Pride trotz Verbot Polizei stellt Strafanzeigen gegen alle Teilnehmer des Oradea Pride in Rumänien
Ende Juli Verbot die Stadtverwaltung den Oradea Pride in Rumänien – rund fünfhundert Demonstranten waren trotzdem auf den Straßen, um für Gleichberechtigung, Akzeptanz und mehr Rechte für LGBTIQ+-Personen einzustehen. Auch mehrere internationale Organisationen zeigten Flagge, allen voran der queere Verein Forbidden Colours. Ein Bedauern bleibt indes bestehen: Die internationale queere Community nahm im Gegensatz zum Budapest Pride von Oradea offenbar kaum Notiz.
Queere Stimmen verstummen lassen
Vertreter des Veranstaltungs-Vereins ARK Oradea hatten dazu online erklärt: „Während das staatliche Verbot in Ungarn zu Recht weltweit für Aufsehen sorgte und Ende Juni über 100.000 Menschen an der ´verbotenen´ Budapest Pride teilnahmen, interessierte sich niemand für das zweite europäische Verbot einer Pride in diesem Jahr. Wir befinden uns in Oradea, Rumänien, einer Stadt mit knapp 200.000 Einwohnern, die die Veranstaltung de facto verboten hat.“ Die Stadtverwaltung hatte trotz elf Alternativ-Routen den Pride kurzfristig mit der fadenscheinigen Begründung abgesagt, es gäbe plötzlich sich überschneidende Veranstaltungen. „Es handelte sich nicht um einen logistischen Zwischenfall, sondern um eine bewusste politische Entscheidung, queere Stimmen zum Schweigen zu bringen“, so Rémy Bonny, Geschäftsführer von Forbidden Colours.
Polizei nimmt Personalien auf
Rund 500 Menschen kamen trotzdem, um auf einer alternativen Route in Form eines friedlichen Protests bei großer Hitze gegen die staatliche Zensur zu demonstrieren. Die Polizei nahm die Personalien der CSD-Demonstranten auf. „Die Teilnehmer wurden mit Geldstrafen belegt, die Organisatoren wurden mit Geldstrafen belegt, sogar diejenigen, die eine Panikattacke hatten und versuchten, sich allein aus der Menge zu entfernen, wurden polizeilich festgehalten und erfasst“, berichtete die italienische Journalistin Simone Alliva.
Ebenso vor Ort mit dabei war Bonny von Forbidden Colours: „Ich stehe an der Seite der mutigen rumänischen LGBTIQ+-Gemeinschaft, um zu sagen: Wir sind hier, wir sind sichtbar und wir werden nicht zurückweichen. Dies ist nicht nur ein Protest gegen ein Verbot. Es ist ein Marsch für Freiheit, Gleichheit und die demokratische Zukunft Europas. Was heute in Oradea geschieht, spiegelt wider, was Orbán in Ungarn institutionalisiert hat!“
Forderungen an die EU-Kommission
Ebenso zu Wort meldete sich die European Pride Organisers Association: „Mehr als 500 Teilnehmer haben an der Oradea Pride in Rumänien teilgenommen. Wir gratulieren Oradea Pride zu ihrer ersten Parade und der großen Teilnehmerzahl, trotz des Verbots und des Widerstands der lokalen Behörden. Das illegale Verbot von Pride-Paraden ist besorgniserregend, und wir fordern die Europäische Kommission auf, Sanktionen gegen Länder zu verhängen, die den Zugang zu Menschenrechten verbieten oder einschränken, insbesondere gegen Gesetzesinitiativen, die das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit einschränken.“ Dieser Forderung schlossen sich auch mehrere andere queere Vereine an.
Schwierige Lage in Rumänien
In Rumänien wurde Homosexualität 2001 entkriminalisiert, aber bis heute werden weder gleichgeschlechtliche Ehen noch eingetragene Partnerschaften anerkannt. Im Parlament ist ein Ad-hoc-Gesetz seit langem ins Stocken geraten, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2023 entschieden hat, dass Rumänien gleichgeschlechtlichen Paaren die rechtliche Anerkennung garantieren muss. Bis heute ist Rumänien neben Polen, Bulgarien, Litauen und der Slowakei eines der letzten fünf Länder der Europäischen Union, das kein Gesetz über Lebenspartnerschaften oder nichteheliche Lebensgemeinschaften hat.
Auf der Rainbow Map der ILGA Europe für 2025 liegt Rumänien auf Platz 41 von 49 Ländern. Im Mai dieses Jahres stimmte das Land in der Stichwahl um das Präsidentenamt mit knapp 54 Prozent für den pro-europäischen, liberalen Politiker Nicusor Dan. Sein Gegenkandidat, der rechtsextremen George Simion, kam auf rund 46 Prozent. Die Hoffnungen auf eine rechtliche Verbesserung für die LGBTIQ+-Community ruhen seitdem auf Dan.