Direkt zum Inhalt
Entkriminalisierung von Prostitution
Rubrik

Warum ist dieses so wichtig? Entkriminalisierung von Prostitution

kk - 21.12.2019 - 10:00 Uhr

Sowohl Fachverbände, Beratungsstellen als auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) kämpfen dafür und zwar mit guten Gründen: Die Entkriminalisierung und Legalisierung von Prostitution. Warum dieses Thema wichtig ist und was sowohl Beteiligte als auch der Staat davon hätten, hier ein paar Fakten und Worte dazu.

Laut Amnesty International sind Prostituierte „eine der am meisten marginalisierten Gruppen der Welt“, die sich einem „ständigen Risiko der Diskriminierung, Gewalt und des Missbrauchs“ ausgesetzt“ sieht. Dies gilt für Frauen, Männer als auch Transgender gleichermaßen, so dass diese Sexarbeiter*innen endlich den Schutz der Menschenrechte genießen müssen.

Viele Menschen fordern eine Entkriminalisierung

Für die Entkriminalisierung von Sexarbeit (natürlich geht es hier nur um einvernehmlichen Sex zwischen erwachsenen Personen) spricht einiges:

So hätte diese laut internationalen Hilfsorganisationen wie zum Beispiel Human Rights Watch einen positiven Einfluss auf die weltweite HIV-Ansteckungsrate, bei der bis zu 46 Prozent der Neuansteckungen in den kommenden Jahren verhindert werden könnten.

Experten sind sich zudem sicher, dass ein Verbot Prostitution nur in den Untergrund treibe, wo dann ein Klima der Gewalt und der Übergriffe sehr viel besser „blühen“ könne. Dieser Zusammenhang ist mittlerweile auch wissenschaftlich erwiesen: Eine Kriminalisierung von Sexarbeit erhöht das Risiko der Beteiligten, Opfer von Gewalt und anderen Straftaten zu werden.

Durch eine Legalisierung würden zudem die Arbeitsbedingungen von Prostituierten deutlich verbessert. Der Staat ermöglicht ihnen so ein angstfreies und sicheres Leben ohne gesellschaftliche Ächtung. Gerade Prostituierte in prekären Lagen oder bereits marginalisierte Gruppen wie Transgender profitieren davon, da ihnen der Zugang zu Hilfe und Beratung offen stehen würde.

Sexarbeiter*innen sollten für ihre Arbeit wie jeder andere Bürger auch gesetzliche Rahmenbedingungen vom Staat erhalten: Dazu gehört selbstverständlich auch der freie Zugang zu medizinischer Versorgung und zu Beratungs- sowie Hilfsangeboten, die sich differenziert auch an Prostituierte aus der LGBTI*-Community richten.

Kondompflicht verringert die Ansteckungsgefahr

Weltweit wird mit dem Thema unterschiedlich umgegangen: Innerhalb der EU gibt es drei Haltungen dazu – tolerieren, regulieren und verbieten. In den USA ist Prostitution durchwegs strafbar, einzige Ausnahme bildet der Bundesstaat Nevada. Natürlich blüht das Gewerbe dort aber auch ganz prächtig und Menschenhandel sowie Zwangsprostitution gibt es trotz Verbot auch reichlich. Aktivisten, die sich für die Entkriminalisierung einsetzen, bekommen es mit religiösen sowie rechten Gruppierungen zu tun. Eine Legalisierung würde jedoch genau deren Argumenten entkräften und Sexarbeiter*innen wirklich helfen: Denn momentan wird diesen eben nicht geholfen, sondern sie werden wegen ihrer Arbeit rechtlich belangt.

