Direkt zum Inhalt
Ohrfeige für die EU
Rubrik

Ohrfeige für die EU Rumäniens Premierminister stellt sich offen gegen Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

ms - 27.11.2023 - 10:00 Uhr

Im Mai dieses Jahres fällte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ein wichtiges Urteil – Rumänien muss gleichgeschlechtliche Ehen oder zumindest die rechtliche Eintragung einer homosexuellen Partnerschaft erlauben, alles andere verstoße sonst gegen die grundsätzlichen Menschenrechte. Eine Ungleichbehandlung mit Heterosexuellen sei nicht hinnehmbar, erklärte damals einer der Richter – in Rumänien wird dies offenbar nach wie vor anders gesehen.

Ein „Fuck you“ in Richtung EU

Premierminister Marcel Ciolacu erklärte nun im Interview mit Europa FM, dass er das Urteil schlicht nicht umsetzen werde, denn die rumänische Bevölkerung sei noch nicht bereit dafür, Homosexuellen gleiche Rechte zuzustehen. Ferner erklärte Ciolacu, er selbst sei kein prüder Mensch und er habe auch Freunde, die in einer homosexuellen Beziehung leben. Abschließend betonte der Premierminister zudem, er glaube nicht, dass es das letzte Mal sein werde, dass Rumänien ein Urteil des EGMR nicht umsetzen werde. Man kann es kaum anders werten als ein großes verbales „Fuck you!“ in Richtung EU.

Langer Kampf um mehr Rechte

Die Gay-Community im Land dürfte erschüttert, wenngleich wahrscheinlich wenig überrascht über die neusten Äußerungen des links konservativen Premierministers sein. Vor dem Gerichtshof hatten zuvor 21 gleichgeschlechtliche Paare eine Klage eingereicht und gewonnen; sieben Mal waren seit 2016 Gesetzesvorschläge auf Länderebene gescheitert, die mehr Rechte für Homosexuelle vorgesehen hätten – auch ein Referendum 2018 bekam nicht ausreichend Stimmen.

Konfrontationskurs mit der EU

Homosexualität ist in Rumänien zwar seit 2001 legal, allerdings gibt es ansonsten kaum Rechte für Schwule und Lesben. Ebenso desolat sieht es bei der gesellschaftlichen Anerkennung aus, gerade einmal 43 Prozent der Rumänien befürworten überhaupt mehr Rechte für Homosexuelle (Umfrage LGBT-Gruppe ACCEPT). Mit dem jetzigen Nein in Richtung EU ist Rumänien das nächste Land nach Ungarn, Polen und Italien, das sich klar gegen mehr Rechte für Schwule und Lesben positioniert und auf direkten Konfrontationskurs mit der Europäischen Union geht.  

Auch Interessant

Proteste gegen Milei

LGBTIQ+ und Frauen sagen Nein!

Proteste in Argentinien: Massive landesweite Demonstrationen kritisieren Präsident Javier Milei nach seinen homophoben und frauenfeindlichen Aussagen.
Digitale Datenbank des Grauens

Russland erstellt Schwulenlisten

Datenbank des Grauens: Die russische Regierung baut ein elektronisches Register zur kompletten Überwachung von Homosexuellen und queeren Menschen auf.
Haftbefehle gegen die Taliban

Bahnbrechende Maßnahme für LGBTIQ+

Der Internationale Strafgerichtshof geht erstmals gegen den LGBTIQ+-Hass in Afghanistan vor und hat Haftbefehle gegen die Taliban erlassen.
Protest gegen Village People

Queer-Verein fordert Konzertabsage

Ärger in Köln: Ein queerer Verein fordert die Konzertabsage der Village People bei einem Musikfestival, weil die Band für Donald Trump auftrat.
Auslaufmodell Ehe?

Sinkende Fallzahlen bei neuen Ehen

Auslaufmodell Ehe? Immer weniger Menschen sagen Ja zu einander, auch unter Homosexuellen und besonders wenige in der queer-affinen Gen-Z.
Panik auf den Philippinen

Hetze gegen Sexualkundeunterricht

Panikwelle auf den Philippinen: Die katholische Kirche verbreitet Fake News und Angst über den geplanten, wichtigen Sexualkundeunterricht an Schulen.
Ende des Pride-Monats

Harte Linie in den USA

Der Trump-Kurs geht weiter: Die neue Regierung hat jetzt alle besonderen Gedenkmonate verboten, darunter auch den Pride-Monat Juni.
Festnahme in den USA

Sexualstraftäter in der Community

Ein besonderer Fall sorgt derzeit in den USA für Schlagzeilen: Ein verurteilter Sexualstraftäter arbeitete jahrelang mit Decknamen für LGBTIQ+-Medien.
Queere Jugend auf dem Land

Projekt für bessere Vernetzung

Ein neues Pilotprojekt in München soll den ländlichen Raum für LGBTIQ+-Jugendliche in Bayern stärken und neue Treffpunkte schaffen.