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Rehabilitierung von Homosexuellen

Aufarbeitung in Frankreich Schadensersatz für 40 Jahre juristische Schwulenverfolgung

ms - 19.12.2025 - 10:30 Uhr
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Die französische Nationalversammlung hat gestern zwei Gesetze mit hohem symbolischem Wert verabschiedet. Sie ermöglichen die Rehabilitierung von Homosexuellen, die zwischen 1942 und 1982 verurteilt wurden, sowie von Frauen, die wegen eines Schwangerschaftsabbruchs verurteilt worden waren, bevor Abtreibungen 1975 legalisiert wurden. 

10.000 Euro Entschädigung 

Beide Gesetze wurden in der Nationalversammlung einstimmig angenommen – trotz der zuletzt starken politischen Spannungen in der Kammer. Das Gesetz zur Rehabilitierung von Homosexuellen muss jedoch noch ein abschließendes Verfahren durchlaufen und mit dem Senat abgestimmt werden. Zwischen beiden Kammern bestehen weiterhin Differenzen, insbesondere hinsichtlich der zu berücksichtigenden Zeiträume und der Höhe möglicher Entschädigungen. Die Senatoren setzten als Vorschlag die Entschädigung auf knapp 10.000 Euro sowie zusätzlich 150 Euro pro Haft-Tag fest

Die Abgeordneten bezogen dabei auch die Jahre des Vichy-Regimes ein. Begründet wurde dies damit, dass nach der Befreiung weiterhin ein vom pro-nationalsozialistischen Regime eingeführtes Gesetz angewendet wurde, das das Mindestalter für homosexuelle Beziehungen auf 21 Jahre festlegte, während es für heterosexuelle Beziehungen bei 15 Jahren lag. Die unterschiedliche Altersgrenze führte zu rund 10.000 Verurteilungen. Hinzu kommt der Straftatbestand der „Verletzung der öffentlichen Ordnung“, der bei gleichgeschlechtlichen Beziehungen strenger geahndet wurde und etwa 40.000 Homosexuelle betraf. 

Die beigeordnete Ministerin für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Aurore Bergé, erklärte: „Die Geschichte, die uns heute zusammenführt, ist die Geschichte jener, deren einziges Vergehen darin bestand zu lieben. Homophobie war staatliche Politik. Diese Verantwortung kann weder umgangen noch verwässert werden. Sie muss klar und vollständig benannt werden.“

Kein Geld für betroffene Frauen 

Für Verurteilungen im Zusammenhang mit Abtreibungen sieht das verabschiedete Gesetz keine Entschädigungen vor. Betroffen waren nach offiziellen Schätzungen mehr als 11.600 Frauen. Der Gesetzestext erkennt an, dass Frankreich über Jahre hinweg Gesetze erlassen hat, die Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellten. Dies führte dazu, dass viele Frauen bei illegalen Abtreibungen starben, andere gesundheitliche Schäden erlitten oder strafrechtlich verurteilt wurden.

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