Direkt zum Inhalt
Streit um eine Weihnachtsparade
Rubrik

Streit um eine Weihnachtsfeier Ist die Teilnahme einer LGBTI*-Gruppe an einer US-Weihnachts-Parade familienfeindlich?

ms - 11.12.2024 - 12:00 Uhr

Weihnachtsparaden in den USA sind zumeist eine wunderschöne, zutiefst kitschige, aber eben doch herrliche Angelegenheit – festlich geschmückte Wagen ziehen durch die Hauptstraße an den jubelnden Menschen vorbei, feiern das baldige Fest und den Weihnachtsmann. Ganz so fröhlich wurde es in diesem Jahr in Alabama allerdings nicht  – Stein des Anstoßes war dabei eine kleine LGBTI*-Gruppe. 

Eine LGBTI*-Gruppe an Weihnachten

Die Prattville Pride war die erste lokale Gruppe, die dieses Jahr eine Gebühr für die Teilnahme an der jährlichen Weihnachtsparade der Stadt Prattville entrichtet hat. Von der Stadt gab es kurz darauf auch die Zusage. Die queere Vereinigung bestätigte sogar schriftlich, sich an alle Regeln der Parade zu halten. 

Soweit so gut – bis die Anti-LGBTI*-Organisation Clean Up Alabama dazwischenfunkte. Sie verschickte unaufgefordert E-Mails und behauptete, die queere Lokalgruppe werde mit Drag-Queens aufwarten, „unzüchtige und anstößige“ Darstellungen zeigen und somit gegen die „familienfreundlichen“ Richtlinien der Parade verstoßen. Nichts davon plante Prattville Pride, doch der Schaden war angerichtet. 

Massive Sorge um die Sicherheit

Schnell radikalisierte sich die Debatte und die Drohungen gegen die Kleinstadt mit knapp 40.000 Einwohnern und gegen die Parade wurden immer gewalttätiger, bis Bürgermeister  Bill Gillespie die Prattville Pride von der Weihnachtsparade schlussendlich doch ausschloss. Der Grund waren massive Sicherheitsbedenken. 

„Die Stadt wird die Rechte der Parade-Teilnehmer nicht über die Sicherheit ihrer Bürger stellen. Diese Entscheidung wurde nach sorgfältiger Überlegung und Abwägung zwischen den Rechten der Teilnehmer der Parade und der allgemeinen Sicherheit aller Beteiligten getroffen. Die Stadt wird immer die Freiheiten und das Recht auf Meinungsäußerung respektieren. Allerdings muss sie, wie in diesem Fall, die allgemeine Sicherheit ihrer Bürger an erste Stelle setzen“, so die Stadtverwaltung. 

Klage vor dem Bundesgericht

Das wiederum wollte das Team von Prattville Pride nicht hinnehmen und hatte daraufhin beim Bundesgericht des US-Bundesstaates eine einstweilige Verfügung beantragt – und der Richter gab der queeren Gruppe recht, sodass sie schlussendlich doch noch teilnehmen durfte. 

US-Bezirksrichter R. Austin Huffaker erklärte in seiner Verfügung: „Die Stadt hat kein Argument vorgebracht oder Beweise dafür geliefert, dass Prattville Pride irgendeine Äußerung oder ein Verhalten an den Tag legen will, das auch nur im Entferntesten in eine Kategorie ungeschützter Äußerungen fallen würde. Es ist unbestritten, dass Prattville Pride sich an die städtischen Vorschriften gehalten hat. Die Stadt hat Prattville Pride von der Parade ausgeschlossen, weil sie der Meinung war, dass bestimmte Mitglieder der Öffentlichkeit, die Prattville Pride und das, wofür es steht, ablehnen, störend reagieren würden. Aber eine Diskriminierung aufgrund des Inhalts einer Botschaft kann nicht unter dem Ersten Verfassungszusatz toleriert werden.“

Die Freude beim Team von Prattville Pride war daraufhin groß: „Während wir diesen wichtigen Schritt nach vorn feiern, müssen wir auch die Herausforderungen und die hasserfüllte Rhetorik anerkennen, die während dieses Prozesses gegen unsere Organisation und die LGBTI*-Community gerichtet wurden. Eine solche Negativität kann eine tiefgreifende und schädliche Wirkung auf LGBTI*-Personen haben, insbesondere auf Jugendliche, die oft einem erhöhten Risiko von Isolation, psychischen Problemen und Ablehnung ausgesetzt sind.“ Die Parade fand somit wie anfangs geplant statt – zu gewalttätigen Ausschreitungen ist es nicht gekommen. Ob der Weihnachtsmann dieses Jahr allerdings auch bei den Mitgliedern von Clean Up Alabama vorbeischauen wird, bleibt offen. 

Auch Interessant

Queere Pilgerreise nach Rom?

Eine Farce ohne kirchlichen Segen

Die erste LGBTI*-Pilgerreise nach Rom findet 2025 statt. Ein Grund zum Jubeln? Der Vatikan selbst will davon allerdings gar nichts wissen.
Genitalherpes

WHO warnt vor Ausbreitung

Die WHO warnt jetzt vor der weiteren Ausbreitung von Genitalherpes. Stigmata und Scham befeuern Neu-Infektionen, gerade bei sexpositiven Menschen.
Schwule Suchanfragen

Wonach suchen wir online?

Wonach suchen wir online, wenn uns die Lust überkommt? Pornhub hat jetzt die Jahresstatistik für 2024 veröffentlicht.
Diskriminierung im Jobcenter?

Linke queer erhebt schwere Vorwürfe

Die Linke queer erhebt schwere Vorwürfe gegen die Jobcenter in Deutschland: Queere Menschen würden beim Bürgergeld stellenweise diskriminiert werden.
Bilanz zum queeren Aktionsplan

Lehmann und Paus betonen Erfolge

Der queere Aktionsplan sollte 2025 starten, dank der Neuwahlen wird daraus wohl eher nichts. Das Bundesfamilienministerium betont trotzdem Erfolge.
Ende der Menschenrechte

FIFA vergibt WM nach Saudi-Arabien

Ende der Menschenrechte: Die Fußballweltmeisterschaften 2030 und 2034 finden in Saudi-Arabien und Marokko statt - Homosexualität ist dort illegal.
Urteil in Mönchengladbach

Haftstrafen nach Dating-Masche

Urteil in NRW: Mehrjährige Haft- und Bewährungsstrafen für vier junge Täter, die Homosexuelle dateten und brutal ausraubten.
Aktivisten leben gefährlich

Jeder Zehnte erlebt Gewaltandrohungen

Jeder zehnte Aktivist erlebt Gewaltandrohungen, so eine neue Studie. Amnesty International fordert mehr Schutz von Seiten der Behörden.
Stärkung der Menschenrechte

Forderung nach mehr Solidarität

Stärkung der Menschenrechte! ILGA Europe und ILGA World betonen die LGBTI*-Bewegung zum Internationalen Tag der Menschenrechte.