Spionage bei Grindr-Nutzern? Hat TikTok schwule Männer systematisch überwacht?
Die europäische Digitalrechtsorganisation NOYB wirft TikTok vor, internationales Datenschutzrecht verletzt zu haben, indem die Plattform offenbar Daten von Nutzern der Dating-App Grindr ausspionierte. Die in Österreich ansässige Organisation reichte jetzt Beschwerde bei der nationalen Datenschutzbehörde ein. Neben TikTok stehen auch Grindr und das Marketingunternehmen Apps-Flyer im Fokus. NOYB wirft den Unternehmen vor, durch das Tracking von Aktivitäten zwischen Apps gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen zu haben.
Wurden 14 Millionen Schwulen ausspioniert?
Nach Angaben von NOYB soll das in China ansässige Unternehmen TikTok auf sensible Informationen aus anderen Apps zugegriffen haben, darunter Grindr, LinkedIn und Warenkorbinhalte von Online-Shops. Grindr zählt über 14 Millionen monatlich aktive Nutzer und hat in 190 Ländern insgesamt rund 145 Millionen registrierte User – eine besonders heikle Spionage in Anbetracht der Tatsache, dass die chinesische Regierung immer rigoroser gegen Homosexuelle im eigenen Land vorgeht.
„Unternehmen müssen transparent darüber informieren, wie personenbezogene Daten verwendet werden“, erklärte NOYB. Verstöße gegen diese Informationspflichten können Geldstrafen von zehn bis zwanzig Millionen Euro oder drei bis vier Prozent des weltweiten Jahresumsatzes nach sich ziehen. Besonders sensible Daten, wie etwa Herkunft, Gesundheit, Religion, sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität unterliegen noch strengeren Schutzvorschriften. Ein Sprecher von TikTok erklärte laut NOYB, die Daten würden nur für „personalisierte Werbung, Analysen und Sicherheitszwecke“ genutzt.
Mehrfache Datenschutzverstöße
TikTok ist in der Vergangenheit wiederholt wegen des Umgangs mit sensiblen Nutzerdaten kritisiert worden. So verhängte die irische Datenschutzbehörde im Mai 2025 eine Rekord‑Geldbuße von 530 Millionen Euro, nachdem sie festgestellt hatte, dass TikTok europäische Nutzerdaten unzureichend vor Zugriffen geschützt und an Server in China übertragen hatte, ohne dies transparent zu machen. Nationale und internationale Datenschutz‑ und Sicherheitsbehörden äußerten ebenso mehrfach Bedenken, darunter auch Datenschützer aus Deutschland, die darauf hinwiesen, dass im Hintergrund viele personenbezogenen Daten verarbeitet werden.
Doch auch Grindr selbst sah sich in den letzten Jahren immer wieder mit dem Vorwurf von Verstößen gegen die Datenschutzrichtlinien konfrontiert. Final verlor das Unternehmen zuletzt im November dieses Jahres im Berufungsverfahren in Norwegen und muss nun rund 5,8 Millionen Euro Strafe zahlen. Die US-Firma hat demnach sensible Daten der Nutzer an Werbefirmen weitergegeben, darunter Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, HIV-Status, GPS-Standorte und die IP-Adressen. In Großbritannien läuft derzeit eine Sammelklage gegen Grindr mit deckungsgleichen Vorwürfen.