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35 Jahre Lambda
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35 Jahre Lambda Was waren die größten Hürden, was die größten Erfolge? Und wie sieht die Zukunft des queeren Jugendnetzwerks aus?

ms - 02.05.2025 - 10:00 Uhr

Das Jugendnetzwerk Lambda feiert am 2. Mai seinen 35. Geburtstag! Seit 1990 engagiert sich der Verein deutschlandweit für queere Jugendliche. SCHWULISSIMO blickte zusammen mit Geschäftsführerin Kim Trau auf ein besonderes Jubiläum.  

Kim, Du hast als Ehrenamtliche angefangen und bist seit 2021 Bundesgeschäftsführerin. Wie hat sich seitdem verändert?

Was sich bei Lambda als Verband von und für junge LSBTIQA* immer weiter verändert, das sind die Menschen, die sich bei uns engagieren. Spätestens nach fünf Jahren sind Ehrenamt und Hauptamt fast komplett ausgestauscht. Dieser ständige «Experience Drain» ist für uns als Organisation eine ziemliche Herausforderung und selbst mit einem perfekten Wissenstransfer geht viel verloren. Auf der anderen Seite können wir auch einfach mal machen und brauchen nicht Jahrzehnte, um uns als Organisation weiterzuentwickeln. Lambda wurde von Anfang an als lesbisch-schwules Jugendnetzwerk gegründet, 2007 wurden auch trans* Jugendliche explizit in der Präambel benannt. Womit wir alledings immer zu kämpfen haben: Junge Queers werden nicht nur benachteiligt, weil sie queer sind, sondern auch, weil sie jung sind. «Jung und knackig» heißt bei vielen eben auch «jung und naiv».

Wie erlebst Du die junge queere Generation?

Wer heute aufwächst, der*dem liegt ein Wissen zu füßen, von dem hätte ich nur träumen können. Gleichzeitig kann es auch ziemlich überfordern, wenn mensch «alles überall» werden und tun kann. Leider sind es aber nicht die Älteren, die wirklich reifer mit der digitalen Welt umgehen. Da macht die Eltern-Generation die gleichen Fehler wie ihre Kinder und die Großeltern meinen, «Handy weg» sei die Antwort. Andererseits dachte ich bei meinen letzten CSDs: Ich bin alt geworden, so viele junge Menschen hier! Sie sind sichtbar, laut, kreativ, bunt und politisch. Ohne sie wären die Paraden um mehr als die Hälfte kleiner.

Was waren eure größten Erfolge?

Als Organisation überlebt zu haben! Das meine ich wirklich so. An wem wird gerne als erstes gespart? Das sind oft selbstorganisierte Jugendstrukturen, die nicht über das politische Gewicht verfügen, Kürzungen zu verhindern. Auch mehr als eine Insolvenz hat es in der Lambda-Geschichte schon gegeben. Wir haben ja keine Erwachsenenorganisation im Hintergrund, die uns im Notfall auch mal den Rücken stärkt oder für Liquidität sorgt, wenn der Fördermittelbescheid Monate braucht. Gelebtes Empowerment, gelebte Teilhabe und Vereinsdemokratie seit 35 Jahren, das ist für mich der größte Erfolg von Lambda.

Am Ende des Tages müssen auch die Finanzen stimmen. Vielerorts wird derzeit der Rotstift angesetzt, auch beim Lambda-Landesverband Berlin-Brandenburg. Wie schwierig ist die Lage aktuell?

Als Berufsoptimistin versuche ich mir immer zu sagen, dass es schon nicht so schlimm wird, aber das politische Kapital von uns Queers – das sehen wir gerade in den USA – ist nicht so groß, wie wir das vielleicht gehofft haben. Pink Money ist flüchtiger als Gold und Immobilien. Was wir brauchen, ist eine große Stressteststudie, die nachzeichnet, wie schnell sich Fördermittel und Rechte entziehen lassen. Berlin ist dafür ein gutes Beispiel, da die Kürzungen von einer CDU-geführten Senatsverwaltung ohne Zustimmung der SPD, ihres Koalitionspartners, durchgezogen werden konnten. Einfach nur Vertrauen, die Zeiten scheinen vorbei zu sein. Jetzt heißt es, das Erreichte abzusichern. Wir müssen besser verstehen, wie angreifbar wir wären und was wir dagegen tun müssen. 

Was hätte Lambda in der Vergangenheit besser machen können?

Strategischer arbeiten, sich nicht immer wieder die Butter vom Brot nehmen lassen. Als aktivistisch orientierter Jugendverband sind wir oft im Hier und Jetzt, im Wie-können-wir-helfen-Modus und stellen uns nicht ständig die Frage, was wir tun müssten, was aber erst in zehn Jahren Ergebnisse liefert. Unser Plan ist es deshalb, eine Stiftung zu gründen, die sich um Langzeitstrategien kümmert, zum Beispiel, was Vermögensaufbau oder sehr langfristige Organisationsentwicklung betrifft. Die Satzung soll dabei sicherstellen, dass das kein Ältestenrat wird. 

Früher kämpfte die Community um Rechte wie die Ehe für alle, heute sind die Probleme andere, oder?

Ich glaube, es ist eine Erwachsenenperspektive zu glauben, dass die Ehe für alle für junge Menschen das große Ding war. Symbolisch natürlich, aber von den Herausforderungen her, vor denen viele junge Menschen erstmalig stehen wie den Schulabschluss schaffen, vielleicht studieren, selbstständig leben, das eigene Leben managen, ihre eigene Sexualität und Identität erkunden und definieren, da haben sich vielleicht die Umstände geändert, aber nicht die Themen an sich. Insofern sind unsere Schwerpunkte ziemlich stabil geblieben: Beratung, Freizeit, Jugendbildungsangebote, Interessenvertretung. 

Du hast drei Wünsche zum Geburtstag frei – was wären diese?

Eine Million Euro für unsere langfristige Absicherung, ein barrierefreies Lambda-Zentrum und dass unser digitales Jugendnetzwerk lambda space ein großer Erfolg wird, damit alle jungen Queers die Möglichkeit bekommen, an unserer Community teilzuhaben. Es gibt zu viele, die bislang außen vorgeblieben sind, weil sie auf dem Land leben oder die existierenden Angebote für sie nicht zugänglich sind.

Kim, alles Gute euch und vielen Dank für´s Gespräch!

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