Direkt zum Inhalt
Dringender Appell
Rubrik

Dringender Appell Deutschland soll Führungsrolle bei der weltweiten HIV-Bekämpfung einnehmen, fordern HIV-Experten

ms - 19.03.2025 - 12:00 Uhr

Die jüngsten Entscheidungen der US-Regierung, HIV-Präventionsprogramme im Ausland (UNAID/ PEPFAR) sowie neuerdings auch im Inland zu beenden oder die finanziellen Mittel drastisch zu limitieren, sorgt für große Sorgen bei HIV-Experten und Verbänden auch in Europa. Es brauche jetzt schnell neue Lösungen, fordern im Vorfeld des morgen startenden Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongresses in Wien jetzt mehrere Vereine, Mediziner und Fachleute.   

Millionen neuer Aids-Tote

Das Ziel der Weltgemeinschaft, Neu-Infektionen mit Aids ab 2030 zu beenden, ist derzeit in akuter Gefahr. Dabei stünden alle Erfolge der letzten Jahrzehnte auf dem Spiel, so die HIV-Fachorganisationen in ihrem gemeinsamen Statement. „Wird diese Lücke nicht geschlossen, werden die Folgen verheerend sein: Millionen Aids-Tote, Millionen HIV-Neuinfektionen, Millionen neue Aids-Waisen. Es droht die Rückkehr der Aids-Epidemie, die gerade erst weitgehend eingedämmt worden war.“ 

Prof. Dr. Stefan Esser, Vorsitzender der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG), betonte: „Es ist ein gravierender Verstoß gegen die Menschenrechte und ethisch wie epidemiologisch unverantwortlich, Menschen die lebensrettende Therapie vorzuenthalten. HIV wird sich dann wieder schneller verbreiten, Aids wieder mehr Menschenleben fordern. Epidemien bleiben dabei nicht auf bestimmte Länder beschränkt. Sie müssen global wie national bekämpft werden.“

Forderung nach Ausbau der HIV-Therapie

Und sein Kollege, Prof. Dr. Alexander Zoufaly, Präsident der Österreichischen AIDS-Gesellschaft und Präsident des Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongresses, ergänzt: „Aus medizinischer Sicht stehen wir vollends hinter den UNAIDS-Zielen zum Beenden der HIV-Epidemie. Die HIV-Therapie mit anhaltendem Therapieerfolg ist nachgewiesenermaßen die Voraussetzung, um Mortalität und Morbidität bei Menschen mit HIV signifikant zu reduzieren, beziehungsweise zu verhindern. Zusätzlich ist evident, dass unter effektiver Therapie HIV-Neuinfektionen verhindert werden können. Die Verfügbarkeit von HIV-Diagnostik und moderner HIV-Therapie muss daher unbedingt gewährleistet und sogar weiter ausgebaut werden, um von den medizinischen Errungenschaften zu profitieren.“

20.000 Tote durch Trumps Anti-HIV-Agenda 

In besonderer Weise verweist das Bündnis der HIV-Fachleute auch auf das Programm PEFAR, das im Jahr 2003 von Ex-Präsident George W. Bush ins Leben gerufen worden war. Bis heute ist PEFAR mit einem jährlichen Etat von mehreren Milliarden US-Dollar das größte Programm weltweit zur Bekämpfung von Aids und für die HIV-Prävention. Die Trump-Administration will das Projekt ganz beenden. Dis bisherige Aussetzung des Programms kurz nach Amtsantritt von Donald Trump habe nach Einschätzung der Experten bereits jetzt mehr als 20.000 Menschen das Leben gekostet. Fallen die US-Mittel dauerhaft weg, rechnet die Organisation UNAIDS mit neun Millionen neuen HIV-Infektionen und mehr als sechs Millionen weiteren Aids-Toten in den nächsten vier Jahren. Insbesondere seien dabei Menschen aus der LGBTIQ+-Community betroffen, so das Bündnis der Gesundheitsexperten weiter.

Führungsrolle für Deutschland?

Die Kernforderung zu Beginn der Aids-Konferenz am Donnerstag: Wirtschaftlich starke Nationen wie Deutschland und Österreich müssten jetzt im Kampf gegen Aids und HIV eine führende Rolle einnehmen. „Die USA sind groß, aber das ist Europa auch – wir können nicht einfach dabei zusehen, dass wieder ein Massensterben beginnt“, so Dr. Roger Vogelmann von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä).

Und seine Kollegin, Andrea Brunner, Geschäftsführerin der Aids Hilfe Wien, gibt zudem zu Bedenken: „Es war schon ein Skandal, dass bisher immer noch mehr als 600.000 Menschen pro Jahr an Aids verstorben sind, denn die medizinischen Mittel waren da – es fehlte nur an politischem Willen und damit an Geld. Wenn jetzt wieder Millionen Menschen ihr Leben lassen müssen, ist das unverzeihlich – und wirft uns global um Jahrzehnte zurück.“ Beim Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongress treffen in dieser Woche rund 650 Mediziner und HIV-Experten zusammen. 

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Schwulen Rückenansichten

Amüsante Spekulationen in den USA

Amüsante Spekulationen: Die US-Presse fragt sich derzeit, ob in Caspar David Friedrichs Bildern eine homoerotische Komponente mitschwingt.
Bedenken bei E-Patientenakte

Kritik von LSVD+ und Aidshilfe

Ende April kommt die E-Patientenakte bundesweit. Bedenken aus der queeren Community wurden kaum ausgeräumt, so LSVD+ und Hamburger Aidshilfe.
Forderungen an die EU

Pride-Verbot in Mitteleuropa

Wann und wie reagiert die EU auf das Pride-Verbot in Ungarn? Mehrere EU-Parlamentarier fordern jetzt ernsthafte Konsequenzen seitens der EU.
Neue Fälle der Dating-Masche

Opfer aus Hessen und Österreich

Erneut wurden zwei Schwule Opfer der Dating-Masche, die mutmaßlichen Täter sind junge Männer. Die Taten geschahen in Wiesbaden und Wien.
"Wir verlieren dadurch an Akzeptanz"

Kritik von Valerie Wilms

Die vermutlich erste trans* Frau im Deutschen Bundestag, Valerie Wilms, übt Kritik am Selbstbestimmungsgesetz sowie an den Grünen.
Haftstrafe für Gayclub-Chef

Erpressung von schwulen Gästen

Ein Schwulenclub-Betreiber in Niederbayern erpresste und betrog seine Gäste. Das Landgericht Regensburg verurteilte ihn nun zu einer Haftstrafe.
Ende im Fall Anastasia Biefang

Klage scheitert final vor Gericht

Seit 6 Jahren kämpfte trans* Soldatin Anastasia Biefang gegen einen Disziplin-Verweis, nun hat das Bundesverfassungsgericht die Klage abgewiesen.
Widerstand in der Karibik

Rufe nach mehr Homosexuellenrechten

Nachdem in Trinidad und Tobago Homosexualität wieder verboten wurde, nehmen Forderungen nach Gleichberechtigung in der ganzen Karibik an Fahrt auf.
Gefängnisse in Russland

Berichte über dramatische Lage

Berichte über die Lage in russischen Gefängnisse schockieren: Unmenschliche Bedingungen für verurteilte „Extremisten“, darunter auch LGBTIQ+-Menschen.