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Fünf Jahre Rainbow City
Rubrik

Fünf Jahre Rainbow City Kampf um Safe Spaces und für eine weitere Finanzierung

ms - 29.04.2025 - 10:00 Uhr

In diesem Jahr feiert Heidelberg ein Jubiläum: Fünf Jahre Rainbow City. Ziel ist es, queeres Leben in der Neckar-Metropole zu fördern. Doch auch hier wie vielerorts könnten Einsparungen die Arbeit der letzten Jahre zunichtemachen. SCHWULISSIMO fragte nach beim Team vom Queeren Netzwerk Heidelberg. 

Was hat sich in den letzten Jahren verbessert?

Dank des gemeinsamen Engagements der queeren Community und der Stadt ist Heidelberg seither offener und vielfältiger geworden und das Bewusstsein für queere Lebensrealitäten ist gestiegen. Ein zentraler Bestandteil dieses Erfolgs ist die Arbeit verschiedener Träger*innen mit Präventions-, Unterstützungs- und Beratungsangeboten, die Queerfeindlichkeit in unserer Gesellschaft, in der Schule und im öffentlichen Raum entgegenwirken. 

Es gibt inzwischen zwei reale Anlaufpunkte, wo sich die Community treffen kann: Das ehemalige Karlstorkino sowie das Queer Festival. Welche Angebote gibt es hier für queere Menschen?

Der Queer Space im ehemaligen Karlstorkino bietet einerseits ein regelmäßiges niederschwelliges Angebot, andere Menschen zu treffen in der Form eines offenen Queer-Cafès, und andererseits einen sicheren Raum für die vielen kleinen Gruppen, die sich in den letzten Jahren in Heidelberg gegründet haben. Dabei bekommen auch Gruppen einen Raum, die von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind, zum Beispiel die Gruppe queerer Menschen mit Fluchterfahrung. Alles, was davor immer Raumnot hatte, hat jetzt hier einen Raum, und zwar einen Raum, bei dem nicht erst erklärt werden muss, was eine queere Veranstaltung ist. Daneben bietet das Queer Festival ein riesiges queeres Kulturprogramm, das die Türe zur Welt aufmacht und der gesamten Gesellschaft zeigt, was queere Kultur ist. Das Queer Festival bietet eine enorme Gelegenheitsstruktur der Begegnung von Stadtgesellschaft und queerer Community, trägt sehr zur Sichtbarkeit der Community bei und erhöht die Akzeptanz der Vielfalt von queerem Leben in der Stadt. Nicht zu vergessen sind aber auch die Angebote von PLUS, die Angebote und (Peer- und Fach-)Beratung zur Vielfalt von sexueller Orientierung und Geschlecht bereitstellen und die Fachstelle Rainbow City Kids, die neben der Arbeit in Schulen mit Queer Youth einen queeren Jugendtreff leitet. 

Vielerorts wurde zuletzt der Rotstift angesetzt. Wie sieht die Lage derzeit in Heidelberg aus? 

Aktuell ist der Haushalt noch in der Verhandlung. Der Entwurf des Oberbürgermeisters hat jetzt erstmal ein Einfrieren der Mittel vorgesehen, aber mit der Aufgabe für die Politik, noch 20 Prozent zu kürzen. Im kleinen queeren Bereich zu kürzen wäre katastrophal, die genannten Strukturen machen einen winzigen Bruchteil des gesamten Haushaltes aus – bereits das Einfrieren von Mitteln zieht schon eine faktische Streichung von Angeboten nach sich. Obwohl der queere Bereich kaum Einsparpotential bietet, riskiert die Stadt Heidelberg das Zusammenbrechen von mühsam und teilweise im Ehrenamt aufgebauten Strukturen.

Das alles, während auch in Baden-Württemberg die Fälle von Hasskriminalität ansteigen. Wie sehen eure Erfahrungen hier aus? 

Die Enthemmung, sich abwertend über Minderheiten zu äußern, kommt im öffentlichen Raum der Stadt Heidelberg an – leider kommt es öfter zu Beleidigungen, diskriminierenden Aussagen und auch zu Gewalt. Junge queere Menschen berichten von großen Ängsten, in die Schule zu gehen. In unserem Bereich PLUS for Refugees ist diese Entwicklung noch krasser. Der Rassismus und die Queerfeindlichkeit haben in der Gesellschaft so stark zugenommen, dass der Alltag für diesen Teil der queeren Community stark belastet ist.

Ihr bekommt auch Anfragen von Schulen – was wünschen sich diese?

Die Rückmeldungen der pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen der offenen Jugendarbeit und in Schulen zeigen eine Zunahme von queer- und transfeindlichen Aussagen und Haltungen. Die Fachkräfte sehen ihrerseits darum einen Bedarf darin, dass ihnen entsprechende Handlungs- und Argumentationskompetenzen vermittelt werden. Besonders im Bereich Schule sprechen queere Jugendliche davon, dass sie diskriminiert und ausgegrenzt werden und erklären es damit, dass sexuelle und geschlechtliche Vielfalt nicht ausreichend thematisiert und unterstützt wird. Diskriminierungen und queerfeindliche Haltungen und Aussagen müssen konsequent verfolgt und mit den betreffenden Jugendlichen geklärt werden. Die Bedürfnisse von trans*, inter* und nicht binären Jugendlichen zum Beispiel bei der Namensführung und Toilettennutzung müssen ernstgenommen und entsprechend umgesetzt werden. 

Heidelberg ist eine Universitätsstadt mit tausenden Studenten, darunter auch viele queere Menschen. Wie lebt es sich als queere Person hier inzwischen? 

Heidelberg kann nicht isoliert gesehen werden, es ist Teil der Region mit Mannheim/Ludwigshafen und Karlsruhe, Darmstadt und Frankfurt. Vor einigen Jahren blieb queeren Menschen mit Sehnsucht nach einem aktiven queeren Leben nur der Wegzug in die Großstadt. Mittlerweile ist die Region deutlich belebter für queere Kultur und Begegnungen mit der Community. So, wie queere Menschen nach ihrem Outing in der Regel nicht zurück in den Schrank wollen, werden auch wir dafür kämpfen, dass Heidelberg für queere Menschen lebenswert und sicher ist. Durch das queere Netzwerk versuchen wir, solidarisch miteinander zu sein. Wir hoffen, dass sich auch die Stadtpolitik solidarisch zeigt, auch in schweren Zeiten Wort hält und Heidelberg nicht hinter seiner schönen Fassade queerpolitisch auf Eis gelegt wird. 

Vielen Dank für das Gespräch.

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