Mehr LGBTI*, mehr Hassverbrechen! Gleichzeitig: 40 Prozent der jungen Briten definieren sich als LGBTI*
Die britische Gesellschaft zeigt sich in puncto LGBTI* einmal mehr sehr zwiespältig: Positive Nachrichten kommen vom Forschungsinstitut Ipsos, das im Auftrag der LGBTI*-Organisation Stonewall in einer repräsentativen Studie Jugendliche und junge Erwachsene, die sogenannte Generation Z, unter die Lupe nahm. Die Daten stammen aus drei Umfragen, bei denen eine repräsentative Quotenstichprobe von 2.150 Briten verwendet wurde. Das Ergebnis: Rund 40 Prozent von ihnen gaben an, eine Anziehungskraft zum gleichen Geschlecht zu verspüren, also schwul, lesbisch oder bisexuell zu sein. Nur noch knapp 53 Prozent definieren sich als rein heterosexuell. Die LGBTI*-Organisation Stonewall, die zuletzt aufgrund ihrer mitunter extremen Radikalisierung bezüglich von Trans-Rechten vielfach in die Kritik geraten war, erklärte daraufhin, Großbritannien trete in eine neue Ära der LGBTI*-Vielfalt ein: "Dieser bahnbrechende neue Bericht zeigt, dass unser Leben als LGBTI*-Personen sichtbarer und stärker mit unseren Freunden und Familien verbunden ist", so Nancy Kelley, CEO von Stonewall.
Im weiteren Verlauf erklärte Kelley auch: "Es ist erstaunlich zu sehen, dass jüngere Generationen keine Angst mehr haben, sie selbst zu sein, und dass sie unterstützende Familien und soziale Umgebungen haben, um sich zu entfalten. Dieser tiefgreifende Wandel in unserer Identität und Orientierung zeigt, dass die Idee eines Kulturkriegs, auf die in Teilen der Medien häufig Bezug genommen wird, eine falsche Bezeichnung ist, die von einem engen Teil der Gesellschaft verbreitet wird, der nicht mit der Realität unserer vielfältigen, miteinander verbundenen Gemeinschaften in Berührung kommt und diese nicht akzeptieren will."
Diesem Wunsch nach einer Gesellschaft der Vielfalt stehen die jüngsten zahlen der britischen Polizei gegenüber, die parallel ebenso in diesen Tagen veröffentlicht wurden. So stieg die Zahl der Hassverbrechen insgesamt binnen eines Jahres bis zum März 2022 um 26 Prozent in England und Wales an. Der Löwenanteil der Übergriffe ist rassistisch motiviert, gleich danach folgen Angriffe aufgrund der sexuellen Orientierung. Die Hassverbrechen gegenüber Schwulen und Lesben stiegen binnen eines Jahres um 41 Prozent an, insgesamt waren in Großbritannien so offiziell rund 26.200 Fälle gegenüber Homosexuellen zu verzeichnen. Insgesamt konnte die britische Polizei rund 156.000 Hassverbrechen dokumentieren. Zum Vergleich: In Deutschland wurden zuletzt rund 1.050 Fälle binnen eines Jahres gemeldet. An letzter Stelle bezüglich der Häufigkeit der Angriffe stehen in Großbritannien Übergriffe auf Trans-Personen, wenngleich die Fallzahlen auch hier binnen eines Jahres stark angestiegen sind.
Bei den meisten erfassten Straftaten handelte es sich um Gewalt gegen Personen, Sachbeschädigung und Brandstiftung. Auch religiös motivierte Hassverbrechen haben zugenommen: Mit 8.730 Berichten wurde die höchste Zahl seit zehn Jahren verzeichnet. Jabeer Butt von der Wohltätigkeitsorganisation Race Equality Foundation dazu: "Bei jedem, der sich diese Zahlen ansieht, sollten die Alarmglocken läuten. Der Anstieg aller Arten von Hasskriminalität spricht Bände!“ Leni Morris von der Wohltätigkeitsorganisation Galop, die sich gegen Gewalt und Missbrauch von LGBTI*-Menschen einsetzt, sprach von einem “erschütternden“ Anstieg der Hassverbrechen. Eine “Ära der Vielfalt“, von der die Organisation Stonewall berichtet, scheint angesichts dieser Zahlen eher Ausdruck von Wunschdenken oder Realitätsverlust denn Fakt zu sein.