Affront in Washington Der erste offen schwule US-Männerchor wurde von einer Veranstaltung ausgeladen - doch warum?
Aufregung in Washington: Der schwule Männerchor Gay Men's Chorus aus Washington wurde von einer Veranstaltung des Kennedy Centers ausgeladen. Das Konzert sollte Ende Mai stattfinden und den nationalen Pride Monat einläuten, während sich Washington auf die Ausrichtung des World Pride Festivals in diesem Jahr vorbereitet.
Angriff auf die Kultur – oder doch nicht?
Die Aufführung wurde nun allerdings aus dem Programm des Zentrums gestrichen und durch eine Wiedergabe der Filmmusik von „Der Zauberer von Oz“ durch das National Symphony Orchestra ersetzt. Der Chor hatte geplant, zusammen mit dem National-Orchester ein Pride-Stück mit dem Titel „A Peacock Among Pigeons“ (Ein Pfau unter Tauben) aufzuführen.
Die Frage nach dem Warum für die Absage spaltet nun die Gemüter: Reagierten die Betreiber damit auf die neue Maxime der US-Regierung und der Tatsache, dass Präsident Donald Trump neuer Gremiums-Chef ist? Er selbst hatte erklärt, er werde sicherstellen, dass das Programm des größten Kulturzentrums der Hauptstadt „gut und nicht woke“ werde. Greift nun Trump die Kultur direkt an? Oder steckt doch etwas anderes dahinter, denn immerhin hat sich Trump bisher nicht direkt gegen Schwule und Lesben gestellt.
Unterschiedliche Erklärungen
„Wir sind zutiefst enttäuscht über die Nachricht, dass unser bevorstehender Pride-Auftritt mit dem National Symphony Orchestra (NSO) abgesagt wurde. Wir glauben an die Kraft der Musik, um zu erziehen und zu bewegen, um Liebe, Verständnis und Gemeinschaft zu fördern, und wir bedauern, dass uns diese Gelegenheit genommen wurde“, so die Chorleitung in ihrem Pressestatement.
Die Geschäftsführerin des National Symphony Orchestra, Jean Davidson, sagte indes, die Entscheidung darüber sei bereits vor Trumps Amtsantritt getroffen worden: „Vor dem Wechsel in der Leitung des Kennedy Centers trafen wir die Entscheidung, Peacock Among Pigeons aus finanziellen und terminlichen Gründen zu verschieben.“ Zudem betonte Davidson, dass „Programmänderungen eine gängige Praxis“ seien und dass die Leitung „nicht in der Lage war, das Ersatzprogramm bekannt zu geben, bis wir uns die Rechte für die andere Aufführung gesichert hatten.“
Welche Version der Geschichte am Ende stimmt, liegt im Auge des Betrachters – so oder so zeigt die Debatte aber auf, wie gespalten das Land nach wie vor ist. Der 1981 gegründete Chor erklärte inzwischen, er wolle das Stück nun während des Chorfestivals als Teil der World Pride-Tournee aufführen. Ob die Zusammenarbeit mit dem Kennedy Center damit dauerhaft endet, ist unklar – der erste offen schwule Männerchor der USA und das Kennedy Center arbeiteten seit Jahren zusammen, der Gay Men's Chorus war so auch 2009 bei der Amtseinführung von Präsident Barack Obama mit dabei.