Abschiebung in den Irak Erneut scharfe Kritik des LSVD+ am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Die geplante Abschiebung eines schwulen Irakers beschäftigt weiterhin den Verband Queere Vielfalt (LSVD+), der Iraker Ali A. sitzt seit Monaten in Abschiebehaft, ein erster Abschiebeversuch Ende Juli scheiterte nur an der Wehrhaftigkeit des jungen Mannes.
Stellt sich das BAMF stur?
Der LSVD+ sprach im Sommer bereits von einem „unfassbaren Skandal“, weil die Anhörung des Irakers im Eilverfahren erfolgt und die Aussage seines Freundes Adam nicht berücksichtigt worden wäre. „Die Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Zirndorf griff hierzu zu allen erdenklichen Mitteln: Bescheide wurden zurückgehalten und Anhörungsdaten nicht weitergegeben, um die Möglichkeit der Rechtsmittel zu umgehen. Offensichtliche Fehler bei der Anhörung und in dem Bescheid werden seither ignoriert“, betont der LSVD+ weiter.
Der Umgang habe sich seit damals nicht geändert, auch wenn Alis Partner im August zu einer ergänzenden Anhörung geladen worden sei. Das BAMF hatte erklärt, daraufhin eine Neubewertung der Sachlage durchführen zu wollen. „Bis heute ist dies – trotz mehrfacher Nachfragen – nicht passiert. Akten werden der Anwältin nicht übermittelt und Anfragen ignoriert.
Neubewertung des Falles?
„Eine Ablehnung von Alis Asylgesuch scheint auf Grundlage von Adams Interview unmöglich, da dann die beiden Entscheidungen in logischen Widerspruch zueinander stünden. Stattdessen wird Alis Verfahren verschleppt und die eigenen Ankündigungen werden nicht eingehalten“, so Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand.
Und Tobias Wöhner von Verein Imedana in Nürnberg betont: „Das BAMF sitzt das Verfahren aus und hofft anscheinend, dass sich das Thema durch die Abschiebung erledigt. Bei einer Anerkennung von Adam müssten sie nämlich zugeben, dass sie – was eigentlich offensichtlich ist – von Anfang an bei Ali falsch entschieden haben. Wenn die Verteidigung des eigenen Ansehens schwerer wiegt als das Leben eines schwulen Mannes, sagt dies leider viel über die Zustände im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus.“ Ali wurde offenbar in der Abschiebehaft in Eichstätt auch wiederholt Opfer homofeindlicher Gewalt. Aus Sicherheitsgründen verlegten ihn die bayerischen Behörden deswegen nach Hof.
Droht dem Iraker der Tod in der Heimat?
Besonders heikel laut dem LSVD+ ist außerdem: Der jetzt geplante Abschiebeflug ist ein Sammelflug, Ali A. würde mit jenen Personen abgeschoben werden, die ihn bereits in Deutschland wegen seiner Homosexualität mit dem Tode bedroht haben. „Eine Abschiebung in den Irak unter diesen Umständen ist eine direkte Abschiebung ins Gefängnis, vielleicht sogar in den Tod. Es ist nahezu sicher, dass die irakischen Behörden sofort von Alis Homosexualität erfahren werden. Wenn das BAMF nicht zur Vernunft kommt, ist das Bundesinnenministerium gefragt: Es muss hier intervenieren“, so Dörr.
Und Wöhner weiter: „Wenn das BAMF an diesem Irrsinn festhält, müssen die bayrischen Behörden die Abschiebung stoppen. Die homofeindliche Gewalt und die Tatsache, dass er auf dem Flug geoutet ist, sind den Behörden bekannt. Die Todesstrafe ist in Deutschland abgeschafft und das gilt auch für queere Geflüchtete, daran müssen sich auch BAMF und Landesbehörden halten.“
Der Irak geht inzwischen mit größtmöglicher Radikalität gegen Homosexuelle vor. Zuerst verabschiedete das irakische Parlament ein neues Anti-Homosexuellen-Gesetz, das „Werbung für Homosexualität“ sowie homosexuelle Handlungen mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft. Kurz darauf wurden die digitalen Kommunikationswege von Schwulen und Lesben beschnitten. Immer wieder wird auch über Hetzjagden und Lynchjustiz berichtet.