Paragraph in unterschiedlich scharfer Ausprägung sexuelle Handlungen zwischen Männern. Erst 1994 wurde der §175 ganz abgeschafft. 30 Jahre danach müsse nun auch die Kirche in Deutschland dies endlich würdigen, so das ZdK.
Ein Katholikentag auch für LGBTI*
Der gestern gestartete Katholikentag in Erfurt lädt noch bis einschließlich Sonntag zu insgesamt rund 500 Veranstaltungen ein, etwa 20.000 Besucher werden erwartet – als roter Faden ziehen sich dabei die Themen Demokratie und Vielfalt durch, so das ZdK weiter. Im Angebot sind auch mehrere LGBTI*-Veranstaltungen, Gesprächsrunden und Infostände sowie am Freitagabend zudem ein LGBTI*-Gottesdienst in der Erfurter St. Josef-Kirche mit dem Titel „Unter dem Regenbogen – Frieden ist mehr“.
Das ZdK versteht sich als Dachverband der katholischen Laien, die Organisation hat sich in den letzten Jahren mehrfach für LGBTI*-Rechte eingesetzt. Das Oberhaupt der Kirche, Papst Franziskus, indes, diskreditierte erst vor wenigen Tagen Homosexuelle als „Schwuchteln“. Nach einem großen medialen negativen Echo hatte der Sprecher des Pontifex, Matteo Bruni, erklärt, Franziskus habe nicht die Absicht gehabt, jemanden zu beleidigen oder sich homophob auszudrücken.