Der Pride, eine Schande? Der einflussreiche Priester Murillo will im Juni einen Großangriff auf die Community starten
Endlich hat er sich wieder zu Wort gemeldet – dankbar sollten wir sein, in den USA genauso wie in Europa. Die Rede ist natürlich von Mario Murillo, einem evangelikalen Kirchenpastor, der seit 2021 landesweit in Amerika bekannt ist und immer wieder gerne gegen Homosexuelle wettert. Was täten wir nur ohne ihn? Vielleicht friedvoller miteinander leben?
Fake News sind sein Leben
Jetzt in den heißen Monaten vor der Präsidentschaftswahl im November zeigte sich Murillo einmal mehr als glühender Trump-Fan und scheint sich inzwischen für keinerlei Fake-News mehr zu schade zu sein. Im Jahr 2021 hatte er noch behauptet, die Kultkinderserie „Sesamstraße“ sei „das Dämonischste, was ich seit langem gesehen habe.“ Später erklärte er, die Nation müsse endlich aus ihrem Bann erwachen, damit sie verstehen würde, dass die LGBTI*-Community ihnen nicht nur die Kinder entreiße, sondern den Menschen auch die Weiblichkeit stehlen würde.
Die Mär von der Kindesverführung
Nun also endlich können wir erneut spannungsvoll an seinen Lippen hängen, wenn Murillo erklärt, der Pride-Monat Juni sei eine „nationale Schande“. Das weiß der einflussreiche Pastor auch zu begründen: „Warum bekommen Mütter nur einen Tag, aber die LGBTI*-Agenda einen ganzen Monat? Das sagt uns alles über den Zustand Amerikas.“ Einmal mehr wittert der Hardliner eine „Kampagne, um unsere Kinder zu verführen und zu sexualisieren.“ Bereits seit Wochen versuchen rechtsgerichtete Hass-Gruppen die Mär von Schwulen, die allesamt pädophil seien, in den USA von neuem zu Leben zu erwecken – Murillo spielt nun auf der gleichen Klaviatur.
Der „Fluch“ des Pride-Monats
So weiß der Geistliche auch, warum ausgerechnet der Juni zum Pride-Monat wurde, denn im Sommer gebe es die meisten Hochzeiten und so sei dies die geheime Taktik der LGBTI*-Community, sich über die heilige Ehe lustig zu machen: „Sie wollen die Institution und die Moral abschaffen, die die Zivilisation seit Tausenden von Jahren geschützt haben. Und sie bekommen einen ganzen Monat, um das zu feiern. Dieser Monat ist für sie eine Zeit, um ihr Sexualverhalten zu feiern. Der Pride-Monat hat einen Fluch auf uns alle gelegt.“
Murillo lässt sich zum Glück als wahrhaft Gläubiger auch nicht von Tatsachen beeindrucken, beispielsweise jener, dass der Ursprung aller Pride-Demonstrationen der Stonewall-Aufstand 1969 in New York ist – und dieser war nun einmal im Juni. Bei künftigen Kämpfen um mehr Gerechtigkeit und Akzeptanz sollte aber vielleicht die LGBTI*-Community dann doch darauf achten, diese in den Wintermonaten stattfinden zu lassen, oder?
Kampfaufruf gegen die LGBTI*-Community
So sehr man über die verbalen Entgleisungen des Pastors schmunzeln mag, so sehr tut man falsch daran, sie auf die leichte Schulter zu nehmen. Murillo hat viel Einfluss in Amerika und erklärte, er werde im Juni mit vielen anderen Menschen „in das Lager des Feindes gehen, um uns zurückzuholen, was er uns gestohlen hat.“
Dann wird er in seinem vagen Aufruf zu Attacken auf Pride-Events in den USA noch deutlicher und sagt all seinen Anhängern: „Wir müssen von Tausenden zu Millionen kommen.“ Im Juni werde er deswegen den „umfassendsten und landesweiten Plan enthüllen, um die Seelen der Menschen zu retten und sich auf ein Erwachen zuzubewegen.“ Bereits im letzten Jahr kam es in den USA wie aber auch in Deutschland bei sehr vielen CSD-Veranstaltungen zu Ausschreitungen, teilweise sogar zu Anschlagsplänen, die glücklicherweise bisher vereitelt werden konnten.