Deutschland verfolgt dabei den regulierenden Ansatz, Prostitution ist legal und unterliegt dabei spezifischen Vorgaben. Seit 2017 existiert das neue Prostituiertenschutzgesetz, in dem Dinge wie Anmeldepflichten, Kondompflichten und Finanzielles geregelt ist. So unterliegen die Sexarbeiter*innen als Angestellte einer Lohnsteuerpflicht und als Selbstständige einer Einkommenssteuerpflicht samt Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und Vergnügungssteuer. Mit dem Gesetz erhalten Beteiligte auch das Recht, vereinbarten Lohn von Kunden einzuklagen, falls diese nicht bezahlen. Damit haben Sexarbeiter*innen die gleichen Rechte und Pflichten wie andere Arbeitnehmer*innen auch, es gelten beispielsweise Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsregelungen und alle Versicherungsaspekte wie Arbeitslosen-, Renten- oder Sozialversicherung. Selbstständige können sich freiwillig versichern. In dem Gesetz wird ebenso explizit die Sicherheit durch die Polizei erwähnt, an die man sich in Notsituationen wenden kann.

Schutz durch die Polizei

Der Entkriminalisierung von Prostitution liegt natürlich immer das Fundament der Freiwilligkeit zugrunde. Hier gibt es natürlich auch kritische Stimmen, die nicht unterschlagen werden sollen. Psychotherapeuten bezweifeln, dass Prostitution als „normale Tätigkeit“ angesehen werden kann und sind auch skeptisch, was das Konzept der „Freiwilligkeit“ betrifft.
Andere Positionen bestreiten dies: Solange Prostitution freiwillig passiere, sei sie ein Job wie jeder andere auch und man könne sowohl sein sexuelles Selbstbestimmungsrecht ausüben als auch bestimmte Praktiken wie Kunden ablehnen – all dies Aspekte einer Freiwilligkeit. Nur die Moralvorstellungen der Gesellschaft mache sie zu etwas „Anstößigem“. Hier kann – wie bereits erklärt – eine Legalisierung ebenfalls hilfreich sein und Prostituierte, egal ob weiblich, männlich oder trans*, wären viel besser und sicherer gestellt, wenn der Sexarbeit nicht dieses große Stigma anhaften würde.

Auch Interessant

Schwuler Pflanzenliebhaber

Die Hingabe für besondere Gewächse

Warum vergeilen Pflanzen? Wo gibt´s Megasperma? Und warum sind Blätter mit großen Löchern so toll? Pflanzenkenner Tim Schröder hat es uns verraten.
35 Jahre Lambda

Jubiläum beim Jugendnetzwerk

Lambda feiert 35. Geburtstag! Was waren die größten Hürden, was die größten Erfolge? Und wie sieht die Zukunft des queeren Jugendnetzwerks aus?
Gesunde Gartenarbeit

Tips für die perfekte Heimarbeit

Gartenarbeit ist gesund und gut! Aber nur, wenn es ohne Zerrungen und Verletzungen gelingt. Wie das klappt, verraten wir dir gerne!
Frische Garten-Trends 2025

Die Highlights für dieses Jahr

Wie wird dein Garten zum Hingucker in diesem Jahr? Wir verraten dir die Garten-Trends 2025, frisch, sexy, exklusiv.
Der unbekannte HIV-Status

8.200 Infizierte wissen es nicht

In Deutschland gibt es rund 8.200 Menschen, die nichts von ihrem HIV-Status wissen. Warum ist das bis heute so? Woher kommen die "Late Presenter“?
Fünf Jahre Rainbow City

Queeres Leben in Heidelberg

Heidelberg feiert fünf Jahre Rainbow City. Gleichzeitig sieht sich die queere Community bedroht von finanziellen Kürzungen.
Mister Fetish Bayern

Erster Titelträger im Freistaat

Erstmals wurde in Bayern der Mister Fetish Bayern gewählt, eine Neuerungen mit vielen spannenden Details. Titelträger Andy im Exklusiv-Interview.
Gewalt unter Männern

Raus aus dem Tabu

Gewalt in Partnerschaften? Da haben wir sofort Angriffe gegen Frauen im Kopf, dabei ist jedes dritte Opfer männlich - auch in schwulen Beziehungen!
Coming-Out in späten Jahren

Wie gelingt ein spätes Outing?

Das Coming-Out, bis heute eine Hürde für alle. Besonders schwer kann es in späteren Jahren werden. Wie also gelingt ein Outing bei Männern 30+?