Sexarbeit unter Männern Rund 1.000 Männer arbeiten als professionelle Sexarbeiter in Deutschland
Heute feiern wir den Internationalen Tag der Rechte von Sexarbeitern. Seit 2001 wird einmal im Jahr am dritten März an die Situation von Sexarbeitern auf der ganzen Welt gedacht – auch in Deutschland. Dabei stellt die Sexarbeit unter Männern bis heute eine besondere Variante dar, wie Andre Nolte, Sprecher des Berufsverbandes Sexarbeit e.V. gegenüber SCHWULISSIMO bestätigt: „Sexarbeit von Mann zu Mann ist in gewisser Weise direkter und auch abgeklärter. Gerade in der schwulen Welt ist es dabei für viele Sexarbeiter auch irgendwie cool, in dem Gewerbe tätig zu sein, es schafft mancherorts einen zusätzlichen Kick, für Sex auch noch bezahlt zu werden. Auf der anderen Seite wird man bei der eigenen ´Brautschau´ schon auch noch des Öfteren an das Hurenstigma erinnert.“
Lockerer Umgang in der Community
Generell lasse sich dabei festhalten, dass die LGBTI*-Community insgesamt auch viel offener mit dem Thema umgehe als die breite Gesellschaft. Für Nolte liegt das eindeutig daran, dass unter Homosexuellen sowie auch queeren Menschen die Entwicklungsgeschichte rund um die Sexualität eine andere ist und oftmals auch offener reflektiert werde. Abseits der queeren Community gäbe es auch heute noch viele Vorurteile.
Rund 1.000 professionelle männliche Sexarbeiter
Das Sexarbeiter-Portal HUNQZ wertete im Auftrag des Berufsverbandes Sexarbeit die aktuelle Datenlage aus – demnach erfuhr die Branche der Sexarbeit zwischen Männern seit der Covid-Pandemie einen Zuwachs um rund 20 Prozent. Viele der rund 20.000 angemeldeten männlichen Sexarbeiter online bieten sich nur ab und zu an, um ein Zusatzeinkommen zu generieren. Nach Auswertung der Profile und der detaillierten Datenlage schätzt Nolte, dass ungefähr 1.000 Männer professionell und hauptberuflich als Sexarbeiter für Schwule und Bisexuelle tätig sind. Dabei zeige die Entwicklung auch, dass sich immer mehr in der digitalen Welt abspiele inklusive Only-Fans-Accounts, der klassische Straßenstrich scheint bis auf wenige Ausnahmen immer mehr zum Auslaufmodell zu werden – dieses Geschäft basiere mittlerweile größtenteils auf Migrationsprostitution und sei zumeist familiär organisiert.
Gleichbehandlung von Sexarbeitern?
Probleme gibt es indes auch nach Corona und den zwischenzeitlichen Berufsverboten während der Lockdowns auch heute noch: Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schütze so zwar heutzutage Arbeitnehmer, nicht aber Sexarbeiter. Nolte hofft auf eine mögliche Novellierung dieses Gesetzes noch in diesem Jahr. Die Versorgungslage bezüglich Beratung, Gesundheitsvorsorge und Präventionsangeboten wurde durch drei Jahre Corona zudem massiv verschlechtert und hat sich seitdem nicht ausreichend wieder verbessert.
Sexkaufverbot nach Schwedischem Modell?
Zudem machen den Sexarbeitern auch die stets neuen Debatten um das Sexkaufverbot, das sogenannte Schwedische Modell, zu schaffen, das ähnlich wie in Schweden auch in Deutschland nach den Wünschen mancher eingeführt werden sollte. Dabei werden nicht die Sexarbeiter, sehr wohl aber Kunden von Sexarbeitern kriminalisiert. „Das ist populistisch und der Versuch, für komplexe Fragen einfachste Lösungen zu finden. Es offenbart zudem ein vollkommen falsches Verständnis von Sexarbeit an sich und bestraft indirekt trotzdem alle Sexarbeiter, die dadurch in die Illegalität gedrängt werden. Das führt dazu, dass Sexarbeiter verstärkt unerreichbar für Beratungsangebote werden und bei ihrer Arbeit in gefährliche Situationen und Locations gedrängt werden. Nicht grundlos sprechen sich viele Organisationen wie die Deutsche Aidshilfe oder auch Amnesty International klar gegen das Schwedische Modell aus. Wenn wir ehrlich sind, müssten wir uns eingestehen, dass Sexarbeit damit auch nicht verschwinden wird, sie wird nur unsichtbar gemacht, um ein Bild der heilen Welt aufrechtzuerhalten. Das ist nicht nur verlogen, sondern für alle Beteiligten auch menschenunwürdig, sowohl für die Kunden selbst wie aber auch für die Sexarbeiter!“, so Nolte abschließend.