Umdenken beim Gendern? „Wir wollen so sprechen wie unser Publikum.“
Umdenken beim Thema Gendern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR)? In den letzten Jahren haben mehrere Studien bereits klar belegt, dass eine Mehrheit der Deutschen die Gendersprache ablehnt, auch innerhalb der LGBTI*-Community. Nun scheint der WDR als erste Anstalt im ÖRR sich öffentlich gegen die Nutzung der Gendersprache auszusprechen – eine Kehrtwende für die gesamte TV-Landschaft?
Gender-Kritiker nehmen zu
Dem öffentlichen Statement vorausgegangen war eine aktuelle repräsentative Umfrage von infratest dimap im Auftrag des WDR – die Ergebnisse wurden diese Woche bekanntgegeben. Einmal mehr zeigte sich auch hier, der deutlichen Mehrheit der Bundesbürger (62 %) ist das Gendern nicht wichtig, mehr noch, die Zahl der Kritiker ist seit 2020 sogar noch einmal angestiegen. Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt es kaum, so der WDR. Auch zeigt sich im Vergleich zu 2020, dass immer mehr Bundesbürger sowohl beim Lesen wie auch beim Hören von der Gendersprache genervt sind – auch hier lehnt eine gestiegene Mehrheit dies ab. Deutlich eher akzeptiert (69 % der Befragten) wird dagegen die Doppelnennung von männlichen und weiblichen Formen, also zum Beispiel "Ärzte und Ärztinnen".
Sprechpausen in einem Wort unerwünscht
Ebenso klar lehnt laut dem WDR die Mehrheit der Deutschen jedwede Form von Symbolen wie Sternchen, Strich oder Doppelpunkt ab, insgesamt 59 Prozent der Befragten. Die Sprechpause inmitten eines Wortes, die sogenannte "Gender-Gap", finden sogar 69 Prozent der Bundesbürger gar nicht gut. Die Mehrheit der Deutschen scheint sich so ganz offensichtlich der Meinung der Kritiker anzuschließen, dass die Gendersprache Frauen und LGBTI*-Menschen nicht gleichberechtigt darstelle, sondern eher die Sexualität noch hervorhebe und dabei jedwede Orthografie oder Logik bei der Anwendung der Sprache hinter sich lasse.
WDR will auf Sprechlücke verzichten
Immer wieder wurden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten genau deswegen scharf kritisiert, weil in immer mehr TV- und Hörfunkprogrammen die Gendersprache entgegen dem mehrheitlichen Wunsch zum Einsatz gekommen war. In den sozialen Medien wurde den staatlichen TV-Anstalten sogar unterstellt, sie würden eine Art von Bevormundung des Publikums betreiben. WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn hat jetzt erstmals als hoher Vertreter der Rundfunkanstalten darauf reagiert und erklärt: „Sprache ist ja etwas ganz Persönliches und wir wollen so sprechen wie unser Publikum. Und wenn wir feststellen, dass diese Sprechlücke abgelehnt wird, dann empfehlen wir auch, darauf zu verzichten.“ Deswegen werde der gesprochene Gender-Gap weitestgehend im WDR nicht mehr zum Einsatz kommen. Einzelne Redaktionen könnten allerdings sich noch für die Nutzung entscheiden, wenn die Form beim Publikum eines speziellen Angebots überwiegend vertraut und gebräuchlich sei, beispielsweise bei einem Angebot in den sozialen Medien.